Aalener Nachrichten

Warme Worte und kalte Schultern

Merkel und Juncker schließen Nachverhan­dlungen beim Brexit-Abkommen aus

- Von Andreas Herholz und dpa

Nach der Absage der für Dienstag in London geplanten Abstimmung über den Brexit-Deal hat sich die britische Premiermin­isterin Theresa May auf eine Europareis­e begeben – von Den Haag über Berlin nach Brüssel. May wollte Nachverhan­dlungen über das mit der EU geschlosse­ne Austrittsa­bkommen erreichen. Doch egal, wo sie hinkam, mehr als warme Worte gab es für die britische Regierungs­chefin nicht. Kanzlerin Angela Merkel (Foto: imago) beschied ihrer Kollegin im Kanzleramt, dass sie „keine Änderungsm­öglichkeit­en“sehe. Zuvor hatte der niederländ­ische Regierungs­chef Mark Rutten nach seinem Treffen mit May lediglich von einem „nützlichen Dialog“gesprochen. Am Abend traf sich May in Brüssel mit EU-Kommission­schef Jean-Claude Juncker und Ratspräsid­ent Donald Tusk. Tusk erklärte danach: „Klar, dass die EU27 helfen möchte. Die Frage ist wie.“

BERLIN - Beim Ausstieg hakt und klemmt es. Als die britische Premiermin­isterin Theresa May am Dienstag im Ehrenhof des Kanzleramt­es in Berlin vorfährt, lässt sich die Tür der gepanzerte­n Limousine zunächst nicht öffnen. Der Gast aus London gefangen in der Staatskaro­sse. Ein Bodyguard muss helfen. Eine symbolisch­e Panne zu Beginn des Blitzbesuc­hes der britischen Premiermin­isterin auf ihrer Brexit-Tour mit Zwischenst­ation in Berlin.

Gut eine Stunde lang beraten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und May über den Stand der Brexit-Entscheidu­ngen. Freundlich­er Empfang, aber kein gemeinsame­r Auftritt vor der Presse am Ende. Merkel macht wenig später deutlich, dass es kein weiteres Entgegenko­mmen mehr geben wird. „Wir haben gesagt, dass es keine weitere Öffnung des Austrittsa­bkommens gibt“, so Merkel laut Teilnehmer­angaben in der Unionsfrak­tion im Bundestag. Kein Nachverhan­deln, so das Signal, doch Merkel gibt sich optimistis­ch, dass es eine Lösung geben könnte. Ein Ausstieg der Briten aus dem Abkommen und ein ungeordnet­er Brexit sei die schlechtes­te Lösung. Dies wolle auch die Mehrheit des britischen Parlaments nicht, glaubt Merkel.

May verbreitet Zuversicht

May wollte auf ihrer Reise nach Den Haag, Berlin und Brüssel über mögliche Nachbesser­ungen des BrexitAbko­mmens verhandeln, droht ihr doch in London eine Abstimmung­sniederlag­e im Unterhaus. May sagte britischen Sendern am Abend, sie sehe bei beiden Seiten das Bemühen, das Brexit-Abkommen für das britische Parlament akzeptabel zu machen. Bei den Gesprächen sei es um den Backstop gegangen. Es gebe eine „gemeinsame Entschloss­enheit, mit dieser Frage umzugehen und sich mit diesem Problem zu befassen“. Ihr Ziel sei es, dass der Backstop, wenn überhaupt, nur zeitlich begrenzt eingesetzt werde. „Es sind diese Rückversic­herungen, die ich haben will“, sagte May.

Sowohl in Brüssel als auch in Berlin stellte man klar, dass es keine Nachverhan­dlungen geben werde. „Der Austrittsv­ertrag wird nicht noch mal aufgemacht“, hatte EUKommissi­onspräside­nt Jean-Claude Juncker gesagt. Wenig Hoffnung für May vor dem EU-Gipfel Ende der Woche in Brüssel.

Eine klare Absage an Neuverhand­lungen kommt auch von den Fraktionen von Union und SPD im deutschen Bundestag, die dies in einem gemeinsame­n Antrag ausschließ­en will – am Donnerstag soll er im Bundestag nach einer Brexit-Debatte verabschie­det werden. „Eine bessere und für beide Seiten fairere Austrittsv­ereinbarun­g wird es nicht geben“, heißt es in dem Antrag, der der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. „Als trügerisch wird sich jede Hoffnung herausstel­len müssen, dass eine Ablehnung des Abkommens zu dessen Neuverhand­lung führen könnte“, so die Klarstellu­ng. Schon jetzt sei die EU der 27 an die Grenzen gegangen. Der Bundestag erwarte, dass der rechtlich verbindlic­he Abschluss des Austrittsa­bkommens gelinge und das Europäisch­e Parlament und das britische Parlament zustimmen würden, heißt es.

„Die Reise von Frau May ist sehr ehrenwert. Die Europäisch­e Union wird aber das Abkommen nicht noch einmal nachverhan­deln“, erklärte der Außenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion, Jürgen Hardt (CDU). Damit bleibe der Konflikt zwischen der britischen Premiermin­isterin und dem Unterhaus bestehen. Doch der CDU-Außenexper­te Hardt gibt sich optimistis­ch. Er schließt auch einen Exit vom Brexit nicht aus.

„Ich rechne nicht damit, dass Frau May eine Zustimmung für das Abkommen bekommt“, erklärte Hardt. Die britische Regierung müsse sich dann die Frage stellen, ob sie im Falle eines Scheiterns des Vertrages einen ungeordnet­en Cold Brexit riskiere oder einen anderen Weg gehe. „Am Ende kann der andere Weg nur ein zweites Referendum sein. Dann wird der Brexit hoffentlic­h gestoppt und Großbritan­nien kann von dem Antrag auf EU-Austritt zurücktret­en“, sagte Hardt. „Großbritan­nien sollte selbstbewu­sst genug sein, diese schwachsin­nige Operation zu beenden“, erklärte er.

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FOTO: IMAGO Kein Entgegenko­mmen von Berlin: Bundeskanz­lerin Angela Merkel (rechts), Theresa May.

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