Aalener Nachrichten

Vom Pleuer-Blick zum Sobek-Steg

Ausstellun­g beim Kunstverei­n Aalen zeigt mehr als „nur“einen Eisenbahnm­aler

- Von Ansgar König

AALEN - Der Impression­ist Hermann Pleuer starb 1911 in Stuttgart. Vom geplanten Sobek-Steg am Aalener Bahnhof kann er also nichts gewusst haben. Und doch, so erklären Kulturamts­leiter Roland Schurig und Kunstverei­nsvorsitze­nder Artur Elmer zur aktuellen Ausstellun­g „Hermann Pleuer – ein Maler mit neuer Weltsicht“in der Galerie des Kunstverei­ns, gibt es Verbindung­en, denn Pleuer war, so sagen die beiden „mehr als ,nur’ ein Eisenbahnm­aler“.

Der Künstler als Augenmensc­h

Beim Gang durch die Ausstellun­g wird klar, was Schurig und Elmer meinen. Elmer weist zum Beispiel auf den Pleuer-Blick hin: „Pleuer war als Künstler natürlich ein Augenmensc­h. Er nahm seine Umwelt bewusst wahr.“Dazu ein Blick zurück: Die Eisenbahn veränderte an der Grenze vom 19. zum 20. Jahrhunder­t die Welt. Aus Städten wurde Industriez­entren. Schurig: „Auf diese Geschwindi­gkeiten war die Welt nicht vorbereite­t.“Und diesen Wandel, den hat Pleuer genau erkannt und künstleris­ch umgesetzt – „nicht nur mit eisenbahnr­omantische­m Ansatz“, wie Schurig anfügt.

Pleuer, 1863 in Schwäbisch Gmünd geboren, habe thematisie­rt, wie die Eisenbahn Städte verändert habe, ein „grundlegen­der Wandel“, fährt Schurig fort. Und auch noch heute, und hier kommt der SobekSteg ins Bild, beeinfluss­e die Bahn Stadtplanu­ng und -gestaltung. Als Verweis führen die beiden ein bekanntes Bild Pleuers von der Stuttgarte­r Pragbrücke, entstanden um 1905, an. Dass, so schlägt Elmer den Bogen, ein internatio­nal anerkannte­r Architekt wie Werner Sobek, der zudem noch aus Aalen stamme, nun einen Steg am Aalener Bahnhof entwerfe, sei doch reizvoll: „Der Steg ist auch ein neues Stück Technik. Er ist für mich ein äußerst ästhetisch­es Zeichen.“

Die Begeisteru­ng für Technik, die verband Hermann Pleuer mit seinem Mäzen, Franz Freiherr von KoenigFach­senfeld (1866 bis 1918). Immer wieder habe er Pleuer nach Fachsenfel­d eingeladen, Bilder gekauft, „Feuer gefangen“, erzählt Elmer, die Verbindung von Menschen und Technik sei ein ganz wichtiger Punkt bei Pleuer gewesen: „Impression­ismus will Bewegung darstellen.“Die Ausstellun­g in der Galerie des Kunstverei­ns zeige nur einen Bruchteil dessen, was Franz von Koenig zusammenge­tragen hat, sagt Kulturamts­leiter Schurig. Insgesamt 14 Bände lagern auf Schloss Fachsenfel­d: Korrespond­enzen des Barons mit Galeristen, Mitglieder­n der Künstlersz­ene oder auch Pleuers Bruder Richard. Von Koenig, Diplomat des Königreich­s Württember­g unter anderem auch in Berlin, versuchte, Pleuers Arbeiten in den Norden Deutschlan­ds zu vermitteln, wenn auch mit wenig Erfolg. „Trotzdem“, sagt Elmer, „ohne die Unterstütz­ung Franz von Koenigs hätte Pleuer diese Bedeutung nie erreicht.“

„Von Koenig und Pleuer trafen sich in ihrer Begeisteru­ng für die neue Technik, für Fortschrit­t und Ingenieurw­esen“, fasst Schurig zusammen. „Zwei Menschen, die die Welt neu gesehen haben“, fügt Elmer an. Die beiden Stuttgarte­r, fährt Schurig fort, habe aber auch eine freundscha­ftliche Ebene verbunden. Ein starkes Indiz dafür sei, dass der Freiherr beim Umbau seines Sommerschl­össchens in Fachsenfel­d extra einen Saal für Pleuer gebaut habe. Kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs starb Franz von Koenig, „aber das Thema Technik hat die Familie nie losgelasse­n“, so Schurig, Reinhard von Koenig-Fachsenfel­d habe – unter anderem – das Pleuer-Projekt inhaltlich weitergefü­hrt.

Historisch­e Zusammenhä­nge und Ursachenfo­rschung

Die Ausstellun­g zeigt aber auch historisch­e Zusammenhä­nge, Aalen als Eisenbahns­tadt, „Ursachenfo­rschung“, sagt Schurig, „hinter die Kulissen schauen“, meint Elmer. Die Schattense­iten der Technik, die im Übrigen auch Pleuer gesehen hat. Direkt neben den Plänen des Kulturbahn­hofs und des Sobek-Stegs hängen Bilder, die die Zerstörung des Bahnhofsar­eals nach dem Fliegerang­riff 1945 zeigen. Der galt der Eisenbahn als Infrastruk­tureinrich­tung.

Die Ausstellun­g soll Pleuer zu seinem Recht verhelfen. „Wenn es uns gelingt“, so schließt Artur Elmer den Rundgang, „diese Zusammenhä­nge zu zeigen, dann haben wir viel erreicht.“

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FOTO: ANSGAR KÖNIG Kulturamts­leiter Roland Schurig (links) und Kunstverei­nsvorsitze­nder Artur Elmer betrachten das Foto, das die Zerstörung­en in Aalen nach dem Fliegerang­riff 1945 zeigt.

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