Wenn aus Bierideen Startups werden
Trio managt von Aalen aus Onlinehandel für Kennzeichen.
AALEN - Heute ist Putztag, deshalb sieht es noch ein bisschen chaotisch aus, sagt der 26-jährige Khoi Doan entschuldigend – lädt aber trotzdem fröhlich in sein Büro am Innovationszentrum (Inno-Z) der Hochschule Aalen ein. In dem etwa drei auf fünf Meter kleinem Raum steht ein Sofa, Socken liegen herum, in einer Ecke steht eine Gitarre. Und im kompletten Raum liegen verstreut Nummernschilder.
Das Büro ist die Leitzentrale der Projekte, die Doan mit Alexander Bender (28) und Florian Mößle (26) entwickelt. Ihr jüngstes Baby heißt Clipcase und ist im Grunde genommen eine Bewerberplattform. Das Besondere an der Sache: Statt Anschreiben sollen Bewerber Videos von sich hochladen. „Das Anschreiben auf einem Papierformat ist veraltet. Das ist oft einfach ,copy und paste’ aus dem Internet“, sagt Doan. Damit sei der Zweck sowohl für Bewerber und Unternehmen aber komplett verfehlt. Deshalb die Idee mit dem Motivationsvideo. Außerdem soll über das Portal der Stand der Bewerbung von A bis Z für den Bewerber sichtbar sein.
Keine Chancen gegen Riesen
Seit etwa einem Jahr tüfteln die jungen Männer an dem Projekt. Jetzt, einen Monat, bevor die Förderung ausläuft, haben sie festgestellt: Es funktioniert nicht - zumindest nicht als Jobplattform. „Wir haben gelernt, wie schwierig es ist, gegen Größen wie Stepstone oder Monster zu konkurrieren und bei Google hoch „gerankt“zu werden.“Ergo blieben sowohl die Bewerbungswilligen als auch die inserierenden Unternehmen aus. „Wir haben zu viel entwickelt und zu wenig Feedback von Nutzern eingeholt.“Auch wie sie damit Geld verdienen wollen, haben sie noch nicht gründlich durchdacht. „Mit dem Thema haben wir uns prozentual am wenigsten beschäftigt.“ Und jetzt? „Wir krempeln das um wir wollen jetzt nicht mehr als Plattform auftreten, sondern als Tool für Bewerber.“Die müssten ihre Daten dann nicht mehr mehrmals eintragen, sondern nur nur noch einmal.
Viel Geld machen sie damit noch nicht – das trifft das Trio aber nicht schlimm. Finanziell stehen sie längst auf den Beinen. Denn niemand anderes als die jungen Männer stehen hinter einem der deutschlandweit größten Onlinehandel von Kennzeichenschildern. Auf der Webseite Kennzeichenking.de können Interessenten ihr Wunschkennzeichen suchen, reservieren und die Schilder kaufen. Was dann noch fehlt, ist die Zulassung. „Man muss trotzdem noch zur Zulassungsstelle, aber man muss nicht so lange warten“, sagt Bender. Und das Schilderset kostet statt der üblichen 20 Euro 14,80 Euro inklusive Versand. Die Herstellung und den Versand haben die Männer ausgelagert. Und: an einer Seite, auf der die Schilder komplett zugelassen werden, arbeiten sie aktuell.
Auch wochenends wird gearbeitet
Für ihre Projekte leben die drei Männer, auch an den Wochenenden wird gearbeitet. Nach trockener Anstrengung hört sich ihre Arbeit aber nicht an. „Viele Ideen gibt es im Rahmen des Biertrinkens“, erklärt Doan grinsend. So auch die Idee mit den Nummernschildern. „Wir waren in Berlin und haben direkt die Zulassungsstelle besichtigt.“Und auch wenn sie in ihrem trauten Heim im Inno-Z sitzen, dessen ersten Mieter sie übrigens waren, scheinen sie Spaß zu haben. Alle drei tragen ein großes Kennzeichenking-Tatoo auf dem Unterarm , außer Florian. „Er hat es an einer Stelle, wo es nur die Freundin sieht“, drückt Khoi es diplomatisch aus.
Wer aufsteht, macht Sport
An der Wand hängen bunte Post-Its. „Leute nicht mehr als Dummköpfe bezeichnen“, steht da unter Khois Namen. „Ich will weniger Menschen beschimpfen“, erklärt er. Unter Alex Namen steht „Nicht nach 10 Uhr anfangen, wenn vor zwei aufgehört zu arbeiten“und Florian hat sich vorgenommen, einmal pro Woche die Kaffeemaschine zu putzen. „Es sind Commitments“, erklären sie. Wer sich nicht daran hält, muss 50 Euro in die Unternehmenskasse zahlen. „Ich habe schon ziemlich oft gezahlt“, sagt Khoi lachend. Als allgemeingültiges Commitment gilt: Wer über den Klebestreifen am Boden tritt, der den Schreibtisch von der Kaffeemaschine abgrenzt, muss zehn Liegestützen machen. Dazu gibt es zwei uinterschiedliche Sichtweisen: „Damit man fit bleibt“, sagt Alex, während Khoi erklärt: „Dann steht man nicht so oft vom Schreibtisch auf.“
Allerdings machen sie mehrmals am Tag eine längere Pause, gehen im nahegelegenen Wald spazieren und reden einfach nur. „Alex und Florian kennen sich seit der 8. Klasse, ich kam letztes Jahr dazu“, erzählt Doan. Er hatte die Idee mit dem Jobportal entwickelt und an der Hochschule nach den beiden besten Programmierern gefragt – da sei er an Alex und Florian verwiesen worden.
Neben den Produkten sind sie auch „Knowledgeträger,“sagt Doan. Auf der Homepage gibt es einen Blog rund ums Auto - um bei Google hoch gerankt zu werden. In den vergangenen sechs Monaten ist das Unternehmen um ein Hundertfaches gestiegen, pro Monat verschickt Kennzeichenking etwa 1600 Schildersets. „Aber ums Geld geht es uns nicht.“Und das glaubt man den dreien sogar.