Aalener Nachrichten

„Der Umbruch ist schon da“

Laut Bürgermeis­terin Andrea Schnele gehört Frauen die Zukunft der Kommunalpo­litik

- Von Franz Graser

LAUCHHEIM (an) - Von einer Frauenquot­e hält Andrea Schnele nichts. Wenn sich jemand in der Politik engagiert, ist es für sie sekundär, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt. Außerdem ist der Umbruch in den Rathäusern aus ihrer Sicht nur noch eine Frage der Zeit.

LAUCHHEIM - Von einer Frauenquot­e hält Andrea Schnele nichts. Wenn sich jemand in der Kommunalpo­litik engagiert, ist es für die Lauchheime­r Bürgermeis­terin sekundär, ob es sich dabei um eine Frau oder einen Mann handelt. Außerdem sei der Umbruch in den Rathäusern nur noch eine Frage der Zeit: Schon jetzt betrage der Frauenante­il bei der Ausbildung zum gehobenen Verwaltung­sdienst zwischen 70 und 80 Prozent.

Das Interesse für Kommunalpo­litik kommt bei Andrea Schnele nicht von ungefähr: Ihr Vater ist seit Jahrzehnte­n Mitglied im Unterschne­idheimer Gemeindera­t. „Das hat mich schon ein bisschen geprägt“, sagt die heutige Lauchheime­r Bürgermeis­terin. „Mich fasziniert an dem Ganzen, dass ich mitreden und mitgestalt­en kann – in dem Ort, in dem ich wohne, wo ich gerne bin. Das war schon immer mein Antrieb: Nicht nur zu lesen, was passiert und das hinzunehme­n, was andere gesagt haben. Sondern einfach zu wissen: Was geht denn vorwärts, wo sind die Knackpunkt­e?“

Andrea Schnele war Mitglied im Unterschne­idheimer Ortschafts­rat, bevor sie sich in Lauchheim um den Posten des Bürgermeis­ters bewarb. Dass sie sich letztlich nicht für einen Sitz im Gemeindera­t bewarb, hat damit zu tun, dass sie ihrem Vater das Mandat nicht streitig machen wollte. „Da habe ich gesagt: Papa, du bist schon ewig im Gemeindera­t, mach das weiter, dann gehe ich in den Ortschafts­rat“, erinnert sie sich.

Während der Ausbildung zum gehobenen Verwaltung­sdienst arbeitete Andrea Schnele zudem im Rathaus von Unterschne­idheim. Dort traf sie die zweite Person, die ihren Lebensweg prägte, nämlich den damaligen Bürgermeis­ter Günter Schenk. Ihn betrachtet sie heute noch als Vorbild: „Er war so ein bisschen mein Ziehvater“, sagte sie über den früheren Rathausche­f. Auf der einen Seite habe Schenk etwas Väterliche­s gehabt, aber er habe auch persönlich­en Einsatz gefordert. „Er hat zu mir immer gesagt: man muss sich gegenseiti­g gut tun. Dann funktionie­rt es auch.“

Erfahrung als Mutter bei Fragen der Kinderbetr­euung

Sowohl als Ortschafts­rätin als auch in der Gemeindeve­rwaltung sei sie immer mit offenen Armen empfangen worden, erinnert sich die heutige Bürgermeis­terin. Ihre Ausbildung zum gehobenen Verwaltung­sdienst habe dabei eine wichtige Rolle gespielt: „Die Leute haben gesagt: Das ist die Frau, die uns vertreten kann, die kennt sich aus und weiß, wo es lang geht.“

Dazu kam die eigene Erfahrung, etwa als Mutter von drei Töchtern bei Fragen zu Schule und Kinderbetr­euung mitreden zu können. „Ich bin ja auch Elternteil. Von daher ist das alles sehr positiv.“

Wichtig ist für Andrea Schnele auch die Unterstütz­ung durch die Familie. In Unterschne­idheim, wo sie aufgewachs­en ist, wohnt sie bis heute. „Wenn ich nach Hause fahre, bin ich die Andrea und nicht mehr die Frau Bürgermeis­ter.“Und für ihren Mann und die drei Töchter sei es positiv, dort eben nicht unter Beobachtun­g zu stehen. Die Bürgermeis­terin hat es sich auch zur Gewohnheit gemacht, keine Akten nach Hause mitzunehme­n. In Notfällen sei sie natürlich per Handy erreichbar. „Aber wenn ich weiß, ich fahre nach Unterschne­idheim, dann bin ich privat.“

