Vollgas an die Decke oder an die Wand
Wie ein Aalener Student mit seinem Handy-Airbag einen Medienhype ausgelöst hat
AALEN - Erfolg ist anstrengend – die Erfahrung macht Philip Frenzel von der Hochschule Aalen derzeit hautnah. Durchgearbeitete Nächte und 80-Stunden-Wochen kennt der Student schon mit seinen 25 Jahren. Zusammen mit seinem 26-jährigen Kollegen Peter Mayer hat er am Innovationszentrum (Inno-Z) das Startup Adcase gegründet. Damit will er eine Art Airbag für Handys auf den Markt bringen (wir berichteten). Von der Resonanz auf die Erfindung wurde der Master-Student nahezu überrollt.
Die Medienlawine traf Frenzel in einer Vorlesung. Überbringer der Botschaft war ein Kommilitone, der statt mit dem Lehrstoff mit Facebook beschäftigt war. „Er fragte, was denn bei mir abgeht“, erzählt der 25-Jährige. Der war sich keiner Schuld bewusst und selbst überrascht, als der Kommilitone ihn auf ein Video über Adcase aufmerksam machte, das in den USA mehrere Millionen Mal geteilt worden war. Es war die Reaktion auf einen SWR-Beitrag. Der Sender hatte über das Projekt der Männer berichtet. „Es war Fluch und Segen zugleich“, sagt Frenzel. „Wir waren noch nicht ganz fertig und schon wollten alle was von uns.“
Die amerikanischen Sender Fox News und BBC berichteten – den Überblick hatten die beiden Gründer zu dem Zeitpunkt verloren. „Wir wussten nicht mehr, wer was macht.“Nicht alle Medien hatten angefragt, bevor sie das Material verwendeten. Zuletzt hatte Galileo einen Beitrag über die Studenten gedreht.
Schlaf und Mitmenschen fehlen
Ob er jetzt ein echter Medienprofi ist? „Jein“, ist die Antwort. „Man sammelt Erfahrung.“Beim ersten Interview bei Radio 7 sei er noch sehr aufgeregt gewesen. Nachdem beim zehnten Radiosender aber irgendwann immer die gleichen Fragen gekommen seien, habe sich die erste Nachgeforscht
Geschichten aus dem Inno-Z
Aufregung etwas gelegt. Es sei eine spannende Zeit – und sehr lehrreich. „Der Kopf schaltet nie aus, manchmal gibt es Rückschläge.“Es gebe Zeiten, in denen er sich frage, warum er das mache. Aber wenn er nach mehreren Tagen des Tüftelns auf eine Lösung käme, „dann macht es wieder Fun“. Was fehlt, ist der Schlaf und der Kontakt zu den Mitmenschen. „Manchmal gibt es Zeiten, da ist 24/7 angesagt.“Und er genieße es, sein eigener Herr zu sein.
Die Idee zu dem Handy-Airbag kam ihm, als sein eigenes Handy kaputt ging. Während seines Studiums arbeitete er das Konzept aus: Intelligenz sollte mit Mechatronik verbunden werden. „Die Schutzfunktion sollte nur in Erscheinung treten, wenn sie benötigt wird.“Das Handy soll nach wie vor mit nur einer Hand bedient werden können. Da habe Philip Frenzel über sein Startup Adcase man weder seitlich noch in der Höhe einen Spielraum. Daher wölbt die Hülle sich nach hinten, Richtung Handfläche, aus. In einer Art doppeltem Boden verbergen sich Schutzarme, die sich wie die Arme eines Wurfzeltes um die Ecken des Smartphones legen, wenn sich das Gerät im freien Fall befindet. Der Mechanismus greift ab 30 Zentimetern Fallhöhe. Ein Maß, das ganz bewusst so gewählt wurde, die Arme sollen sich nicht entfalten, wenn das Handy beispielsweise nur auf das Bett geworfen wird.
Garantiert wird nichts
Ausgelegt ist die Schutzfunktion für Stürze aus zwei Metern Höhe. „Wenn man es aus dem Stand fallen lässt.“Garantiert wird allerdings gar nichts, sagt Frenzel. Ansonsten könne es Kandidaten geben, die bereits kaputte Handys erstattet haben wollten. Während er erzählt, wirft er sein eigenes Handy in die Luft und fängt es achtlos wieder auf. Er selbst hat keine seiner eigenen Hüllen am Smartphone. Immerhin müsse er die Konkurrenz testen, sagt er mit einem Grinsen. Aktuell ist es eine dicke Outdoorhülle, die ihm weder vom Design gefällt noch handlich ist.
„Bei uns ist wichtig, dass wir schnell am Markt sind. Ganz schnell ganz viele verkaufen.“
Eine halbe Million für den Start
Seine eigenen Hüllen sind für Iphones ausgelegt. Wie das funktioniert, wenn Apple neue Smartphones lanciert, haben Frenzel und Mayer auch schon erarbeitet. Auf entsprechenden Internetseiten bekomme man schon lange vorher die neuen Maße – es fände sich bei einem so großen Unternehmen immer jemand, der das ausplaudert. „Wir wollen die modernen Handys mit unterstützen.“
Ende nächster Woche soll Adcase auf der Crowdfunding-Seite Kickstarter lanciert werden. Dort können sich Interessenten ein Gerät vormerken. „Wenn wir etwa eine halbe Million Euro zusammenbekommen, können wir in die Produktion gehen“, sagt Frenzel. Kommt die Summe nicht zusammen, bekommen die Interessenten ihr Geld zurück. Wenn doch, dann sollen die ersten Exemplare in etwa sieben Monaten ausgeliefert werden. „Bei uns ist wichtig, dass wir schnell am Markt sind. Ganz schnell ganz viele verkaufen“, sagt Frenzel. „Vollgas an die Decke oder an die Wand.“