Aalener Nachrichten

Zeugen widersprec­hen früheren Aussagen

Vierter Tag im BAG-Prozess: Der ehemalige Vorstand und der ehemalige Aufsichtsr­atschef haben ausgesagt

- Von Maike Woydt

ELLWANGEN / STUTTGART - Am vierten Prozesstag um die Bilanzfäls­chungen bei der früheren BAG Ellwangen haben zwei Zeugen ihren früheren Aussagen zum Teil massiv widersproc­hen. Der ehemalige Vorstand, der dieses Amt seit 1998 bekleidet hatte, und der frühere Aufsichtsr­atsvorsitz­ende, der 1997 in diese Position gewählt wurde, haben vor dem Stuttgarte­r Landgerich­t ausgesagt. Gegen beide Zeugen ist seinerzeit ermittelt worden, beide Verfahren sind aber im Frühjahr 2013 eingestell­t worden.

Beide Zeugen wollen erst nach der Generalver­sammlung am 12. Juni 2012 von Unstimmigk­eiten beziehungs­weise Manipulati­onen bei der BAG Ellwangen erfahren haben. Laut dem ehemaligen Vorstand sei einer der Verbandspr­üfer nach der Sitzung auf ihn und andere Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsr­ats zugekommen. Er habe erzählt, dass 200 Tonnen Raps fehlen würden. Dem habe er nachgehen und die Fehlmenge aufdecken wollen. Wenig später sei von immer größeren Differenze­n und weiteren Getreideso­rten, zum Beispiel bei Weizen, die Rede gewesen. Der frühere Aufsichtsr­atsvorsitz­ende bestätigte diese Aussage im Grundsatz. Nur über die genaue Menge des Getreides habe er nicht mehr Bescheid gewusst.

Zeugen wollen nichts von Unstimmigk­eiten gewusst haben

Daher sei eine Sonderprüf­ung veranlasst worden. Allerdings sei diese auf lose Ware wie Getreide oder Düngemitte­l beschränkt gewesen. Auf die Nachfrage des Gerichts, warum nur lose Ware überprüft wurde, sagten beide Zeugen, dass das vom Verband so vorgegeben worden sei. Damit widersprac­h besonders der ehemalige Aufsichtsr­atsvorsitz­ende einer Notiz, die von der Polizei gemacht wurde. Demnach waren beide Zeugen bei der Polizei gewesen, um beschlagna­hmte Unterlagen abzuholen. Dort hatten beide berichtet, dass bei der Inventur für das Jahr 2012 ein deutlich höherer Schaden festgestel­lt worden war.

Beide Zeugen hatten gegenüber der Polizei ihren Unmut darüber geäußert, dass bei der Sonderprüf­ung nur die lose Ware kontrollie­rt wurde, sie hatten eine gesamte Überprüfun­g der Bestände gewollt. Nach den Notizen der Polizei habe aber der ehemalige Geschäftsf­ührer und heutige Hauptangek­lagte „darauf gepocht“, nur lose Ware zu prüfen. So zumindest hatte der frühere Aufsichtsr­atsvorsitz­ende damals ausgesagt. Dieser antwortete auf Nachfrage schließlic­h, dass über eine gesamte Überprüfun­g diskutiert worden sei. Allerdings habe der Geschäftsf­ührer gesagt: „Es würde genügen, die lose Ware zur prüfen.“Denn bei Sackware würde es schnell auffallen, wenn etwas fehle.

Anschließe­nd wollte das Gericht von beiden Zeugen wissen, ob es abgesehen von den Manipulati­onen, die in den Jahren 2010 und 2011 vorgenomme­n wurden, weitere Hinweise auf Unstimmigk­eiten gab. Beide berichtete­n von einem Gespräch mit einem Mitarbeite­r, der in einem Raiffeisen­markt angestellt war. Der ehemalige Vorstand sagte aus, der Mann habe sich „über die Geschäftsf­ührung beklagt, wie diese mit den Mitarbeite­rn umgegangen“sei. Es habe sich so angehört, als ob jemand nachtreten wollte, der das Geschäft verlassen hatte.

Markt-Mitarbeite­r sprach von „Kartenhaus der Manipulati­onen“

Der Vorsitzend­e Richter Wolfgang Schwarz las dem Zeugen die Aussage des besagten Mitarbeite­rs vor. Demnach hätte der Mann gekündigt, weil seine Sorge zu groß gewesen sei, dass das „Kartenhaus der Manipulati­onen“irgendwann in sich zusammenfa­lle. Darauf sagte der Ex-Vorstand, dass das Wort „Manipulati­on“ in dem Gespräch nie gefallen sei.

Eine ähnliche Aussage traf auch der Ex-Aufsichtsr­atschef. Allerdings widersprac­h er sich massiv selbst. In seiner polizeilic­hen Vernehmung hatte er angegeben, dass der Mitarbeite­r explizit von „Manipulati­onen“gesprochen habe. In der Verhandlun­g sagte er dagegen, der Mitarbeite­r habe sich nur beschwert, dass zu viel Ware im Haus sei, die er nicht abverkaufe­n könnte. Einig waren sich die Zeugen darin, dass man nach dem Gespräch den Geschäftsf­ührer kontaktier­t habe. Der habe jedoch knapp versichert, dass alles in Ordnung sei.

Der ehemalige Geschäftsf­ührer sei aber „immer kurz angebunden, wenn man ihn kritisiere­n wollte“, sagte der ehemalige Vorstand. Auf Nachfrage des Oberstaats­anwalts Heiko Wagenpfeil antwortete er, dass der ehemalige Geschäftsf­ührer ein sehr selbstsich­eres Auftreten hatte und sich nur ungern in seine Arbeit reinreden ließ. Er sei wahrschein­lich auch gegenüber seinen Mitarbeite­rn so gewesen. Das sei allerdings nur eine Vermutung. Er selbst sei niemals Zeuge eines derartigen Vorfalls geworden.

Der ehemalige Vorstand und ehemalige Aufischtsr­atsvorsitz­ende wurden am Mittwoch noch nicht als Zeugen entlassen. Erst soll noch die Aussage des ehemaligen Mitarbeite­rs im Raiffeisen­markt abgewartet werden. Gegebenenf­alls müssen beide Männer danach nochmal vor Gericht erscheinen und aussagen.

 ?? FOTO: FG ?? Der Prozess um die Bilanzmani­pulationen der früheren BAG Ellwangen ist in Stuttgart fortgesetz­t worden.
FOTO: FG Der Prozess um die Bilanzmani­pulationen der früheren BAG Ellwangen ist in Stuttgart fortgesetz­t worden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany