Aalener Nachrichten

„Frauen müssen Lust auf Macht haben“

Spannende Diskussion­sveranstal­tung zu 100 Jahren Frauenwahl­recht im Aalener Landratsam­t

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AALEN - 100 Jahre Frauenwahl­recht in Deutschlan­d – ein Grund zum Feiern, aber auch Anlass, um mit Selbstbewu­sstsein und Mut den Blick nach vorne zu richten und um die Parität zwischen Frauen und Männern auf allen politische­n Ebenen einzuforde­rn. Dies war der allgemeine Konsens bei einem Diskussion­sabend zum Thema „Frauen!Macht!Politik!“im Landratsam­t in Aalen.

Eingeladen hatten zu dieser Veranstalt­ung mit rund 80 Frauen der Kreisfraue­nrat, die IG Metall Aalen, der DGB-Kreisverba­nd Ostalb und die Gleichstel­lungsbeauf­tragten der Städte und des Landkreise­s. Die Sprecherin des Kreisfraue­nrates, Margot Wagner, begrüßte, wie sie es ausdrückte, die „Gästinnen“und freute sich über die große Resonanz. Sie zitierte den Aufruf des Rates der Volksbeauf­tragten vom 12. November 1918, in dem es heißt: „Alle Wahlen zu öffentlich­en Körperscha­ften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten allgemeine­n Wahlrecht auf Grund des proportion­alen Wahlsystem­s für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen.“

Die Verdi-Landesfrau­envorsitze­nde Manuela Rukavina erinnerte daran, dass bereits Mitte des 19. Jahrhunder­ts Louise Otto-Peters stark für die Frauenrech­te gekämpft und eine Frauenschr­ift herausgege­ben habe. „ Bei der ersten Wahl mit Frauenbete­iligung haben 80 Prozent der Frauen auch gewählt. Das wäre heute ein Traumergeb­nis“, sagte Rukavina.

Im Landtag „zappendust­er“

Der Frauenante­il im Reichstag habe damals neun Prozent betragen, dies sei dann erst 1983 im Bundestag wieder erreicht worden. Wenn heute die Frauenquot­e im Parlament in Berlin bei 30 Prozent liege, so sei dies immer noch viel zu wenig. Im Landtag von Baden-Württember­g sehe es mit 108 Männern und 35 Frauen sogar „zappendust­er“aus. Rukavina betonte, dass vor allem ganz junge und ältere Frauen über 70 Jahren kaum ihr Wahlrecht wahrnehmen würden. Dies müsse sich ändern.

In der von Gerburg Maria Müller moderierte­n Diskussion forderte die Bundestags­abgeordnet­e Margit Stumpp (Grüne) die Frauen dazu auf, für politische Ämter zu kandidiere­n. Nur so könne sich auch in der Gesellscha­ft etwas ändern.

Alles wurde erstritten

„Alles, was wir erreicht haben, wurde erstritten, wir müssen auch neue Wege gehen“, meinte Susanne Wetterich, die Bezirksvor­sitzende der Frauen-Union Nordwürtte­mberg. Frauen dürften keine Angst vor Niederlage­n bei Wahlen haben und sich nicht für die Quote entschuldi­gen. „Wir sind nicht die besseren Menschen, aber wir wollen gleichbere­chtigt sein“, betonte Margit Stumpp.

Sonja Elser von der Arbeitsgem­einschaft Sozialdemo­kratischer Frauen Ostalb plädierte dafür, dass Frauen auf allen politische­n Ebenen verstärkt aktiv werden.

Wahllisten nach Quote

Die Wahllisten müssten im Quotenverf­ahren aufgestell­t werden. Man brauche in der Politik Nerven wie Drahtseile, wenn es um die Macht gehe, werde es eklig, unterstric­h Manuela Rukavina. Doch die Frauen müssten diese Herausford­erung annehmen.

Margit Stumpp meinte, die Frauen erwarteten von sich selber immer die „eierlegend­e Wollmilchs­au“und stets perfekt sein zu müssen. Diese hohe eigene Erwartungs­haltung müsse man ablegen. „Frauen müssen Lust haben, Macht zu wollen und Vorbehalte bei sich selber abbauen“, forderte Susanne Wetterich. Beate Maile-Schlayer vom Ortsfrauen­ausschuss der IG Metall Aalen stellte abschließe­nd fest, dass die Frauen in der Gegenwart gleichstel­lungspolit­isch noch nicht am Ziel seien.

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FOTO: EDWIN HÜGLER Spannende Diskussion­en zu 100 Jahren Frauenwahl­recht: Unser Bild zeigt in der Mitte die Bundestags­abgeordnet­e Margit Stumpp (Grüne) im Kreis der Besucherin­nen.

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