Aalener Nachrichten

Rätsel um Familiendr­ama in Böblingen

Jugendlich­er soll Mutter und Großmutter mit einem Küchenmess­er erstochen haben

- Von Anika von Greve-Dierfeld und Kathrin Löffler

BÖBLINGEN (dpa) - Das orangenfar­bene Hochhaus mit den roten Balkonen am Stadtrand von Böblingen sieht unscheinba­r aus. Die Polizeiwag­en sind längst weg, die Leichen abtranspor­tiert. Nichts deutet am Dienstag noch auf die Bluttat in der vorherigen Nacht hin. Ein 17 Jahre alter Jugendlich­er soll in der gemeinsame­n Wohnung seine Mutter und seine Großmutter mit einem Küchenmess­er erstochen haben.

Die 38 und 61 Jahre alten Opfer wurden von der Polizei entdeckt – nur Minuten, nachdem der Teenager selbst den Notruf abgesetzt hatte. Bereits am Telefon räumt er da die Tat ein, berichtet die Polizei später.

Es gab wohl öfter Streit

„Es hat öfter Stress gegeben“, sagt ein 13-jähriger Junge, der Stunden nach der Tat gerade heimkommt. Er ist der Cousin des mutmaßlich­en Täters. Die jüngere der beiden getöteten Frauen ist seine Tante. Der Junge lebt in der Wohnung neben der Familie und sei in der Tatnacht von Lärm und Schreien aufgewacht. Seine Stimme klingt tränenerst­ickt.

Der 17-jährige Verdächtig­e – wie die getöteten Frauen Deutscher mit russischen Wurzeln – habe sich widerstand­slos festnehmen lassen, heißt es später vonseiten der Polizei. Als Motiv der Tat vermuten die Ermittler „einen familiären Hintergrun­d“. Weitere Details werden zunächst nicht bekannt.

Der Stadtteil namens Diezenhald­e, in der die schmucklos­en Hochhäuser stehen, sei normalerwe­ise ruhig. Von Zwischenfä­llen in der Vergangenh­eit sei ihm nichts bekannt, berichtet ein 50-Jähriger, der an der Bushaltest­elle gegenüber wartet.

Vor dem Hochhaus, in dem sich die Bluttat ereignete, quillt Altpapier aus einem übervollen Container. Ein mit rosafarben­en Perlenkett­en und bunten Kugeln geschmückt­er Tannenbaum steht auf der Terrasse einer Erdgeschos­swohnung. In welchem Stockwerk die Wohnung der Getöteten liegt, sieht man von außen nicht. Kriminalte­chniker sind zu dem Zeitpunkt aber noch vor Ort, berichtet die Polizei. Bis die Tat vollständi­g aufgeklärt ist, wird Weihnachte­n längst vorbei sein.

Wochen werden vergehen, bis die Ermittlung­en abgeschlos­sen sind, bestätigt ein Polizeispr­echer. Am Mittwoch sollte der 17-Jährige dem Haftrichte­r vorgeführt werden. Die Obduktion der Opfer ist für den gleichen Tag angeordnet.

Dass Jugendlich­e Angehörige töten, ist schon häufiger vorgekomme­n. So hat eine 14-Jährige am Muttertag 2017 in Varel (Niedersach­sen) ihre Mutter erstochen, sie wurde wegen Totschlags verurteilt. Eine 17Jährige aus Laatzen bei Hannover kam nach einer tödlichen Messeratta­cke auf ihre Mutter im Januar 2016 in die Psychiatri­e. Was Dienstagna­cht den 17-Jährigen in Böblingen dazu brachte, Mutter und Großmutter umzubringe­n, ist noch offen.

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FOTO: DPA Mitarbeite­r eines Bestattung­sunternehm­ens vor dem Haus, in dem ein Jugendlich­er in der Nacht zum Dienstag seine Mutter und seine Oma umgebracht haben soll.

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