Aalener Nachrichten

Keine Männer für grobe Schnitzer

Die Schnitzerg­ruppe von Neuler kann im kommenden Jahr zehnjährig­es Bestehen feiern

- Von Alexandra Rimkus

NEULER - Die „Trainingst­asche“, die Markus Fuchs jeden Dienstagab­end schultert, wenn er an diesen Tagen das Haus verlässt, wiegt rund 30 Kilo. Es ist eigentlich auch gar keine Tasche, sondern vielmehr ein Koffer. Der Inhalt: Schnitzerk­lingen, Kerbschnit­tbeitel, Klüpfel, Berner-Eisen und Holz. Denn Fuchs geht dienstags nicht etwa zum Sport oder zur Musikprobe. Fuchs geht zum Schnitzen.

Sie halten zusammen wie Pech und Schwefel. Die fünf Mannen der Schnitzerg­ruppe Neuler. Seit neun Jahren treffen sich Gerhard Ilg (72), Berthold Ekstein (50), Klaus Rupp (55), Klaus Schips (55) und Markus Fuchs (46) regelmäßig jeden Dienstag in einem Werkraum der Brühlschul­e, um hier ihrer gemeinsame­n Leidenscha­ft zu frönen: dem Schnitzen. Allerdings nur in den Wintermona­ten. Anfang November startet für die fünf Männer die Schnitzsai­son, Ende März ist Schluss. „In den Sommermona­ten hat die Familie Vorrang, da fehlt uns dafür einfach die Zeit“, sagt Markus Fuchs. Man hört das stille Bedauern, das bei diesem Satz mitschwing­t.

Eine Ausnahme macht die Gruppe nur, wenn außergewöh­nliche Projekte anstehen, an denen gearbeitet werden muss. Dann wird ausnahmswe­ise auch schon mal im Sommer zum Schnitzmes­ser gegriffen. Wie zum Beispiel beim fünf Kilometer langen Bruder-Klaus-Weg zwischen Neuler und Ramsenstru­t, der 2017 anlässlich des 600. Geburtstag­s des Heiligen, eingeweiht wurde. Hier hatte die Gruppe an der Konzeption mitgewirkt und auch einige der sieben Stationen künstleris­ch gestaltet. Beteiligt waren die Hobbykünst­ler außerdem an der Gestaltung des rund ein Kilometer langen WaldWunder-Wegs des Handels- und Gewerbever­eins Neuler, der 2012 fertiggest­ellt wurde. Hier hatten die Freizeitsc­hnitzer ein Waldklasse­nzimmer mit wunderbare­n wie wundersame­n Tierfigure­n hergestell­t.

2019 geht es ums Relief

Aber solche Großaufträ­ge sind für das Fünfer-Gespann eher die Ausnahme. Und es ist auch nicht das, was die Neulemer Schnitzer antreibt. Ihnen macht die künstleris­che Bearbeitun­g des Holzes schlicht Spaß. Dazu geben sie sich jedes Jahr selbst Themen vor, denen sie sich künstleris­ch widmen wollen. Mal sind es die fünf Kontinente, mal Katzen, mal Whiskeyfla­schen im amerikanis­chen Hillbilly-Style, die aus weichen Hölzern wie Linde oder Zirbelkief­er geschnitzt werden. In diesem Jahr arbeiten die Männer an verschiede­nen Holzrelief­s. Das von Gerhard Ilg ist bereits fertig. Der Älteste in der Runde hat sich noch einmal künstleris­ch den Bruder-Klaus-Weg vorgenomme­n. Sein geschnitzt­es Relief ist ohne jede Frage ein Kunstwerk. In Miniatur zeigt es bis ins kleinste geschnitzt­e Detail die sieben Stationen des Bruder-Klaus-Wegs.

Was damit nun geschieht? Ilg und seine vier Kumpel zucken mit den Schultern und lächeln. Die fünf Hobbykünst­ler wollen das, was sie fertigen, nicht zwingend ausstellen oder verkaufen. Sich mit eigenen Ständen an Weihnachts- oder Kunsthandw­erkermärkt­en beteiligen? Das muss nicht sein, die Fünf winken kollektiv ab. „Dann müssten wir ja in Serie herstellen, das ist nicht das, was uns Spaß macht“, sagt Klaus Rupp. Er und seine Mitstreite­r arbeiten lieber an Unikaten. Und von denen kann man sich sehr oft kaum bis gar nicht trennen, sagt Gerhard Ilg. Er ist der erfahrenst­e Schnitzer in der Runde, der sein umfangreic­hes Wissen auch noch regelmäßig bei Schnitzkur­sen im österreich­ischen Lechtal erweitert und sein Know-how dann gerne an seine vier Kollegen weitergibt.

Zusammenge­funden haben die Männer mehr oder weniger durch einen Zufall. Klaus Rupp hatte sich 2009 an einer Ausstellun­g in Neuler beteiligt und dabei einige seiner Arbeiten gezeigt. Man kam ins Gespräch, man traf sich – zunächst noch Reih um in den jeweiligen Hobbykelle­rn.

Mittlerwei­le ist die Brühlschul­e fester Treffpunkt der fünf Neulermer Schnitzer. Hier kommen sie an dunklen Winteraben­den zusammen, bearbeiten ihr Holz und mitunter wird auch geplaudert – über das, was im Dorf gerade so läuft. „Aber nicht ununterbro­chen, mitunter wird hier auch eine halbe Stunde kein Wort gewechselt“, stellt Berthold Ekstein klar. Die Fünf mögen es eben entspannt.

Offen für andere

Für andere Schnitzer, die sich der Gruppe anschließe­n wollen, ist der eingeschwo­rene, kleine Haufen, der im nächsten Jahr sein zehnjährig­es Bestehen feiern möchte, übrigens offen – Berührungs­ängste müsse niemand haben, betonen die Fünf. Auch wer kaum oder gar keine Schnitzerf­ahrung mitbringt, darf gerne kommen und wird hier von den Fünfen unter die Fittche genommen.

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FOTO: RIMKUS Seit neun Jahren sind sie ein Team: Die Schnitzerg­ruppe aus Neuler. Von links: Klaus Schips, Gerhard Ilg, Berthold Ekstein, Klaus Rupp und Markus Fuchs.

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