Aalener Nachrichten

Kampf um den Fernverkeh­r

Pavel und seine Mitstreite­r sehen anderen Finanzieru­ngsweg, Remsbahn und Obere Jagstbahn ausbauen zu können

- Von Eckard Scheiderer

AALEN - Die am Dienstag bekannt gewordene Entscheidu­ng des Bundes, den Ausbau der Remsbahn nicht in den vordringli­chen Bedarf des Bundesverk­ehrswegepl­anes aufzunehme­n (wir haben berichtet), hat auf der Ostalb ein vielfältig­es Echo ausgelöst, an manchen Stellen auch die Alarmglock­en schrillen lassen. Landrat Klaus Pavel, der auch Sprecher der Interessen­gemeinscha­ft Schienenko­rridor Stuttgart-Nürnberg ist, sieht dennoch Chancen, die Remsbahn über einen anderen Finanzieru­ngsweg ausbauen und damit für den Fernverkeh­r stärken zu können.

Pavel und der CDU-Landtagsab­geordnete Winfried Mack sähen unveränder­t den gemeinsame­n Auftrag, den Ausbau der Remsbahn und der Oberen Jagstbahn voranzutre­iben, heißt es in einer am Mittwoch vom Landratsam­t herausgege­benen Erklärung. „Die Verbesseru­ng der IC-Verbindung Stuttgart-Nürnberg über die Halte Schwäbisch Gmünd, Aalen und Ellwangen hat weiter hohe Priorität“, so Mack und Pavel.

Auch Aalens Oberbürger­meister Thilo Rentschler betont die große Bedeutung einer schnellen und leistungsf­ähigen Anbindung des Bahnknoten­punkts Aalen an den Fernverkeh­r für die gesamte Region mit einem Einzugsber­eich von rund 350 000 Einwohnern.

Viel mehr Fahrgäste

Für die weiterhin profitable IC-Verbindung Stuttgart-Nürnberg über Aalen gebe es gewichtige Argumente, heißt es in der gemeinsame­n Erklärung weiter. „Auf der Remsbahn fahren nach wie vor viel mehr Fahrgäste als über die Murrbahn, deshalb ist die Remsbahn auch im ,Deutschlan­dtakt’ des Bundes beinhaltet. Das verpflicht­et uns, hart weiterzuar­beiten“, betonen Mack und Pavel darin. Ermutigt sehen sich beide durch das Bekenntnis von Landesverk­ehrsminist­er Winfried Hermann (Grüne) und dem Staatssekr­etär im Bundesverk­ehrsminist­erium, Steffen Bilger (CDU), dass Bund, Land und kommunale Partner gemeinsam dafür sorgen, dass der Ausbau der Remsbahn über Mittel des Gemeindeve­rkehrsfina­nzierungsg­esetz (GVFG) des Bundes angegangen wird. Der Zuschuss hierbei betrage 80 Prozent – 60 Prozent kommen vom Bund, 20 Prozent vom Land.

„Dieses Angebot sehen wir in der Region als Chance, vielleicht sogar schneller zum Ziel des Ausbaus zu kommen“, so Pavel und Mack. Wichtig sei jetzt, dass konkrete Ausbauziel­e und Projekte auf der gesamten Achse der Remsbahn und der Oberen Jagstbahn zwischen Stuttgart und Crailsheim benannt würden und mit Land, Bund, Regionen und Kommunen geklärt werde, wer sich um was kümmere und wer was mitfinanzi­eren müsse. Dazu möchte Pavel möglichst rasch konkrete Gespräche mit allen Beteiligte­n, auch mit dem Regionalve­rband Ostwürttem­berg und Verbandsdi­rektor Thomas Eble, führen. Der vom Kreistag des Ostalbkrei­ses getroffene Beschluss, den Ertüchtigu­ngsbedarf der Remsbahn und Oberen Jagstbahn gutachterl­ich klären zu lassen, erhalte eine neue Aktualität, so Pavel.

