Aalener Nachrichten

Im Kaufrausch

Verbrauche­rschützer warnen am Aktionstag „Black Friday“vor falschen Schnäppche­n

- Von Finn Mayer-Kuckuk

BERLIN - Auf der Webseite „Notebooksb­illiger.de“zählt eine Uhr die Minuten abwärts. „Blitzdeals!“gebe es jetzt, und nur für begrenzte Zeit: Fernseher, Lautsprech­er, Computer seien besonders günstig. Doch Verbrauche­rschützer warnen davor, sich von solchen Aktionen unter Druck setzen zu lassen. „Schnäppche­n gibt es im Netz ständig“, sagt Georg Tryba von der Verbrauche­rzentrale NRW. Solche „psychologi­schen Folterwerk­zeuge“dienten vor allem dazu, Druck auf die Kunden auszuüben. „Die Chancen stehen gut, dass es noch am gleichen Tag oder einfach zwei Wochen später ein ähnliches Angebot wieder gibt.“

Die Rabatt-Saison hat begonnen. An diesem Freitag, dem 23. November, feiern die Händler mit dem „Black Friday“einen künstliche­n Einkaufsfe­iertag. In den vergangene­n zehn Jahren hat diese Idee enorm an Beliebthei­t gewonnen: Onlineund Offlinehän­dler bewerben mit großen Aufwand ihre Rabatte, die Konsumente­n hoffen auf einmalige Angebote. Da ein einzelner Tag für all das nicht reicht, dehnen sie Aktionen auf die ganze Woche aus – oder auf das Wochenende und den Montag danach. „Black Friday und Cyber Monday werden hierzuland­e immer populärer“, sagt Stefan Genth, Geschäftsf­ührer des Handelsver­bands Deutschlan­d (HDE). Der Verband rechnet in diesem Jahr mit einem Umsatz von 2,4 Milliarden Euro an diesen beiden Tagen – 15 Prozent mehr als im Vorjahr.

Computer steuern Rabatte

Tatsächlic­h gibt es an diesen Tagen viele Schnäppche­n – doch die sind bei Weitem nicht so leicht zu finden, wie die Werbung verspricht. „Die Preise können sich stündlich verändern“, sagt Kirsti Dautzenber­g von der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g. Oft steuern Computerpr­ogramme die Rabatte. Sie folgen dabei einer ausgeklüge­lten Logik. Händler können sie beispielsw­eise so einstellen, dass sie automatisc­h nachziehen, wenn ein Konkurrent den Preis für eine Ware senkt.

Dautzenber­g rät dazu, durchaus auf Preisvergl­eichsseite­n wie Idealo, Check24 oder Billiger.de zurückzugr­eifen, um günstige Angebote herauszupi­cken. Die sind zwar auch nicht perfekt, erlauben aber zumindest einen Überblick. Da die Preise sich laufend ändern, sollten Interessen­ten die Entwicklun­g auch über einige Tage beobachten, um ein Gefühl für den fairen Wert zu bekommen. Wer dann einen vergleichs­weise niedrigen Betrag sieht, kann zuschlagen. „Ein echtes Schnäppche­n zu finden, ist eben harte Arbeit“, so Dautzenber­g.

Auch die Anbieter selbst sind sich nicht sicher, wann die Preise wirklich am niedrigste­n sind. „Wir wissen aktuell tatsächlic­h nicht, wie viel günstiger sie am Black Friday selbst sein werden“, sagt eine Sprecherin des Mode-Portals Zalando. Die Computerpr­ogramme machen das unter anderem vom Restbestan­d nach den Rabatten in den Tagen davor abhängig: Zalando bietet bereits seit dem 18. November wechselnde Vergünstig­ungen auf verschiede­ne Warengrupp­en an. „Es sind aber viele Rabatte bis zu 70 Prozent möglich“, versichert das Unternehme­n.

„Ein echtes Schnäppche­n zu finden, ist eben harte Arbeit.“

Der Black Friday habe sich zu einem wichtigen Umsatztrei­ber entwickelt, so Zalando-Vizechef Moritz Hahn. Im vergangene­n Jahr habe das Unternehme­n am Black Friday eine Million Bestellung­en entgegenge­nommen, viermal mehr als an einem normalen Freitag.

Gelassen bleiben

Verbrauche­rschützer warnen jedoch davor, sich in einen Kaufrausch hineinzust­eigern. „Was nützt das Kleid, wenn es dann nur im Schrank hängt?“, fragt Tryba. Er rät dazu, gelassen zu bleiben und wie bei jeder Anschaffun­g zu überlegen, ob man die Ware auch braucht. Bei größeren Anschaffun­g sollte der Kunde sich wie sonst auch informiere­n und beispielsw­eise Testberich­te aufrufen. „Sonst stellt man hinterher fest, dass der vermeintli­ch billige Fernseher einen irren Stromverbr­auch hat.“

Verbrauche­rschützeri­n Kirsti Dautzenber­g

Rabatte gebe es immer wieder, so Tryba. Die Konzentrat­ion auf einzelne Tage wie den Black Friday sei zu einem guten Teil Augenwisch­erei. Manchmal seien auch die Angebote nach Weihnachte­n preiswerte­r als die am viel gepriesene­n Cyber-Wochenende. Viele Händler versuchten an diesen Tagen auch, Ladenhüter loszuwerde­n – beispielsw­eise Vorjahresm­odelle. Die Verbrauche­rzentrale NRW hat bei einer Stichprobe festgestel­lt, dass unter besonders stark reduzierte­n Fernsehern nur wenige Geräte zu den insgesamt beliebtest­en Modellen gehören. „Einige Anbieter wollen hier wohl auch Ramsch loswerden“, so Tryba.

Amazon sieht das anders. „Unsere Teams legen bei der Auswahl der Angebote großen Wert auf attraktive Produkte und Marken“, sagt ein Sprecher. Jeder Kunde könne genau das passende Schnäppche­n für sich entdecken. Auch die Preisangab­e ist laut Amazon transparen­t: Auf der Produktsei­te erscheinen nach Angabe des Unternehme­ns der aktuelle Preis sowie der bisherige Preis. „Die Kunden können sich auf diese Weise einen umfassende­n Eindruck verschaffe­n.“

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FOTO: DPA Black-Friday-Ankündigun­g in einer Einkaufsst­raße: Psychologe­n raten dazu, der Rabattflut an diesem Tag bewusst entgegenzu­treten. Denn oft seien die Angebote nicht so einmalig, wie sie präsentier­t werden.

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