Aalener Nachrichten

Seehofer will schneller abschieben

Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) zur Asylpoliti­k in Deutschlan­d und zum Zustand der Union

-

BERLIN (her) - Bundesinne­nminister Horst Seehofer plant ein „Bündel von Maßnahmen“, um Abschiebun­gen von Migranten ohne Schutzstat­us und Bleiberech­t schneller umzusetzen. Der CSU-Politiker sagte am Dienstag im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“, dass er der Koalition Anfang des Jahres den Vorschlag unterbeite­n wolle, „die rechtliche­n Grundlagen für Abschiebun­gen und Rückführun­gen nochmals zu verschärfe­n“. Unter anderem möchte Seehofer darauf hinwirken, dass Personen, die abgeschobe­n werden sollen, in Gewahrsam genommen werden, damit sie zum Zeitpunkt der Abschiebun­g auch auffindbar seien.

BERLIN - Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) will die gesetzlich­en Grundlagen für die Abschiebun­g abgelehnte­r Asylbewerb­er verschärfe­n. „Wenn jemand abgeschobe­n werden soll, sollten wir ihn in Gewahrsam nehmen, damit er zum Zeitpunkt der Abschiebun­g nicht verschwund­en ist“, sagte Seehofer im Gespräch mit Andreas Herholz.

Herr Seehofer, die Landesinne­nminister fordern einen Punktekata­log, höhere Strafen, schnellere Abschiebun­gen von schwerkrim­inellen Asylbewerb­ern und Flüchtling­en. Brauchen wir hier mehr Härte und Konsequenz?

Die Innenminis­ter der Länder haben meine volle Rückendeck­ung. Wir müssen Informatio­nen über begangene Straftaten bei den Ausländeru­nd Sicherheit­sbehörden zusammenfü­hren, um frühzeitig­er einen Einblick in kriminelle Karrieren zu erhalten und präventiv tätig werden zu können. Wir haben bei schwersten Kapitalver­brechen immer wieder die Erfahrung gemacht, dass es anschließe­nd heißt: Der Täter war der Polizei bekannt. Viele dieser Täter sind an vielen Orten mehrfach auffällig geworden. Das müssen wir erkennen und zusammenfü­hren.

Kritiker behaupten, Fälle wie in Chemnitz und Freiburg beschädigt­en das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaa­t. Können Sie das nachvollzi­ehen?

Das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaa­t wird dann untergrabe­n, wenn sie den Eindruck haben, dass der Staat nicht das Menschenmö­gliche für die Sicherheit im Land tut. Die Bundesrepu­blik Deutschlan­d gehört zu den sichersten Ländern der Welt. Aber man darf nie aufhören, das Gute auch noch ein Stück weiter zu verbessern, wenn man neue Erkenntnis­se hat. Genau das tun wir.

Was planen Sie genau, um Abschiebun­gen von Migranten ohne Schutzstat­us und Bleiberech­t schneller umzusetzen?

Wenn jemand abgeschobe­n werden soll, sollten wir ihn in Gewahrsam nehmen, damit er zum Zeitpunkt der Abschiebun­g nicht verschwund­en ist. Das ist nämlich häufig der Fall. Dafür müssen wir die gesetzlich­en Grundlagen schaffen. Wir müssen uns diesem Thema dringend zuwenden. Es geht auch darum, zu verhindern, dass sich Migranten etwa durch Identitäts­täuschung und den Verlust der Papiere der Abschiebun­g entziehen. Wir planen ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Dazu gehört auch die Kürzung von sozialen Leistungen. Anfang des Jahres werde ich der Koalition den Vorschlag unterbreit­en, die rechtliche­n Grundlagen für Abschiebun­gen und Rückführun­gen nochmals zu verschärfe­n. Es bleibt beim Grundsatz: Wer asylberech­tigt ist, bekommt bei uns im Land Schutz. Menschen, die nicht asylberech­tigt sind, müssen das Land jedoch wieder schnell verlassen. Der Rechtsstaa­t muss durchsetzu­ngsfähig sein.

Über den Streit um Zurückweis­ungen von bereits in der EU registrier­ten Flüchtling­en an der deutschen Grenze wäre fast die Große Koalition zerbrochen. Jetzt gibt es nur wenige Fälle. War es das wert?

Gegenfrage: Was spricht dagegen, an unserer Grenze Menschen zurückzuwe­isen, die schon bei uns waren und ein Einreiseve­rbot haben? Das sollte eigentlich unzweifelh­aft sein. Ebenso unzweifelh­aft sollte sein, dass niemand bei uns einreisen kann, der schon in einem anderen EULand einen Asylantrag gestellt hat. Nur um diese beiden Personengr­uppen ging es. Wenn man ein Wiedereinr­eiseverbot dann auch durchsetzt, machen sich natürlich viele erst gar nicht auf den Weg, um wieder einzureise­n. Dieser Punkt war einer von 63 Punkten meines Masterplan­s Migration. Es war die Behauptung einiger Medien, wir hätten die Koalitions­gemeinscha­ft aufs Spiel gesetzt. Wir haben als CSU vielmehr für eine Sache gekämpft, von der wir überzeugt waren, und haben zum Teil recht bekommen. Alles andere, was uns vorgeworfe­n wurde, ist einfach nicht richtig.

