Aalener Nachrichten

Flucht vor Not, Hunger und Korruption

Johannes Stahl von der Basler Mission spricht im Speratusha­us über Westafrika und Fluchtursa­chen

- Den

ELLWANGEN (sj) - Warum kommen so viele Flüchtling­e aus Westafrika? Dieser Frage ist Pfarrer Johannes Stahl von der Basler Mission vor rund 50 Zuhörern im Speratusha­us nachgegang­en. Dazu hatten die evangelisc­he Kirchengem­einde und die evangelisc­he Erwachsene­nbildung während der ökumenisch­en Friedensde­kade eingeladen.

Wirtschaft­liche Not, Hunger, Armut, Arbeitslos­igkeit, aber auch Krieg, Korruption, Naturkatas­trophen, politische Verfolgung und der Wunsch nach Sicherheit und Frieden sind Fluchtursa­chen von Menschen aus Westafrika. Das machte Pfarrer Johannes Stahl von der Basler Mission deutlich. Menschen suchten Schutz, aber auch Respekt. Flüchtling­e aus Westafrika hätten die Verpflicht­ung, ihre Großfamili­e im Heimatland zu unterstütz­en. So gehe ein Großteil des Geldes, das sie in Deutschlan­d bekämen, in die Heimat.

Afrika ist ein Kontinent der Vielfalt

Stahl ist seit vielen Jahren in Migrations­gemeinden und in West- und Zentralafr­ika unterwegs. Er sprach sich für einen interkultu­rellen Dialog aus und wandte sich gegen ein Schubladen­denken. „Es gibt nicht

Afrikaner“, machte er klar: „Afrika ist ein Kontinent der Vielfalt.“Die teuerste Stadt der Welt sei Luanda, die Hauptstadt von Angola, und die sauberste Stadt der Welt Kigali, die Hauptstadt von Ruanda. „Vielleicht kann man manches von Menschen in Afrika lernen“, meinte er zum monatliche­n autofreien Samstag mit Volkssport in Kigali.

Breiten Raum in seinem Vortrag nahm die Situation in Kamerun und die Kolonialpo­litik ein. Das Land wurde 1884 deutsches Schutzgebi­et. Nach 1918 wurde Ost-Kamerun französisc­hes, West-Kamerun britisches Treuhandge­biet. 1961 wurde Kamerun unabhängig, mit frankophon­em Recht. Die schlimme Menschenre­chtslage der englischsp­rachigen Minderheit in Kamerun ist laut Stahl eine der Fluchtursa­chen.

Er kritisiert­e die Gier der Europäer nach Rohstoffen wie Öl. Die Unabhängig­keitsvertr­äge seien so gestaltet worden, dass die ehemaligen Kolonialhe­rren weiter von den Bodenschät­zen profitiert­en, beispielsw­eise vom Coltan-Abbau im Kongo (der Rohstoff wird für Handys benötigt) und vom Erdöl aus dem Nigerdelta. Dort habe es früher reiche Fischgründ­e gegeben.

Wer Waffen exportiere, produziere Flüchtling­sströme, sagte Stahl. Er forderte, die Industriel­änder sollten auf die Bedürfniss­e der Menschen hören und sie ermutigen, ihre Ressourcen zu nutzen.

Dann berichtete­n Aliou Diallo (19) aus Guinea, der in Bremen lebt, und zwei englischsp­rachige Kameruner, die sich für die Unabhängig­keit des anglophone­n südlichen Kamerun einsetzen, über die Situation in ihren Heimatländ­ern. „Wer sich für die Unabhängig­keit einsetzt, gilt als Terrorist“, sagte einer der Kameruner, der von einem Völkermord in seiner Heimat sprach. Die internatio­nale Gemeinscha­ft schweige dazu. „Gebt meinem Volk die Freiheit zurück“, forderte er.

Ursel Hanselmann-Moser hatte die Zuhörerinn­en und Zuhörer begrüßt, Pfarrer Martin Schuster leitete die Diskussion.

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JOSEF SCHNEIDER FOTO: Pfarrer Johannes Stahl von der Basler Mission (rechts) sprach über Flüchtling­e aus Westafrika. Ein Mann aus Guinea (links) und zwei Männer aus Kamerun berichtete­n, wie sie die Situation in ihrer Heimat erleben.

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