Eine humanitäre Katastrophe
Der friedenspolitische Arbeitskreis der SPD hat sich mit den Hintergründen des Jemen-Krieges befasst
AALEN (ij) - Der friedenspolitische Arbeitskreis der SPD-Ostalb traf sich in den Räumlichkeiten der Abgeordneten Leni Breymaier in Aalen, um sich mit den Hintergründen des Jemen-Krieges auseinander zu setzen.
Die UN stufen die gegenwärtige humanitäre Situation im Jemen als eine der größten Katastrophen der Gegenwart ein. Seit 2014 tobt dort ein Krieg, der bereits über 10 000 Tote gefordert hat und in dessen Folge 50 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang mehr zu sauberem Trinkwasser haben. Das Ergebnis ist eine Cholera-Epidemie. 1,2 Millionen Kinder sind in dem Land derzeit unterernährt. Eine Seeblockade sorgt dafür, dass Hilfsgüter den Jemen nur schwer erreichen.
Klaus Causemann vom Sprecherkreis informierte in seiner Einführung vor allem über die historischen Entwicklungen. Das ehemals in Südund Nordjemen geteilte Land erlebte 1991 eine Wiedervereinigung. Die Spannungen zwischen den Landesteilen überdauerten jedoch. Als nach dem Arabischen Frühling 2011 die Hoffnungen der Menschen nicht erfüllt wurden und wichtige Gruppen im Land vom Reformprozess ausgegrenzt wurden, kam es zur Bildung der Huthi-Milizen. Sie rekrutierten sich vor allem aus den Stämmen der im Norden ansässigen Zaiditen, die den sogenannten „5er Schiiten“als Religion angehören.
Parallel gab es die Entwicklung, dass im Saudischen Königshaus Mohammed bin Salman die Macht übernahm und seitdem seine Ziele aggressiv nach innen und außen vertrat. Das saudische Königshaus ist eng mit der strenggläubigen konservativen Richtung des sunnitischen Islam, dem Wahhabismus, verbunden. Unter der Regie von Kronprinz Salman griff Saudi-Arabien mit einer Militärkoalition in den Jemen ein. In diesen Kämpfen würden auch zivile Ziele wie Schulen und Krankenhäuser angegriffen, berichtete Causemann. Als Reaktion auf die dadurch ausgelöste katastrophale humanitäre Lage hätten Union und SPD im Koalitionsvertrag Anfang 2018 vereinbart, keine Rüstungsexporte mehr an Länder zuzulassen, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Inzwischen habe die Bundesregierung zugegeben, im Laufe dieses Jahres dennoch weitere Rüstungsexporte an Saudi-Arabien genehmigt zu haben. Damit sei der Koalitionsvertrag verletzt worden. Erst die Ermordung des Journalisten Kashoggi, die ein großes mediales Echo ausgelöt hatte, habe jetzt zu einem Exportstopp für Waffenlieferungen an SaudiArabien durch die Bundesregierung geführt.
„Es ist bedauerlich, dass es erst eines Einzelschicksals bedarf, um das wirksam werden zu lassen, was wegen Millionen leidender Jemeniten bereits im März beschlossen war“, kritisierte Rolf Voigt als Sprecher des friedenspolitischen Arbeitskreises der SPD.
Waffengeschäfte dürfen nicht vor Moral gehen
Die neueste Nachricht allerdings, dass die Bundesregierung diesen Waffen-Exportstopp lediglich auf zwei Monate begrenzt hat, sei völlig unverständlich, wurde kritisiert. Für den Jemen müssten sofort die Einstellung aller Kampfhandlungen und endlich Friedensverhandlungen unter Regie der UN erreicht werden, der Zugang für das UN-Flüchtlingshilfswerk und humanitäre Hilfe zur Zivilbevölkerung gewährleistet werden.
Der friedenspolitische Arbeitskreis der SPD-Ostalb appellierte an die Bunderegierung, in diesem Sinne alle politischen Möglichkeiten auszuschöpfen. Dabei dürfe im Umgang mit Saudi-Arabien nicht das Waffengeschäft vor Moral gehen. Sonst werde der Anspruch einer wertegeleiteten Politik, die sich am Maßstab der Menschenrechte ausrichtet, nicht erfüllt.