Rätsel um Familiendrama in Böblingen
Jugendlicher soll Mutter und Großmutter mit einem Küchenmesser erstochen haben
BÖBLINGEN (dpa) - Das orangenfarbene Hochhaus mit den roten Balkonen am Stadtrand von Böblingen sieht unscheinbar aus. Die Polizeiwagen sind längst weg, die Leichen abtransportiert. Nichts deutet am Dienstag noch auf die Bluttat in der vorherigen Nacht hin. Ein 17 Jahre alter Jugendlicher soll in der gemeinsamen Wohnung seine Mutter und seine Großmutter mit einem Küchenmesser erstochen haben.
Die 38 und 61 Jahre alten Opfer wurden von der Polizei entdeckt – nur Minuten, nachdem der Teenager selbst den Notruf abgesetzt hatte. Bereits am Telefon räumt er da die Tat ein, berichtet die Polizei später.
Es gab wohl öfter Streit
„Es hat öfter Stress gegeben“, sagt ein 13-jähriger Junge, der Stunden nach der Tat gerade heimkommt. Er ist der Cousin des mutmaßlichen Täters. Die jüngere der beiden getöteten Frauen ist seine Tante. Der Junge lebt in der Wohnung neben der Familie und sei in der Tatnacht von Lärm und Schreien aufgewacht. Seine Stimme klingt tränenerstickt.
Der 17-jährige Verdächtige – wie die getöteten Frauen Deutscher mit russischen Wurzeln – habe sich widerstandslos festnehmen lassen, heißt es später vonseiten der Polizei. Als Motiv der Tat vermuten die Ermittler „einen familiären Hintergrund“. Weitere Details werden zunächst nicht bekannt.
Der Stadtteil namens Diezenhalde, in der die schmucklosen Hochhäuser stehen, sei normalerweise ruhig. Von Zwischenfällen in der Vergangenheit sei ihm nichts bekannt, berichtet ein 50-Jähriger, der an der Bushaltestelle gegenüber wartet.
Vor dem Hochhaus, in dem sich die Bluttat ereignete, quillt Altpapier aus einem übervollen Container. Ein mit rosafarbenen Perlenketten und bunten Kugeln geschmückter Tannenbaum steht auf der Terrasse einer Erdgeschosswohnung. In welchem Stockwerk die Wohnung der Getöteten liegt, sieht man von außen nicht. Kriminaltechniker sind zu dem Zeitpunkt aber noch vor Ort, berichtet die Polizei. Bis die Tat vollständig aufgeklärt ist, wird Weihnachten längst vorbei sein.
Wochen werden vergehen, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind, bestätigt ein Polizeisprecher. Am Mittwoch sollte der 17-Jährige dem Haftrichter vorgeführt werden. Die Obduktion der Opfer ist für den gleichen Tag angeordnet.
Dass Jugendliche Angehörige töten, ist schon häufiger vorgekommen. So hat eine 14-Jährige am Muttertag 2017 in Varel (Niedersachsen) ihre Mutter erstochen, sie wurde wegen Totschlags verurteilt. Eine 17Jährige aus Laatzen bei Hannover kam nach einer tödlichen Messerattacke auf ihre Mutter im Januar 2016 in die Psychiatrie. Was Dienstagnacht den 17-Jährigen in Böblingen dazu brachte, Mutter und Großmutter umzubringen, ist noch offen.