Schweitzer: „Britische Orientierungslosigkeit“
Deutsche Wirtschaft spricht sich gegen Nachverhandlungen beim Brexit-Vertrag aus
BERLIN/MÜNCHEN (dpa) - Die deutsche Industrie hat sich deutlich gegen Nachverhandlungen über den Brexit-Vertrag ausgesprochen. „Das Austrittsabkommen sollte nicht mehr aufgeschnürt werden“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundes der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang, am Dienstag in Berlin.
Lang betonte, Austrittsabkommen und politische Erklärung würden eine „solide Basis“bilden, um in Zukunft ein geregeltes Verhältnis zwischen EU und Vereinigtem Königreich zu ermöglichen. Aus Sicht der Wirtschaft ist ein Verbleib des Vereinigten Königreiches in Binnenmarkt und Zollunion die beste Lösung.“
Dagegen vertritt das ifo Institut eine andere Position: Es fordert Nachverhandlungen. „Dies muss geschehen, um zu verhindern, dass der Deal durchfällt. Er muss auch für das Vereinigte Königreich annehmbar sein“, sagte der ifo-Außenhandelsexperte Gabriel Felbermayr in München. „Insofern stimmt die Aussage der EU-Kommission nicht, dass der gegenwärtige Stand der beste Deal und der einzig mögliche Deal sei.“Ein „harter Brexit“wäre für beide Seiten mit erheblichen Kosten verbunden, auch wenn Großbritannien und Nordirland wirtschaftlich stärker verlieren als die anderen 27 EUMitglieder. Es sei aus deutscher und europäischer Sicht geboten, Großbritannien ein politisches Mitspracherecht in der gemeinsamen Handelspolitik anzubieten.
Kritik an Verschiebung
DIHK-Präsident Eric Schweitzer sagte: „Mit dem erneuten Verschieben notwendiger Entscheidungen haben die Briten ein No-Deal-Szenario wahrscheinlicher gemacht. Die deutschen Unternehmen tun gut daran, sich konkret auf den ungeregelten Ausstieg Großbritanniens einzustellen.“Das Austrittsabkommen und dessen Umsetzung hätte mehr Planungssicherheit für die Wirtschaft gegeben: „Jetzt stehen die Unternehmen auf beiden Seiten des Ärmelkanals vor dem Scherbenhaufen britischer Orientierungslosigkeit“, so Schweitzer.
Der BDI forderte die Europäische Kommission auf, ihre Notfallpläne so schnell wie möglich vorzulegen. „Dazu gehören einseitige Regelungen, um die chaotischsten Folgen abzuwenden, beispielsweise im Luftverkehr“, sagte Lang. „Brüssel darf keine weitere Zeit verlieren, denn Pläne lassen sich nicht über Nacht umsetzen.“