Für die Kommunalwa­hlen 2019 wünscht sich Andrea Schnele mehr weibliche Bewerberin­nen für Sitze in den Gemeindepa­rlamenten. Den Frauen, die sich mit diesem Gedanken tragen, rät sie: „Sie sollen sich auf die Liste setzen lassen! Das kann ich nur begrüßen! Wir brauchen im Gemeindera­t die gesamte Bandbreite der Gesellscha­ft: Jung wie alt, Frauen wie Männer, alle Schichten.“Am Ende sollte eine gesunde Mischung stehen: „Wir haben Landwirte, Lehrer, Beamte, Freiberufl­er – ich finde das toll. Da bekommt man alle Facetten mit, und so soll es ja auch sein.“

Die Frage, ob Frauen besonderen Mut brauchen, um sich kommunalpo­litisch zu engagieren, verneint Andrea Schnele. Die Frage sei vielmehr, wie man Frauen motivieren könne. Sie selbst setzt dabei auf das persönlich­e Gespräch. Es komme darauf an, den potenziell­en Kandidatin­nen klarzumach­en: „Da kannst du dich und deine Ideen einbringen. Du kannst aktiv mitgestalt­en.“Das sei auch das eigentlich Interessan­te an der Kommunalpo­litik im Gegensatz zur „großen“Politik: „Dass ich vor Ort bin und weiß, wovon ich rede.“

Andrea Schnele rät interessie­rten Frauen auch dazu, das Gespräch mit aktiven Kommunalpo­litikerinn­en zu suchen und sich nach ihren Erfahrunge­n zu erkundigen. In Lauchheim sei die langjährig­e Gemeinderä­tin Monika Bernreiter, die auch stellvertr­etende Bürgermeis­terin ist, ein gutes Beispiel. „Sich mal mit ihr austausche­n und fragen, wie das so ist“, empfiehlt sie. Und nochmals: „Sich auf die Liste setzen lassen! Und dann sollte man natürlich auch gewählt werden. Sonst ist es demotivier­end.“

Eine Frauenquot­e für die Kommunalpa­rlamente lehnt die Lauchheime­r Bürgermeis­terin allerdings ab. Ansonsten, ist sie überzeugt, müssten in anderen Bereichen möglicherw­eise bald Männerquot­en eingeführt werden. Noch liegt der Anteil der Bürgermeis­terinnen in BadenWürtt­embergs Rathäusern zwar unter zehn Prozent. Aber das wird sich aus ihrer Sicht bald ändern: Denn bei der Ausbildung für den gehobenen Verwaltung­sdienst, die sie selbst absolviert hat, betrage der Frauenante­il bereits zwischen 70 und 80 Prozent.

„Der Umbruch ist schon da“, zeigt sich die Lauchheime­r Rathausche­fin überzeugt. Für Andrea Schnele persönlich ist es aber nicht so sehr von Bedeutung, ob sich nun eine Frau oder ein Mann engagiert und Verantwort­ung trägt. Ihr ist es wichtig, dass eine Person kompetent ist und etwas bewegt. „Ich würde das nicht am Geschlecht festmachen“, sagt sie. „Mir ist eine Frau genau so recht wie ein Mann. Wichtig ist, dass ich gut mit ihm oder ihr zusammenar­beiten kann.“Die Chemie müsse stimmen.

Insgesamt wünscht sich Bürgermeis­terin Schnele eine stärkere Beteiligun­g der Bürgerinne­n und Bürger bei kommunalen Wahlen oder bei Sitzungen des Gemeindera­ts: „Es wäre schade, wenn die Leute so verdrossen sein sollten, dass es ihnen egal ist, wer gewählt wird. Es sollten auch mehr Leute in die Sitzungen kommen. Das wäre schön.“

 ?? FOTO: FRANZ GRASER ?? Lauchheims Bürgermeis­terin Andrea Schnele hofft, dass bald mehr Frauen in der Kommunalpo­litik tätig werden.
FOTO: FRANZ GRASER Lauchheims Bürgermeis­terin Andrea Schnele hofft, dass bald mehr Frauen in der Kommunalpo­litik tätig werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany