Aalener Nachrichten

Reschke und die Pinocchio-Debatte

Kritik am VfB-Manager wird stärker – sogar Ex-Trainer Hannes Wolf äußert sich

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STUTTGART (dpa/zak) - Die Diskussion um den Stil der Entlassung von Trainer Tayfun Korkut und die Aussagen von Manager Michael Reschke beim VfB Stuttgart nimmt Fahrt auf. Trainer Ottmar Hitzfeld, Hannes Wolf und Berti Vogts haben kein Verständni­s für Reschkes Notlüge. Der hatte Tayfun Korkut am Sonntag als Cheftraine­r beurlaubt, obwohl er ihm nur Stunden zuvor in aller Deutlichke­it den Rücken gestärkt hatte.

„Es ist immer eine Frage der Formulieru­ng. Auch wenn man nicht weiß, ob der Trainer bleibt oder nicht, muss man das rhetorisch besser ausdrücken, so dass man sich eine Hintertür offen lassen kann“, sagte der 69jährige Hitzfeld. „So, wie das in Stuttgart passiert ist, ist das kein guter Stil. Ich finde das respektlos. Man sollte offen miteinande­r umgehen.“

Auch Korkuts Vorgänger Hannes Wolf fand die Art der Entlassung in Stuttgart suboptimal. „Das ist schon krass, dass sich das innerhalb von ein paar Stunden so dreht und dass klar ist, dass man es vorher schon wusste, zumindest, dass es passieren kann“, sagte Wolf und kritisiert­e Reschke: „Die beste Möglichkei­t wäre gewesen, gar kein Interview zu geben. Ich glaube nicht, dass man das muss. Da hätte man als Sportdirek­tor auch einfach darauf verzichten können.“

Generell könne er den erneuten Strategiew­echsel des VfB „zu einer sehr, sehr erfahrenen Mannschaft“nicht verstehen, „das finde ich in der Entwicklun­g des Vereins schon extrem“. „Da bin ich gespannt, auch mit welcher Spielphilo­sophie und mit welcher Art von Fußball sie da rauskommen. Weil das jetzt auch nicht klar ist, wofür sie jetzt stehen.“

Ex-Bundestrai­ner Berti Vogts fordert gar Reschkes Rücktritt: „Korkut traf aus meiner Sicht überhaupt keine Schuld am schwachen Start. Reschke hat die Spieler verpflicht­et, und genau dessen Verhalten empfand ich als stillos. Die Art der Entlassung hatte mit Sportlichk­eit nichts mehr zu tun. Es müsste genau andersrum sein. Der Sportdirek­tor müsste entlassen werden. Zumal die Trainer eine Ausbildung genossen haben, die Manager nicht. Ich denke, es ist an der Zeit, das noch mal zu thematisie­ren.“

Zuvor hatte der Bund Deutscher Fußball-Lehrer Reschke eines Stils bezichtigt, „der mit seriösem Fußball nichts zu tun hat“. Präsident Lutz Hangartner sagte: „Die Art und Weise, wie hier mit Trainern umgegangen wird, ist nicht akzeptabel.“

Auch im Internet diskutiere­n zahllose Fans über den Verlust von Werten wie Ehrlichkei­t, Loyalität und Vertrauen. Fakt ist aber: Die Bundesliga war schon jeher ein ziemlich verlogenes Geschäft. Und Reschke empfindet sein Verhalten als notwendig. „Es geht immer um das, was in der aktuellen Situation für den VfB Stuttgart und den jeweiligen Club das Beste ist. Wenn dann mal ein, zwei Fälle passiert sind, wo eine massive Wahrheitsb­eugung vielleicht vorgelegen hat, dann ist das einfach so“, sagte er. „Ich kann gut damit leben. Ich glaube, dass ich sehr glaubwürdi­g bin im Vorgehen und vielen Aussagen, die ich treffe.“

Notlügen sind Usus

Beispiele für Reschkes Vorgehen gibt es genug: Auch Uli Hoeneß dementiert­e 2008 energisch, hinter dem Rücken Hitzfelds mit anderen Trainern zu sprechen – acht Tage danach präsentier­te der FC Bayern Jürgen Klinsmann als Trainer für die kommende Saison. 1989 schwor Andy Möller den Fans von Borussia Dortmund über das Stadionmik­rofon die Treue und wechselte doch zurück zu Eintracht Frankfurt. Und erst im Februar antwortete Bernd Hoffmann vor der Wahl zum HSV-Präsidente­n auf die Bitte eines Mitglieds, sein Ehrenwort zu geben, nie den Vorstandsv­orsitz übernehmen zu wollen, dass er diesen Posten nicht anstrebe. Seit drei Wochen ist er Vorstandsc­hef der AG.

Reschke immerhin steht zu seinem Verhalten – und kündigte an, dass unter Umständen weitere Notlügen folgen. Eine Aussage von ihm aus dem Winter, ausgesproc­hen nach dem zuvor ausgeschlo­ssenen Wechsel von Stürmer Simon Terodde nach Köln, geht so: „Wenn es sein muss und im Sinne des VfB und von Spielern ist, dann werde ich von diesem Recht die Wahrheit zu beugen auch weiter Gebrauch machen. Auch wenn es für den einen oder anderen danach schwerer zu verarbeite­n ist.“

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FOTO: DPA

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