„WhatsApp für Polizisten“stockt noch
Einführung im Land soll 2019 „erneut geprüft“werden – Andere Bundesländer sind weiter
RAVENSBURG - Schrittweise sollten Beamte im Südwesten mit Smartphones und einem „WhatsApp für Polizisten“ausgestattet werden. Damit sollen nach dem Vorbild anderer Bundesländer etwa Fahndungsund Tatortfotos oder Ermittlungshinweise übermittelt werden. Auch ein Zugriff auf die Polizeisysteme ist möglich. Doch das Projekt kommt nur schleppend voran.
Im März 2018 hat die Polizei im Südwesten 500 speziell gesicherte Handys in Betrieb genommen, um die Messenger-Software auf ihre Einsatztauglichkeit zu testen. Zwar hätten sich die Geräte laut Innenministerium in der Testphase insgesamt bewährt. Aber: „Der Testbetrieb hat ergeben, dass noch weitere Tests und Prüfungen vorgenommen werden müssen, um der Polizei Baden-Württemberg einen Messenger zur Verfügung stellen zu können, der den hohen Anforderungen an Datenschutz und IT-Sicherheit genügt“, teilte Ministeriumssprecher Carsten Dehner auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit.
Ob die bislang getestete Software weiterhin zum Einsatz kommen soll und wann die Lösung im Regelbetrieb genutzt werden kann, dazu konnte das Ministerium keine Angaben machen. Zunächst sei die Beschaffung von 500 weiteren Smartphones beauftragt worden.
Im August 2017 klang das Innenministerium indes noch konkreter: „Als Messenger soll ein kommerzielles, bereits verfügbares Produkt zum Einsatz kommen, das speziell an die Smartphone-Lösung der Polizei Baden-Württemberg angepasst wird.“
Auch die an der Entwicklung beteiligte Behörde des Landesdatenschutzbeauftragten äußert sich auf Anfrage zurückhaltend. „Bereits im Jahr 2016 wurden wir in erste Überlegungen einbezogen, die technische Umsetzung verzögerte sich allerdings im Folgenden“, teilte Volker Broo, mit dem Sachverhalt betrauter Referatsleiter in der Behörde, mit. Aktuell setze die Polizei noch keinen Messenger ein, auch nicht als Testversion. „Für das Jahr 2019 ist vorgesehen, die technische Architektur weiterzuentwickeln“, so Broo. Dabei werde die Einführung eines Messenger-Dienstes erneut geprüft.
Andere Bundesländer sind da bereits weiter. In Bayern setzt die Polizei bereits seit 2017 den Messenger Teamwire des Münchner Unternehmens Grouptime ein. Dabei handelt es sich um eine speziell auf Bedürfnisse von Unternehmen und Behörden zugeschnittenes Programm, dessen Daten anders als bei WhatsApp über eigene, speziell gesicherte Server laufen können. Damit hat die Polizei volle Kontrolle darüber, wer auf die sensiblen Informationen zugreifen kann.
Im Einsatz „sehr bewährt“
„Dies hat sich im polizeilichen Einsatz sehr bewährt, sodass wir das deutlich ausweiten“, teilte Michael Siefener, Sprecher des bayerischen Innenministeriums, mit. Bis Ende 2018 sollen demnach bayernweit mehr als 5000 Smartphones zum Einsatz kommen. In den Folgejahren sei eine weitere erhebliche Ausweitung geplant.
Auch in Niedersachsen ist bereits eine Messenger-Software bei der Polizei im Einsatz. Dort können Polizisten ihr privates Handy mit einer Weiterentwicklung des Behördenmessengers „Stashcat“nutzen – das Programm mit den sensiblen Einsatzdaten läuft dann in einem speziell abgesicherten Bereich des Telefons.
Eine solche Lösung favorisiert auch Ralf Kusterer, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in Baden-Württemberg. Damit könne man die Beamten vergleichsweise schnell und preiswert ausstatten, glaubt Kusterer. Datenschützer Broo sagt jedoch: „Eine derartige Einbindung privater Endgeräte in die IT-Infrastruktur der Polizei ist momentan nicht vorgesehen.“
Gewerkschafter Kusterer bringen die Verzögerungen auf die Palme. „Die Polizei ist in Baden-Württemberg technisch so rückständig, es ist kaum zu fassen.“Dass der Südwesten so hinterherhinke, treibe seine Kollegen geradezu dazu, rechtswidrig auf private Handys und Messenger zurückzugreifen.
Tatsächlich greifen Polizisten derzeit teils zu ihrem Privatgerät, um beispielsweise Fahndungsfotos und dienstliche Hinweise schnell weiterzugeben. Besonders beliebt sind Gruppen im Messenger-Dienst WhatsApp. Entsprechende Fälle hatte Hans-Jürgen Kirstein, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, bereits im Sommer 2017 im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“eingeräumt. Das ist jedoch nicht zulässig, weil nicht gewährleistet ist, dass nur berechtigte Personen Zugriff auf die Nachrichten erhalten. Zudem werden die Daten auf Servern in den USA gespeichert.