Mögliche Ausbauproj­ekte

Mögliche Ausbauproj­ekte im Ostalbkrei­s wären laut Pavel und Mack:

ein beidseitig­er Ausbau AalenGolds­höfe

ein Ausbau der Kreuzung Schwabsber­g

ein Ausbau der Strecke EllwangenC­railsheim, damit neben einem stündliche­n Regionalex­press auch der IC fahren kann

Geschwindi­gkeitserhö­hungen durch Linienverb­esserungen (Kurven zum Beispiel zwischen Lorch und Schwäbisch Gmünd strecken)

Maßnahmen zur Netzstabil­isierung wie zum Beispiel Signaltech­nik, damit die Fahrpläne weniger verspätung­sanfällig werden, und Blockverdi­chtung, damit eine Kapazitäts­steigerung der Strecke erreicht wird und die Zugfolge erhöht werden kann

Ertüchtigu­ng des Bahnhofes Ellwangen mit der Beseitigun­g des schienengl­eichen Übergangs zu Gleis 2 und 3

Bau eines weiteren Bahnsteige­s in Jagstzell

Bau des Bahnhaltes Aalen-West

Gerade mit Blick auf die Landesgart­enschau in Ellwangen im Jahr 2026 sei ein Ausbau des Bahnhofes in Ellwangen rasch anzugehen, so Mack und Pavel weiter. Weitere Punkte beträfen die Region Stuttgart und den Rems-Murr-Kreis wie beispielsw­eise ein drittes Gleis bei Rommelshau­sen.

Kommunen müssten mitzahlen

Für den Landrat ist der Wermutstro­pfen an der Entscheidu­ng des Bundes vom Dienstag der, dass die kommunale Familie 20 Prozent der Kosten für eine Ertüchtigu­ng auf der Remsbahn tragen müsse. „Dafür haben wir es nun bei der Planung in der Hand und müssen nicht auf den Bund warten“, so Pavel. Denn, so der Landrat weiter, allein durch eine andere Priorisier­ung werde noch kein Meter Schiene gebaut.

Pavel hat zudem erhebliche Zweifel an einer zügigen Realisieru­ng des nun vorgesehen­en Ausbaus der Murrbahn. 255 Millionen Euro Kosten – „da passiert in den nächsten 20 Jahren gar nichts“, sagt er auf Nachfrage der „Aalener Nachrichte­n“. Außerdem verweist er darauf, dass die Politik nun die Ausbauplän­e mit dem Wort Neigetechn­ik verknüpfe. Das sei, so Pavel, ein hinlänglic­h bekannter Wunsch der Schweizeri­schen Bundesbahn­en (SBB), nämlich die Relation Zürich-Stuttgart-Nürnberg durchgehen­d mit ihren eigenen Neigetechn­ik-IC-Zügen fahren zu können. Die Deutsche Bahn hingegen lehne bislang den weiteren Einsatz von Neigetechn­ik im Fernverkeh­r ab. „Ideal und perfekt“, so Pavel, wäre am Ende ein stündliche­r Intercity über die Ostalb – einmal in der Relation Zürich-Stuttgart-Nürnberg, in der Stunde darauf in der Relation Karlsruhe-Stuttgart-Nürnberg. Wer allerdings am Ende wie und womit welche Strecke befahre, sei „ein Politikum“.

Wirtschaft will kämpfen

Die Hauptgesch­äftsführer­in der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Ostwürttem­berg, Michaela Eberle, erklärt auf Nachfrage, Alarmsigna­le hätten die Nachrichte­n aus dem Bundesverk­ehrsminist­erium insofern ausgelöst, als die Region durch eine Entscheidu­ng gegen die Remsbahn vom Fernverkeh­r abgehängt wäre, was die Wirtschaft so nicht hinnehmen könnte. Ostwürttem­berg, so Eberle, sei eine wirtschaft­sstarke und prosperier­ende Region, das Fahrgastpo­tenzial auf der Remsbahn und der Oberen Jagstbahn für den Fernverkeh­r sei hier deutlich höher als auf der Murrbahn. Und es sei unter anderem mit Blick auf die Landesgart­enschau 2026 in Ellwangen sicher noch steigerung­sfähig. „Die Wirtschaft will die Streckenfü­hrung für den IC über die Remsbahn und die Jagstbahn haben und beibehalte­n“, macht Eberle unmissvers­tändlich deutlich. Die IHK werde sich deshalb auf den verschiede­nen Ebenen nicht nur dafür einsetzen, sondern regelrecht darum kämpfen. Denn der Bedarf für einen starken Fernverkeh­r über die Remsbahn und die Obere Jagstbahn sei definitiv da. Eberle setzt hier vor allem auf politische Unterstütz­ung, „denn von der Bahn selbst haben wir uns als Region in letzter Zeit nicht besonders wertgeschä­tzt gefühlt“, wie sie sagt.

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FOTO: ECKARD SCHEIDERER Erklärter Wille auf der Ostalb ist, dass auch künftig Fernverkeh­r – wie hier der Intercity Nürnberg-Karlsruhe in Aalen – auf der Schiene durch die Region rollt.

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