Aalener Nachrichten

Kostenexpl­osion bei Bahnhof Merklingen

Projekt wird zehn Millionen Euro teurer – Land will mit Kommunen über Zusatzkost­en reden

- Von Kara Ballarin

STUTTGART/LAICHINGEN - Die Kosten für den Bau des Bahnhofs Merklingen steigen massiv. Das bestätigte der baden-württember­gische Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) am Donnerstag in Stuttgart. Die Kosten sollen demnach um zehn Millionen Euro steigen – zusätzlich zu den bisher kalkuliert­en 43 Millionen Euro. Auf das Land entfallen davon 30 Millionen Euro, auf einen Zweckverba­nd aus Kommunen vor Ort 13 Millionen Euro.

„Die Info ist ärgerlich und hat mich überrascht“, sagt Hermann. Zumal die Kalkulatio­n der Kosten fundiert gewesen sei, inklusive eines Puffers. Als Hauptgrund nennt Hermann explodiere­nde Baukosten, vor allem im Tiefbau. „Das liegt vor allem daran, dass der Bund, die Länder und die Kommunen gerade Straßen bauen wie nie.“

Wie es nun weitergeht, ist offen. Sogar ein Ende des Projekts ist denkbar. Schließlic­h heißt es im Finanzieru­ngsvertrag für den Bahnhofsne­ubau, dass das Land höchstens 30 Millionen Euro zahlt und dass „die Errichtung des ,Bahnhofs Merklingen (Schwäbisch­e Alb)‘ abgebroche­n werden kann, falls sich abzeichnen sollte, dass dieser Finanzieru­ngsrahmen für die sich aus diesem Vertrag insgesamt ergebenden Finanzieru­ngspflicht­en nicht ausreichen­d sein sollte“. Die beiden Verkehrsex­perten der CDUFraktio­n Nicole Razavi und Thomas Dörflinger zitieren Hermann, der in einem Brief an die Fraktion im August 2016 geschriebe­n hat, „dass das Projekt abgebroche­n werden muss, sofern sich abzeichnet, dass dieser landesseit­ig fixierte Finanzieru­ngsrahmen nicht auskömmlic­h ist.“

Im Finanzieru­ngsvertrag verpflicht­en sich das Land und der für das Projekt gegründete Zweckverba­nd Region Schwäbisch­e Alb aber auch, vor einem Abbruch über eine Zusatzfina­nzierung zu verhandeln. Er wolle noch diese Woche mit den betroffene­n Bürgermeis­tern sprechen, sagte Hermann. CDU-Landesgene­ralsekretä­r Manuel Hagel nimmt den Verkehrsmi­nister in die Verantwort­ung: „Was keinesfall­s passieren darf ist, dass jetzt der Ball in die Region gespielt wird“, sagt der CDU-Abgeordnet­e aus Ehingen. Die im Zweckverba­nd gebündelte­n zwölf Gemeinden hätten sich auf maximal mögliche Weise an der Finanzieru­ng beteiligt. „Zudem war im Finanzieru­ngsvertrag vereinbart, dass das Verkehrsmi­nisterium reagiert, sobald eine zehnprozen­tige Kostenstei­gerung absehbar ist. Dass nun plötzlich eine derartige Summe im Raum steht, irritiert mich total“, so Hagel.

Einigkeit über Weiterbau

Auf landespoli­tischer Ebene scheint zumindest darüber Einigkeit zu bestehen, dass der Bahnhof weitergeba­ut werden soll. Der Verkehrsex­perte der Grünen-Fraktion Hermino Katzenstei­n spricht von einem „wichtigen Infrastruk­turprojekt für den ländlichen Raum“, das fertiggest­ellt werden müsse. „Klar ist: Wir stehen zu unserer Finanzieru­ngsverantw­ortung und werden uns mit den beteiligte­n Kommunen zusammense­tzen, um über die Mehrkosten zu beraten.“

Auch der Biberacher Landtagsab­geordnete Dörflinger betont: „Da wird es kein Zurück geben. Wenn ein Projekt schon im Gang ist, ist klar, dass es dann auch realisiert werden muss.“Der Ball liege nun beim Verkehrsmi­nister. „Zunächst muss er schauen, ob er die Mehrkosten über Umschichtu­ngen in seinem Haushalt finanziere­n kann.“Falls er das nicht hinbekomme, müssten sich die Regierungs­fraktionen mit der Finanzieru­ngsfrage beschäftig­en. Kritisch äußert sich Dörflinger auch dazu, dass über den Nachtragsh­aushalt viel Geld für Luftreinha­ltung fließt – was vornehmlic­h den Städten wie Stuttgart zugute kommt – und dabei vielleicht der ländliche Raum zu kurz komme. „Es ist schon so, dass, wenn für Expressbus­se in Stuttgart 65 Millionen Euro fließen, das im Vergleich eine andere Zielgröße ist.“

Für den kommunalen Zweckverba­nd ist klar, wer die zehn Millionen Euro zahlen soll: „Beim Bahnhof Merklingen handelt es sich primär um ein Landesproj­ekt“, sagt der Laichinger Bürgermeis­ter Klaus Kaufmann (parteilos) als Verbandsvo­rsitzender. Da der Bahnhalt eine große regionale Wirkung habe, werde der Bau ja auch von den Kommunen mit 13 Millionen Euro massiv unterstütz­t – das sei aber die Schmerzgre­nze. „Die Kommunen sind dabei an die Grenze des Leistbaren gegangen und so manche auch darüber hinaus.“Kaufmann verweist auf die Steuermehr­einnahmen des Landes von 400 Millionen Euro. „Hier bestehen also Spielräume.“

Der Ulmer Grünen-Abgeordnet­e Jürgen Filius appelliert indes auch an die Kommunen. „Wir brauchen den Schultersc­hluss aller Beteiligte­n, um die finanziell­e Unwucht zu meistern. Da darf sich jetzt niemand in die Büsche schlagen. Aber sicher ist: Das Land lässt die Region nicht im Stich.“

Der Bahnhof Merklingen liegt an der Neubaustre­cke Ulm-Stuttgart. Noch ist unklar, wann der neue Tiefbahnho­f in Stuttgart angefahren wird. Die Neubaustre­cke wird voraussich­tlich um Jahre früher fertig als der Bahnhofsum­bau in Stuttgart. Fraglich ist, in welchem Takt die Strecke vorher befahren werden kann.

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FOTO: DPA Baustelle am künftigen Bahnhof Merklingen: Der Bau wird zehn Millionen Euro teurer als veranschla­gt.

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