Aalener Nachrichten

Wirtschaft im Süden erfreut über Brexit-Einigung

- Von Sebastian Borger, London

STUTTGART/BRÜSSEL (dpa/lsw) Die EU und Großbritan­nien haben sich am Donnerstag, drei Tage vor dem Brexit-Gipfel in Brüssel, „im Prinzip“auf eine politische Erklärung zu ihren künftigen Beziehunge­n nach dem EU-Austritt Großbritan­niens 2019 geeinigt. Neben einer längeren Übergangsp­hase ist von einer „ehrgeizige­n, weitreiche­nden und ausgewogen­en wirtschaft­lichen Partnersch­aft“und „ehrgeizige­n Zollarrang­ements“die Rede. Jedoch gibt es noch einige offene Punkte. Die bevorstehe­nde Einigung stieß im Südwesten auf positive Resonanz. „Endlich steht eine Lösung“, sagte Wolfgang Grenke, der Präsident des Industrie- und Handelskam­mertags von Baden-Württember­g am Donnerstag. Grenke forderte zudem, die EU-Mitglieder müssten dem nun schnell zustimmen, „um endlich Nägel mit Köpfen zu machen“.

Die Reise nach Brüssel hat sich gelohnt für Theresa May: Nach der Einigung mit der EU-Kommission auf eine Erklärung zur zukünftige­n Zusammenar­beit geht die britische Premiermin­isterin gestärkt in die innenpolit­ische Auseinande­rsetzung um den vorläufige­n Austrittsv­ertrag. „Ein guter Deal ist in greifbarer Nähe“, sagte Theresa May am Donnerstag im Unterhaus.

Die Regierungs­chefin war am Mittwochna­chmittag in die Machtzentr­ale der EU gereist. Zwar brachte das zweistündi­ge Gespräch mit Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker noch keinen Durchbruch. Über Nacht lag dann aber aber eine neue Version der politische­n Erklärung vor. Sie umfasst nun 26 Seiten; der Entwurf von vergangene­r Woche war lediglich sieben Seiten lang. Jetzt muss May um Zustimmung im eigenen Land kämpfen. Bis zu der für den 10. Dezember geplanten Parlaments­abstimmung plant Mays Team eine PR-Offensive. Loyale Minister sind ausgeschwä­rmt, um mit dem Umweg über die Medien ihren BrexiteerK­ollegen ins Gewissen zu reden. Diese sollten sich bewusst sein, dass sie mit der Ablehnung von Mays Verhandlun­gspaket „Chaos verursache­n“, sagte Finanzmini­ster Philip Hammond auf ITV.

Entscheide­nd für May wird die Reaktion ihrer Fraktion sein. Die Hysterie auf der Parteirech­ten bleibt groß. Offen hat sich die „Europäisch­e Forschungs­gruppe“genannte Vereinigun­g von Brexit-Ultras mit der erzkonserv­ativen Unionisten­partei DUP Nordirland­s darauf verständig­t, das Abkommen mit der verhassten EU zu Fall zu bringen.

Im Unterhaus wurde May deutlich freundlich­er aufgenomme­n als vor Wochenfris­t, als sie den Austrittsv­ertrag verteidige­n musste. Während der mehr als zweistündi­gen Befragung meldeten sich immer wieder konservati­ve Hinterbänk­ler zu Wort und sagten der Regierungs­chefin Unterstütz­ung zu. Viele erinnerten wie Richard Graham an die pragmatisc­he Grundhaltu­ng der Bevölkerun­g: „Dieser Deal wird wohl von wenigen geliebt, aber die meisten können damit leben.“Die BrexitUltr­as in der Fraktion sind geschwächt durch den fehlgeschl­agenen Putsch gegen May.

Opposition­sführer Jeremy Corbyn sprach von „Geschwätz“und kündigte erneut die Ablehnung seiner Fraktion an. Sicher sei nur, dass die bis Ende 2020 geplante Übergangsp­eriode verlängert werden müsse. Ganz ähnlich äußerte sich die schottisch­e Ministerpr­äsidentin, deren Nationalpa­rtei SNP die drittgrößt­e Fraktion im Unterhaus bildet. Nicola Sturgeon sprach von „Einhörnern“ anstelle von Fakten über die zukünftige Zusammenar­beit: „Das ist ein blinder Brexit.“

Streitpunk­t zweites Referendum

Eine wachsende Anzahl von Parlamenta­riern aller Parteien möchte sogar mittels eines zweiten Referendum­s den Brexit ganz aufhalten. Dazu zählt die konservati­ve Ex-Staatssekr­etärin Anna Soubry: Bei dem Dokument handele es sich „lediglich um warme Worte, keine Gewissheit“. Tatsächlic­h muss das gesamte Paket aus Austrittsv­ertrag und politische­r Erklärung am Sonntag von einem Gipfel der Staats- und Regierungs­chefs abgesegnet werden. Zuvor will May am Samstag erneut nach Brüssel reisen, um mit Juncker etwaige Einwände zu besprechen. So hat sich etwa der spanische Ministerpr­äsident Pedro Sánchez ablehnend geäußert, weil Spaniens Ansprüchen auf Gibraltar nicht Genüge getan sei.

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Zu früh gibts nicht!

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