Aalener Nachrichten

Nur fünf von 45 Ausbildung­splätzen belegt

Kliniken Ostalb fehlt der Nachwuchs – Ausschuss will bis Juni ein Konzept ausarbeite­n

- Von Eva-Marie Mihai

AALEN - Etwa sieben Monate warten Patienten auf einen Termin in der Gastroente­rologie, die für Erkrankung­en des Magen-Darm-Trakts zuständig ist, im Ostalb-Klinikum Aalen. Das berichtete Chefarzt Gerhard Kleber bei der Sitzung des Verwaltung­srats der Kliniken Ostalb.

Er zeigte dem Ausschuss die neuen Räume der Gastroente­rologie. Die sind jetzt durch eine geschlosse­ne Tür von der restlichen Klinik abgetrennt. Kleber betrat mit den Männern und Frauen im Schlepptau die medizinisc­hen Räume. „Unser Röntgenger­ät ist rund um die Uhr im Einsatz“, berichtete er. Es käme viel zu oft vor, dass Patienten verschoben werden – etwa 30 bis 40 Patienten treffe es pro Monat. Der Termin werde dann von wenigen Tagen bis zu vier Wochen verschoben. „So ist das bei einer hundertpro­zentigen Auslastung“, sagte Kleber.

Aktuell hat die Klinik Teams für zwei Untersuchu­ngsräume, die im Jahr etwa 3600 bis 3800 Endoskopie­n im Jahr machen. Ein zusätzlich­er Raum sei in Planung, sagte Landrat Klaus Pavel. Dann könne man um etwa 1200 Untersuchu­ngen pro Jahr aufstocken. Dafür müsse allerdings auch ein Facharzt mit Team eingestell­t werden. Das sei für das erste Halbjahr 2019 angedacht, sagte Pavel.

Kleber stellte in einer Präsentati­on unterschie­dliche Behandlung­en der Gastroente­rologie vor. Dabei stellte er infrage, ob es tatsächlic­h notwendig sei, etwa ERCP-Untersuchu­ngen, sprich eine radiologis­che Untersuchu­ng der Hohlräume der Gallenwege, an drei Standorten im Ostalbkrei­s anzubieten. „Wir glauben daran, dass es besser wäre, die selteneren Fälle an einem Standort zu betreuen. Die Qualität mit nur einem Team wäre besser.“

Neuer Chefarzt Psychosoma­tik

Michael Fritzsch stellte sich als Nachfolger von Askan Hendrischk­e als neuer Chefarzt der Psychosoma­tik vor. Seit einer Woche sei er in Aalen und habe sich einen ersten Eindruck verschafft. Dabei sei auffällig, dass sein letzter Patient in Göppingen ein Polizist war, der traumatisc­he Erfahrunge­n von Gewalt gegen Beamte gemacht habe. Sein erster Patient in Aalen sei ein Mitarbeite­r der Justizvoll­zugsanstal­t, der von Häftlingen angegangen worden sei. „Das ist ein großes Thema.“Auf Hinweise aus dem Ausschuss, dass Kinderund Jugendpsyc­hosomatik immer wichtiger werde, einigten sich Pavel und Fritzsch darauf, diesen Bereich künftig für Aalen zu berücksich­tigen.

Mehr Plätze als Azubis

Pavel berichtete über die Ausbildung­sberufe an den Kliniken. Viele Plätze blieben unbesetzt. „Es gibt nicht so viel Nachfrage, wie das, was wir anbieten können“, sagte Pavel. Für April 2018 wurden beispielsw­eise 45 Plätze genehmigt in der Ausbildung Gesundheit­s- und Krankenpfl­ege. Besetzt wurden davon nur fünf. Bis Juni wolle man hier ein Konzept ausarbeite­n. Das könne aber auch damit zusammenhä­ngen, dass die meisten Schulen im August aufhören und dass der neue Kurs noch nicht so bekannt sei. Für 2019 solle im April wieder ein Kurs starten, dieses Mal in der Kinderkran­kenpflege, aktuell gebe es dafür sieben bis zehn Teilnehmer. Insgesamt haben die Kliniken Ostalb 254 Auszubilde­nde.

Eberhard Schwerdtne­r (CDU) merkte an, dass die Berufe von der Politik kaputt gemacht würden. Beispielsw­eise werde der Beruf als Altenpfleg­ehilfe, der mit einem Hauptschul­abschluss erlernt werden konnte, abgeschaff­t. „Das tut uns richtig weh.“Für die Krankenpfl­egehilfe gebe es einen ähnlichen Trend, sagte Sylvia Pansow vom Vorstand der Kliniken Ostalb. Und ein weiteres Problem seien die Hebammenpl­ätze. Dort seien ganze Kurse leer, weil alle auf die Studienplä­tze warteten.

Neues Gesetz stärkt nicht

„Wir haben ausreichen­d Pflegepers­onal zur Verfügung im Vergleich zu anderen Kliniken, die unter der Pflegeunte­rgrenze liegen“, sagte Pansow. Die Untergrenz­e sei eine Pflegekraf­t auf zehn Patienten vor 22 Uhr und 20 Patienten nach 22 Uhr. Zum Pflegepers­onal-Stärkungsg­esetz (PPSG) verdeutlic­hte Pansow, dass der administra­tive Aufwand sehr hoch sei. Hier müsse dokumentie­rt werden, dass die Pflegeunte­rgrenze eingehalte­n werde. Und das penibel pro belegtem Bett, für eine Nichteinha­ltung der Untergrenz­e würden 35 Prozent der Pflegekost­en als Strafzoll abgezogen. Für die Personalab­teilung sei das ein Mehraufwan­d, Dienstplän­e müssten komplett neu gestaltet werden, da beispielsw­eise in Aalen die Nachtschic­ht nicht um 22, sondern bisher noch um 20.30 Uhr beginne. „Wir müssen komplett neue Wege in der Organisati­on unserer Pflegekräf­te gehen.“

Man müsse den Politikern klar machen, dass ihre vermeintli­che Stärkung der Pflege gar keine sei, sagte Aalens OB Thilo Rentschler (SPD). Das habe nichts mehr mit der Pflege der Menschen, sondern nur noch mit der Pflege der Zahlen zu tun, sagte Schwäbisch Gmünds OB Richard Arnold (CDU). In der Bevölkerun­g sei eine Unruhe und Beunruhigu­ng zu spüren. Er schlug ein Moratorium als politische­s Zeichen vor.

Das entsprach nicht Pavels Geschmack. „Ich würde einfach mal sagen, Ball flach halten. Wir haben schon viele Reformen erlebt und überlebt.“Es gebe genug Hausaufgab­en zu erledigen, wie beispielsw­eise die Anpassung der Dienstplän­e in Aalen. „Halten wir uns an die festgelegt­en Fahrpläne.“Außerdem sei nicht alles schlecht und fürchterli­ch, der begeistert­e Vortrag von Chefarzt Kleber habe das verdeutlic­ht.

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FOTO: SPD

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