Verändert statt verändert werden
Warum Aalen ein integriertes Stadtentwicklungskonzept braucht.
AALEN - „Attraktives Aalen 2030“– so ist das „integrierte Stadtentwicklungskonzept“überschrieben, das an diesem Donnerstag im Ausschuss für Umwelt und Stadtentwicklung vorberaten und vom Gemeinderat am 22. November beschlossen werden soll. Es soll die Basis und der Leitfaden dafür sein, wie sich die Stadt Aalen im nächsten Jahrzehnt und darüber hinaus weiterentwickeln soll. Wobei es um weitaus mehr geht als nur die Zahl der Baukräne, die das Stadtbild beherrschen.
Stadtentwicklung hat es schon immer gegeben. „Stellen Sie sich vor, die Aalener Kernstadt wäre auf dem Stand der 50er-Jahre stehengeblieben“– so hatte es OB Thilo Rentschler beim letzten Stadtrundgang im Quartier Aalen Süd den interessierten Bürgern, die daran teilnahmen, anschaulich zu machen versucht. Auch in den vergangenen zehn, 15 Jahren hat sich Aalen weiterentwickelt. Erinnert sei in der Kernstadt nur an den Bereich auf den alten Rieger- und Simon-Arealen, zwischen Weidenfelder Straße, AOK und Nördlichem Stadtgraben, wo das Thema Wohnen in der Stadt erstmals in größerem Stil neu aufgelegt worden ist.
Vier Themenfelder definiert
Künftig soll es darum gehen, alle Aspekte von Stadtentwicklung noch stärker in ihrer Gesamtheit und in ihren Zusammenhängen statt nur einzeln zu betrachten. Vier Themenfelder definiert das integrierte Stadtentwicklungskonzept „Attraktives Aalen 2030“hierzu: Wohnen und Versorgung, Landschaft und Freiraum, Bildung, Wissenschaft und Innovation sowie Kultur, Tourismus und Image. „Die Anforderungen an die Stadt ändern sich immer schneller, vielfältige Rahmenbedingungen müssen beachtet werden“, heißt es dazu in der Vorlage für den Gemeinderat. Und weiter: „Das integrierte Stadtentwicklungskonzept ist ein Instrument, mit dem Zusammenhänge besser abgebildet werden können. Die Hauptaufgabe der integrierten Stadtentwicklung ist es, die Ziele der räumlichen Entwicklung zu definieren. Um die Stadt Aalen auch in Zukunft mit einer hohen Attraktivität und Lebensqualität auszustatten, ist ein weitsichtiges Vorausdenken entscheidend.“
„Aalen als ,Schwarmstadt’ wird sich verändern“, sagt ihr Bau- und Erster Bürgermeister Wolfgang Steidle auf Nachfrage der „Aalener Nachrichten“. Er verweist darauf, dass Aalen zu den Städten jener Größenordnung gehöre, die derzeit als Wohn- und Arbeitsort begehrt und umschwärmt sind. Unter anderem, weil die großen Ballungszentren inzwischen voll und überteuert sind. „Entweder wir gestalten und verändern selbst oder wir werden verändert und hecheln den Entwicklungen hinterher, und das nicht unbedingt zum Wohl der Einwohner“, erklärt Steidle die Notwendigkeit, bei der Stadtentwicklung vorausschauend das Heft selbst in die Hand zu nehmen. Dabei sei alles mit allem vernetzt, was im Fluss ist oder in Fluss kommt, gelte es ganzheitlich zu betrachten. „Nur abzuwarten, was kommt, heißt nicht, dass wir dann das bekommen, was wir haben wollen“, sagt der studierte Architekt und Städteplaner Steidle.
Voraussetzung für Zuschüsse
Zugleich betrachtet künftig auch das Land die Existenz eines Stadtentwicklungskonzepts als Voraussetzung dafür, dass eine Stadt von ihm gezielt Fördermittel etwa für städtebauliche Sanierungsmaßnahmen erhält. Geld nur noch dafür auszugeben, wo es den größten Nutzen bringe, das sei inzwischen sowohl beim Land als auch beim Bund die Maxime bei der Bewilligung von Zuschüssen und Fördermitteln, so Steidle. Dies gelte bis hin zum Fernstraßenbau.
Dass Stadtentwicklung eigentlich ein uraltes Thema sei, macht Steidle mit einem Rückgriff weit in die Antike hinein deutlich. Schon Aristoteles, so meint er, habe formuliert, dass sich Städte so entwickeln sollten, dass die Menschen darin glücklich seien und in ihnen glücklich leben könnten. Übertragen in die Aalener Gegenwart erklärt er: Aalen müsse beispielsweise zwar Wohnraum schaffen, „aber wir können nicht bis hinauf an den Albtrauf bauen, sonst sind die Menschen nicht mehr glücklich“. Es gelte bei der Stadtentwicklung also, Ökologie, Ökonomie und soziale Belange und Themen im Einklang zu betrachten – für Steidle das magische Dreieck der Stadtentwicklung mit vielen Unterthemen.
Und der Bürgermeister nennt ein weiteres Beispiel dafür, weshalb die Stadt auf bestimmte Entwicklungen einfach mit eigener Planung und eigenen Vorstellungen reagieren müsse. Wenn die Stadt angesichts des momentanen Siedlungsdrucks in den Aalener Raum hinein – des Wunsches vieler Menschen also, hier leben und arbeiten zu wollen – nicht selbst den erforderlichen Wohnraum schaffe, „tun es die Gemeinde im Speckgürtel um Aalen herum“. Der Stadt selbst bliebe am Ende nur noch, die täglichen Pendlerströme in sie hinein zu bewältigen. Was absolut kein erstrebenswertes Ziel sein könne.
„Entweder wir gestalten selbst oder wir hecheln den Entwicklungen hinterher“, sagt Aalens Baubürgermeister Wolfgang Steidle zur Notwendigkeit einer vorausschauenden Stadtentwicklung.