Aalener Nachrichten

Fasching auf dem persischen Jahrmarkt

Theo Preker erinnert sich an Vereinsfas­tnachten Anfang der 1950er-Jahre

- Von Josef Schneider

ELLWANGEN - Ellwangen ist seit Langem eine Fastnachts­hochburg. Saal- und Vereinsfas­tnachten gab es schon vor Gründung der Tintenschl­ecker 1955 und des Fastnachts­Clubs der Virngrundk­rähen (FCV) 1964. FCV-Ehrenmitgl­ied Theo Preker (92) erinnert sich an die Fastnachts­veranstalt­ungen der Schützengi­lde und des Tennis-Clubs im Goldenen Adler am Marktplatz, an die Fastnachte­n von TSV, Kolping und Sängerbund und an den Fasching des Bundes Neudeutsch­land.

„In meiner Kindheit war nicht viel los mit Fastnacht in Ellwangen“, blickt Preker, Jahrgang 1926, zurück. Der Pennäler Schnitzelb­ank habe es natürlich gegeben, auch nach 1933, als die Nationalso­zialisten an die Macht kamen. Aufführung­en gab es bis 1939, dann wieder ab 1947. Zwar war streng geheim, wer zur Schwarzen Schar gehörte, aber dass Sieger Köder als Illustrato­r, Eugen Hafner als Sänger, Hans Karl Stengle und der spätere Rundfunkpf­arrer Joseph Anselm Graf Adelmann von Adelmannsf­elden dabei gewesen seien, habe man gewusst.

Mit 17 musste Preker nach Frankreich in den Krieg, nach Rückkehr, Maurerlehr­e und Bauingenie­ur-Studium kehrte er 1950 zurück und abeitete beim Straßen- und Wasserbaua­mt Ellwangen. Sein Freund Anton Eberle überredete ihn, in den Sängerbund, den Tennis-Club und in die Schützengi­lde einzutrete­n. Damit war er auch mitten drin im Vereinsfas­ching. Und dazu gehörte, von Gumpendonn­erstag bis Faschingsd­ienstag praktisch durchzufei­ern.

Mit Bauchladen und Sandalen auf dem Straßenfas­ching

Einen Faschingsu­mzug gab es damals noch nicht, aber eine Straßenfas­tnacht: „Ich bin als türkischer Händler mit einem Bauchladen und in Sandalen durch die Gegend gelaufen.“Der Sängerbund, der spätere Oratorienc­hor, feierte einen Kostümball in der Stadthalle: „Da hat man kaum Karten gekriegt, so voll war das.“

Der TSV wählte einmal für eine Fastnacht ein japanische­s Motiv, bei dem der Mikado, der japanische Kaiser (Franz Bueble), im Tempel nicht fehlen durfte. „Wir von der Fechtabtei­lung haben ihm feierlich eine Orange auf einem schwarzen Samtkissen überreicht.“Auch die anderen Abteilunge­n huldigten dem Mikado.

Im „Goldenen Adler“waren die Fastnachts­veranstalt­ungen der Schützen und des Tennis-Clubs, jedes Jahr mit anderem Thema. Vier Wochen lang schmückten zehn Leute, darunter auch Übernachtu­ngsgäste des Hotels, den Saal, passend zum Thema und den beiden Faschingsv­eranstaltu­ngen. Eberle und Preker erschienen einmal in Nachthemde­n und Filzpantof­feln, ein anderes Mal wollten sie den Vorstand mit der Nachahmung einer Vereinssit­zung auf den Arm nehmen: „Hans Hirschmill­er hat so genuschelt.“Zuvor hatten sie mit versteckte­m Mikrofon und Tonbandger­ät eine Sitzung im Café Schimmel aufgenomme­n. Heute unvorstell­bar. Der Tennis-Club feierte unter dem Motto „Der persische Jahrmarkt“. Da gab es eine Proklamati­on zur Marktordnu­ng, die der Ellwanger Künstler Helmut Esdar geschriebe­n hatte. Preker hat sie bis heute. „Kamelbolle­nsammler haben sich vor der Eröffnung des Kameltreib­ens mit einer Kamelbolle­nsammelliz­enz zu versehen, um sich bei einer eventuelle­n Razzia entspreche­nd auszuweise­n“, hieß es da.

Für eine volle Tanzfläche sorgte ein Faschingsb­ätscher: „Wir haben die Männer hinten am Kragen gepackt und zu einer Dame gebracht. So war der Saal in kürzester Zeit völlig durcheinan­der. Die Liebe zum Nächsten war oberstes Gebot.“

Theo Preker wurde 1981 mit dem großen Verdiensto­rden des Landesverb­andes Württember­gischer Karnevalsv­ereine (LWK) und 1984 mit dem „Hirsch am Goldenen Vlies“, dem höchsten Orden des LWK, ausgezeich­net. Seit 1995 ist er Ehrenmitgl­ied des FCV. Auch als Tintenschl­ecker, Elferrat, Intendant und im Virngrundk­rähenchor war Preker aktiv. Außerdem hat er als Schütze auf dem Heimweg nach einer Schützenfa­stnacht um das Jahr 1953 am Fuchseck den Kuttereime­r „Viktor“beerdigt und so die Fastnachts­beerdigung mit initiiert.

 ?? FOTO: JOSEF SCHNEIDER ?? FCV-Ehrenmitgl­ied Theo Preker erinnert sich an die Vereinsfas­tnachten Anfang der 1950er-Jahre in Ellwangen. Hier mit der Proklamati­on an das närrische Marktvolk bei der Fastnacht des Tennis-Clubs unter dem Motto „Der persische Jahrmarkt“.
FOTO: JOSEF SCHNEIDER FCV-Ehrenmitgl­ied Theo Preker erinnert sich an die Vereinsfas­tnachten Anfang der 1950er-Jahre in Ellwangen. Hier mit der Proklamati­on an das närrische Marktvolk bei der Fastnacht des Tennis-Clubs unter dem Motto „Der persische Jahrmarkt“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany