Filmisches Gedenken in der ehemaligen Synagoge
Filmprojekt erinnert an den Mord an den litauischen Juden
BOPFINGEN-OBERDORF (ij) - Der 9. November ist ein denkwürdiger Tag für die deutsche Geschichte. In dreifacher Hinsicht: Ausrufung der Weimarer Republik vor 100 Jahren, der Fall der Berliner Mauer 1989 und vor allem die Reichspogromnacht vor 80 Jahren. Die brennenden Synagogen gelten als Fanal für die Verfolgung und Vernichtung der Juden. Aus diesem Anlass ist in der ehemaligen Synagoge Oberdorf ein Film gezeigt worden, der an den Mord an den litauischen Juden im Jahr 1941 erinnerte.
Eigentlich, so betonte Konrad Theiss bei der Gedenkfeier in der ehemaligen Synagoge, hätte das Kesseltreiben und die Verfolgung der Juden schon 1933 begonnen. Und heute? Der schon immer latent vorhandene Antisemitismus sei fast schon wieder salonfähig geworden. Die damaligen Verbrechen werden von einigen Zeitgenossen verharmlost und am liebsten totgeschwiegen.
Dies wurde in einem eindrucksvollen Film mit erschütternden Sequenzen über den Holocaust in Litauen verdeutlicht. Mit Interviews von Überlebenden, aber noch frappierender durch Gespräche mit Einwohnern des Schwarzwaldstädtchens Waldkirch.
Von dort stammt der SS-Standartenführer Karl Jäger (1888 bis 1959). Er galt als „feinsinniger, stets korrekter, musikbegabter und ehrbarer“Bürger. Und wurde zum kompromisslosen Befehlsempfänger, der Litauen im Jahr 1941 in wenigen Monaten „judenfrei“machte. Er ließ 138 000 jüdische Frauen und Männer und – in einer sogenannten Sonderaktion – 300 Kinder auf einmal erschießen. Historiker ordnen Karl Jäger als einen der entschlossensten und effizientesten Massenmörder der NS-Zeit ein.
Viele Waldkircher möchten „die alten Sachen“am liebsten auf sich beruhen lassen. Andere sagen: „Das war damals halt so!“Die an dem Filmprojekt beteiligten Jugendlichen reflektierten das verbrecherische Geschehen und stellen tiefgreifende Fragen: Wie viel steckt in uns allen von Karl Jäger? Und was müssen wir heute gegen den wieder auflebenden Antisemitismus tun?