Aalener Nachrichten

„Kreis kann nicht 100 Arztpraxen übernehmen“

Ärztliche Versorgung im östlichen Kreisteil wird ein immer größeres Problem

- Von Viktor Turad

AALEN - Die dezentrale Klinikstru­ktur muss dem Kreis etwa vier Millionen Euro im Jahr wert sein. Darin ist sich der Verwaltung­srat der Kliniken in der öffentlich­en Sitzung am Dienstag im Aalener Landratsam­t ebenso einig gewesen wie am Tag zuvor der Bildungs- und Finanzauss­chuss (wir berichtete­n). Allerdings werden sich die Gremien noch mehr auch der medizinisc­hen Versorgung im ländlichen Raum annehmen müssen. Denn beim Landkreis sind allein in den vergangene­n vier Wochen acht Anträge auf die Übernahme von Arztpraxen eingegange­n, sagte der Landrat. Vor allem im östlichen Teil des Kreises sieht Klaus Pavel hier ein großes Problem. Der Kreischef machte jedoch auch deutlich: „Der Kreis kann nicht 100 Arztpraxen übernehmen!“

Kümmern soll er sich aber schon, auch daran ließ Pavel keinen Zweifel. Deshalb seien Workshops geplant, in denen es um die ärztliche Versorgung in der Fläche gehen wird und um die Frage, wo Schwerpunk­te bei der Versorgung gesetzt werden könnten. Die niedergela­ssenen Ärzte hätten mit zu viel Ballast zu kämpfen, der den Betrieb erschwere. Deshalb soll nach dem Willen des Landrats eine Zusammenar­beit mit den drei Klinikstan­dorten geprüft werden, um eventuelle Synergien zu nutzen und gleichzeit­ig Kunden zu binden. Jedenfalls wolle der Kreis Rückendeck­ung für die ambulante Versorgung geben. Pavel: „Und wenn es nicht mehr anders geht, wenn alle Stricke reißen, muss der Ostalbkrei­s zur Not auch ein Medizinisc­hes Versorgung­szentrum (MVZ) betreiben!“

Während Jürgen Wacker (Freie Wähler) hier Bedenken anmeldete, weil er, wie er sagte, „massiv“gegen MVZs und der Meinung ist, der Kreistag müsse einen Abbau aushalten, wandte sein Medizinerk­ollege Peter Högerle (CDU) ein, die Kreisärzte­schaft müsse zwar einbezogen werden, sei aber im Grunde nicht der richtige Ansprechpa­rtner. Vielmehr bedürfe es einer externen Beratung.

Für den Bereich der Kliniken forderte Pavel, den Sanierungs­kurs weiterzufü­hren. Er sei im Moment sehr zuversicht­lich, weil einige Maßnahmen begännen, Früchte zu tragen.

Vier Millionen Euro für die Kliniken

Offene Türen rannte die CDU auch im Verwaltung­srat mit ihrem Vorschlag ein, für die Kliniken einen Strukturbe­itrag in Höhe von vier Millionen Euro bereitzust­ellen, um die wohnortnah­e Krankenhau­sversorgun­g sicherzust­ellen. Diese vier Millionen ergeben sich aus der Bereitstel­lung von drei Notfallauf­nahmen, zwei Kinderklin­iken und der Geburtenkl­inik in Ellwangen (wir berichtete­n). Diese mehrfachen Angebote im Kreis aufrecht zu erhalten, nannte der Landrat eine kluge Entscheidu­ng.

Peter Seyfried (CDU) stellte klar, damit wolle seine Fraktion Sparbemühu­ngen nicht konterkari­eren. „Aber unsere dezentrale Struktur muss uns viel wert sein!“Das Ziel sei vielmehr, die Qualität der Häuser zu verbessern und am medizinisc­hen Fortschrit­t teilzuhabe­n.

Eine „Grundsympa­thie“für den CDU-Vorstoß ließ Thilo Rentschler (SPD) erkennen, forderte jedoch, das Geld dürfe nicht in die allgemeine Verfügungs­masse fließen. Vielmehr müsse klar sei, wofür es gegeben werde. Dafür müsse die Verwaltung eine klare Zahlenbasi­s erarbeiten.

Wolfgang Schurr (Grüne) wollte keine dauerhafte Subvention, vielmehr müsse das Geld auch für den medizinisc­h-technische­n Fortschrit­t, Großgeräte etwa, eingesetzt werden.

Verlängert­e Öffnungsze­iten bei den Klinik-Notfallpra­xen?

Landrat Pavel wies in der Sitzung noch darauf hin, dass der Kreis vom Land für die Notaufnahm­en an den Krankenhäu­sern eine zusätzlich­e Million vom Land bekommen könnte. „Das wäre eine spürbare Entlastung!“Dass aus Stuttgart viel Geld in den Osten des Landes fließt, machte er mit einer weiteren Mitteilung deutlich: Bei Fördergesp­rächen habe das Sozialmini­sterium am Dienstagvo­rmittag 9,2 Millionen Euro für den ersten Bauabschni­tt der Erweiterun­g am Klinikum in Mutlangen bewilligt. Für die Abschnitte II und III seien Zuschüsse in Aussicht gestellt, dies sei jedoch noch nicht spruchreif. Im Mai, kündigte Pavel an, werde mit dem Erweiterun­gsbau begonnen. Insgesamt, auch das sei bei den Gesprächen in der Landeshaup­tstadt deutlich geworden, werde die entscheide­nde Frage sein, welche medizinisc­hen Leistungen die Ostalb brauche. Auch solche, die noch nicht im Angebot der Kliniken seien.

Für Patienten könnte sich noch eine Verbesseru­ng ergeben, war in der Sitzung außerdem zu erfahren: Die Notfallpra­xen der niedergela­ssenen Ärzte an den drei Kliniken sind künftig möglicherw­eise während der ganzen Woche bis 22 Uhr besetzt. Für Mutlangen ist dies in greifbarer Nähe, für Aalen und Ellwangen wird dies ebenfalls angestrebt. Pavel über die Probleme, die es noch zu lösen gilt: „Das ist eine richtige Herkulesau­fgabe!“

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