Sie geben am 19. Januar den CSUVorsitz ab. Vor zehn Jahren sind Sie angetreten als Retter, haben die Partei wieder zur absoluten Mehrheit zurückgefü­hrt. Nun steckt die CSU wieder in einer Krise, und Sie gehen nicht ganz freiwillig. Was haben Sie falsch gemacht?

Ich bin tatsächlic­h der letzte Politiker in Deutschlan­d, der bei einer Landtagswa­hl eine absolute Mehrheit geholt hat. Nach 2013 gab es niemanden mehr, der das geschafft hat. Die CSU ist auch heute eine bärenstark­e Partei, keine andere Partei kommt auf ein solches Niveau. Sie ist nicht mehr ganz so stark wie früher, weil 2008 die Freien Wähler und jetzt auch noch die AfD in den bayerische­n Landtag eingezogen sind. Aber wir sind weiter einzigarti­g. Ich mache jetzt den Weg frei für eine Erneuerung an der CSU-Spitze, weil ich das Amt mehr als zehn Jahre ausgeübt habe. Zudem habe ich ein Lebensalte­r erreicht, in dem ich keinen neuen Karrierepl­an habe.

Sie sind zum Rückzug gedrängt worden?

Wenn ich nicht aus innerer Überzeugun­g bereit wäre, mein Amt zur Verfügung zu stellen, würde mich auch niemand zwingen können. Meine Entscheidu­ng entspricht dem Wunsch vieler in unserer Partei. Warum sollte ich wegen weniger Monate einen großen Streit entfachen?

Welche Lehren müssen CDU und CSU nach den schwachen Wahlergebn­issen ziehen?

Wir leben in einer sehr aufgewühlt­en Welt mit vielen Brennpunkt­en, großen Herausford­erungen und Verlustäng­sten bei den Menschen. Wir müssen mehr auf die Menschen hören und vor allem Politik für die kleinen Leute machen. Die CSU muss sich wieder mehr um ökologisch­e Fragen kümmern, beim Thema Umwelt- und Naturschut­z das Profil schärfen.

Sie trauen der neuen CDU-Vorsitzend­en zu, die CDU wieder auf 40 Prozent zu bringen. Was hat Annegret Kramp-Karrenbaue­r, was Frau Merkel nicht hatte?

Bei der vorletzten Bundestags­wahl lag die Union mit Angela Merkel deutlich über 40 Prozent. Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat im Saarland unter schwierigs­ten Bedingunge­n eine Landtagswa­hl klar gewonnen. Sie verfügt über eine sehr breite inhaltlich­e Positionie­rung. Sie ist nah an den Menschen und kennt ihre Lebensreal­itäten. Sie wird die Union wieder an die 40 Prozent heranführe­n.

Angela Merkel hat den CDU-Vorsitz abgegeben. Bleibt Sie bis zum Ende der Wahlperiod­e Kanzlerin und Sie Bundesinne­nminister?

Seien wir doch froh, dass wir die Kanzlerin stellen. Wir werden Angela Merkel noch vermissen. Es gibt nicht viele Menschen, die solche Fähigkeite­n haben wie sie. Nur weil wir mal alle paar Jahre eine kontrovers­e Diskussion zu einem hochwichti­gen Thema haben, heißt das nicht, dass man nicht gut zusammenar­beiten kann. Nehmen Sie nur den Kandidaten­wettbewerb der CDU. Dass unsere Schwesterp­artei drei Kandidaten für den Vorsitz hatte und intensiv über Inhalte diskutiert hat, hat ihr doch nicht geschadet. Alle drei hätten übrigens das Zeug zum Parteivors­itz gehabt. Und ihnen ist es gelungen, sich einen fairen Wahlkampf zu liefern.

Braucht die Union in Zukunft Friedrich Merz?

Einen wie Friedrich Merz können wir in der Union immer brauchen. Er wäre eine wichtige Verstärkun­g. Wie sich jemand für seine politische Familie engagiert, ist allerdings noch immer jedermanns freie Entscheidu­ng. Aber man sollte nicht nur anlaufen, sondern auch springen. Merz hat seine Bereitscha­ft erklärt, weiter mitzuhelfe­n. Da sollten wir ihn beim Wort nehmen. Er war genauso ein fairer Verlierer wie Jens Spahn.

 ?? FOTO: MARCO URBAN ?? Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) plant, die rechtliche­n Grundlagen für Abschiebun­gen „nochmals zu verschärfe­n“.
FOTO: MARCO URBAN Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) plant, die rechtliche­n Grundlagen für Abschiebun­gen „nochmals zu verschärfe­n“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany