Bayerische Wahrnehmungskorrektur
Um was es für den FC Bayern im letzten Gruppenspiel bei Ajax Amsterdam geht
AMSTERDAM - Der Pilot war zu Scherzen aufgelegt. „Neben dem ersten und dem zweiten Kapitän haben wir heute ausnahmsweise auch einen dritten Kapitän an Bord: Manuel Neuer.“Flug LH2570 mit Manuel Neuer und den anderen Spielern des FC Bayern München landete kurz vor 12 Uhr in Amsterdam.
Weil Bayern beim Hinspiel in München mit dem 1:1 das einzige Spiel der Champions-League-Vorrunde nicht gewinnen konnte und Ajax nur zwei Punkte dahinter lauert, würde der Rekordmeister bei einer Niederlage heute (21 Uhr/Sky) von Tabellenplatz eins rutschen.
Verliert das bereits qualifizierte Bayern die Pole Position, drohen bereits im Achtelfinale Kaliber wie Titelverteidiger Real Madrid, FC Barcelona und wohl auch Manchester City, drei der Top-Favoriten auf die Champions League.
Warum die Partie in Amsterdam für die Bayern noch wichtig ist:
Für den Flow:
Nach dem 3:3Schock gegen Düsseldorf, der in einem Ultimatum von Präsident Uli Hoeneß an Trainer Niko Kovac mündete, konnten die Bayern dreimal gewinnen, die Krise scheint überwunden. Eine neuerliche Pleite jedoch würde alle(s) zurückwerfen, wäre ein echter Stimmungskiller vor den wichtigen Bundesligaduellen mit RB Leipzig (19.12.) und Eintracht Frankfurt (22.12.), beide Konkurrenten um die Champions-League-Ränge. „Der Rhythmus ist da, die Jungs sind im Flow“, hatte Trainer Niko Kovac gesagt. Daher wird er auch zum dritten Mal hintereinander dieselbe Startelf aufbieten. Arjen Robben musste wegen Oberschenkelproblemen die Reise in sein Heimatland stornieren.
Für Salihamidzic’ Image:
Beim Sportdirektor herrscht eine Kluft zwischen Selbst- und Außenwahrnehmung – meint Hasan Salihamidzic. Also scheint er sich in Rekordzeit ein schärferes Profil geben zu wollen. Erstmals sprach er gestern statt Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vor dem Abflug zu einem Champions-League-Auswärtsspiel zu den Reportern. „Ich will ihn in diese Rolle gar nicht reindrängen, aber ich habe entschieden, dass er das in Zukunft machen soll (die Runde am Airport, d.Red.). Ganz einfach, weil ich der Meinung bin, dass er sich ein Stück weit profilieren soll und muss“, sagte Rummenigge dazu.
Und Salihamidzic gab seinen Einstand direkt mit einer Kernbotschaft: Auch die Zeit von Franck Ribéry beim FC Bayern wird zu Ende gehen. „Es ist ein Jahr der Veränderungen. Aber ich freue mich, dass Franck noch so gut spielt aktuell. Er ist einer von unseren Leistungsträgern“, sagte Salihamidzic, der seine jüngsten Aussagen über seine Arbeit verteidigte. Er habe ein Bewusstsein dafür wecken wollen, „dass die Leistung eines Managers nicht nur nach der Anzahl der Worte, die er nach außen sagt, bemessen werden soll. Sondern daran, wie er nach innen arbeitet“, sagte Salihamidzic. Im Interview mit der „Welt am Sonntag“hatte er zuletzt gesagt: „In meiner bisherigen Arbeit habe ich wahrscheinlich mehr bewegt als meine Vorgänger in ihrer gesamten Amtszeit beim FC Bayern.“Dies wollte er aber nicht als Kritik an seinen Vorgängern verstanden wissen. „Ich wollte auf gar keinen Fall jemanden persönlich angreifen. Das ist nicht meine Absicht gewesen, weil ich sie sehr schätze.“
Fürs liebe Geld:
Für jeden Dreier in der Vorrunde schüttet die UEFA eine Prämie von 2,7 Millionen Euro aus, für ein Remis 900 000 Euro. Damit kann man schon mal ein Monatsgehalt eines Stars finanzieren. Der Gruppensieg bringt kein Extrageld.
Für de Jong:
Die Bayern bemühen sich um den 21-jährigen Ajax-Mittelfeldspieler Frenkie de Jong. Der hat das Interesse beinahe aller europäischen Topclubs auf sich gezogen. Vor allem Paris Saint-Germain und der FC Barcelona scheinen gegenüber den Bayern die Nase im Werben um de Jong vorn zu haben. „Die Chance, dass er wechselt, beträgt 95 Prozent“, sagte sein Vater John, „und Barca wäre die beste Entscheidung.“Das letzte Wort ist aber nicht gesprochen. Und vielleicht überzeugen ja die aktuellen Bayern die de Jongs in Amsterdam in diesem Spiel von den Qualitäten des Rekordmeisters.