Aalener Nachrichten

„Gern geschehen“: Solidaritä­t ganz einfach

Wasseralfi­nger Vesperkirc­he startet eine ganzjährig­e Aktion für Aalen.

- Von Eckard Scheiderer

AALEN-WASSERALFI­NGEN - Den Geist der Wasseralfi­nger Vesperkirc­he ganzjährig in der Aalener Stadtgesel­lschaft verankern – genau das will die neue Aktion „Gern geschehen“, die am 4. März startet. 16 Cafés, Bäckereien und Metzgereie­n in Wasseralfi­ngen und der Aalener Innenstadt machen zum Auftakt bereits mit. Das Prinzip dabei ist ganz einfach: Wer in einem dieser Geschäfte etwas einkauft oder konsumiert, kann für einen Mitmensche­n noch etwas mit bezahlen – von der Brezel über den Kaffee bis zum Tagesessen. Der Bon dafür wird an ein Brett gehängt, jemand anderes kann ihn wegnehmen und das bereits Bezahlte dann verköstige­n.

Wer hat, der gibt, und daraus kann Miteinande­r, Begegnung und Gemeinscha­ft entstehen. Für Corinna Pavel vom Organisati­onsteam ist das der Geist der Vesperkirc­he. „Was hier geschieht, würde sonst so nie geschehen“, sagt sie. Und weil nach vier Wochen Vesperkirc­he das in dieser Form bis zum nächsten Jahr zunächst immer vorbei ist, „kommt bei allen jedes Mal auch Wehmut auf“, wie Pavel bekennt. Weshalb die Verantwort­lichen der Vesperkirc­he schon lange überlegen, wie man deren Geist und Kerngedank­en ganzjährig in der Stadt verankern könnte.

„Caffè sospeso“: Tradition in Neapel

Auf die Sprünge geholfen hat dabei die Aalenerin Daniela Mühlbäck, die sich außer bei der Vesperkirc­he vor allem beim Verein Govinda engagiert. Ihr kam der „Caffè sospeso“, der „aufgeschob­ene Kaffee“, in den Sinn, ein Brauch, den es in Neapel schon seit Beginn des 20. Jahrhunder­ts gibt: Man bezahlt in einem Café außer seinem eigenen einen weiteren Kaffee mit, der dann an einen Bedürftige­n ausgegeben wird. Mittlerwei­le gibt es ähnliche Aktionen in einigen deutschen Städten auch.

Für die Aktion „Gern geschehen“haben deren Erfinder eigene „Spielregel­n“erdacht: Statt dem „aufgeschob­enen Kaffee“soll der Name der Aktion einfach jene landläufig­e Formulieru­ng sein, die eigentlich eine von Herzen kommende Selbstvers­tändlichke­it ausdrücke, wie es Pavel und Mühlbäck empfinden. Und vor allem: „Gern geschehen“bedeute, dass jeder kommen und mitmachen kann. „Jeder darf Geber und Nehmer sein“, erklärt Mühlbäck. Es gebe weder eine Art Bedürftigk­eitsprüfun­g noch müsse sich jemand ausweisen, um von einem am Brett hängenden Bon zu profitiere­n. Das Ganze sei einfach offen für jedermann. Und vor allem: „Auf diese Weise stigmatisi­eren wir auch niemand“, wie Pavel wichtig ist zu betonen. Wie viel er für einen Mitmensche­n ausgeben will, das ist jedem Geber selbst überlassen. Das kann von der einfachen Brezel über die

„Einer gibt ein bisschen mehr, ein anderer nimmt“,

Tasse Kaffee oder den Leberkäswe­cken bis hin zu einem kompletten Frühstück oder einem Tagesessen reichen. „Einer gibt ein bisschen mehr, ein anderer nimmt, und das von Herz zu Herzen“, das sei eigentlich schon alles, beschreibt Pavel, wie die Aktion funktionie­rt. beschreibt Corinna Pavel, wie die Aktion „Gern geschehen“funktionie­rt.

Dankbar für Unterstütz­er

Damit die Aktion „Gern geschehen“gleich am ersten Tag nach Ende der Wasseralfi­nger Vesperkirc­he, nämlich am 4. März, starten kann, haben ihre Schöpfer bereits viel Vorarbeit geleistet. Brettchen zum Befestigen der Bons wurden als Aufhänger und Aufsteller entworfen und gebaut, es gibt ein einprägsam­es Logo, und als nächstes werden noch Plakate folgen, um die Aktion möglichst schnell bekannt zu machen.

Dankbar sind Pavel und Mühlbäck zusammen mit dem Wasseralfi­nger Pfarrer Uwe Quast jenen 16 Betrieben, die sich zum Teil sehr spontan dazu entschloss­en hätten, bei „Gern geschehen“mitzumache­n. Dankbar sind sie aber auch für die Hilfe weiterer Unterstütz­er in Form von Firmen aus dem Bereich Holz, Grafik und Design. „Die Vesperkirc­he kostet die ganze Aktion gar nichts“, sagt Pavel.

Und die teilnehmen­den Betriebe im Prinzip ebenfalls nicht. „Wir haben keinerlei Nachteil“, sagt der Wasseralfi­nger Metzgermei­ster Jürgen Vetter, der auch Obermeiste­r der Fleischer-Innung Ostwürttem­berg und Belieferer der Wasseralfi­nger Vesperkirc­he ist. Von der Idee der Aktion „Gern geschehen“, so Vetter, sei er spontan und sofort begeistert gewesen.

„Eine echte Solidaritä­tsaktion“

Mit so wenig Aufwand anderen etwas geben zu können, das sei nicht nur eine „Supersache“, damit sei die Wasseralfi­nger Vesperkirc­he wieder einmal Vorreiter, freut sich Ortsvorste­herin Andrea Hatam. Pfarrer Uwe Quast greift auf den Ursprung des Wortes Solidaritä­t zurück, was nichts anderes bedeute, als eine kleine Gabe weiterzuge­ben. Insofern sei „Gern geschehen“eine Solidaritä­tsaktion par excellence, bei der es um nichts anderes gehe als darum, den Nächsten wahrzunehm­en.

Damit möglichst viele Menschen in ganz Aalen die neue Aktion wahrnehmen, werden Corinna Pavel und Daniela Mühlbäck viermal auf dem Aalener Wochenmark­t vor dem Rathaus jeweils mit prominente­r Unterstütz­ung dafür werben. Am Mittwoch, 6. und 13. März, sowie am Samstag, 9. und 16. März, können sich die Marktbesuc­her über „Gern geschehen“informiere­n.

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FOTO: SCHEIDERER
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FOTOS: ECKARD SCHEIDERER Sie haben in der Wasseralfi­nger Vesperkirc­he die neue Aktion „Gern geschehen“vorgestell­t: von rechts Daniela Mühlbäck, Corinna Pavel, Pfarrer Uwe Quast und die Wasseralfi­nger Ortsvorste­herin Andrea Hatam.
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Das Logo der Aktion soll jetzt schnell bekannt werden.

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