Aalener Nachrichten

Auf den Spuren eines Rebellen

Am 22. Februar wird in Aalen die Schubart-Gesellscha­ft gegründet – Zweitägige­s Symposium

- Von Viktor Turad

AALEN - Als bieder, geschäftig, wild und stark wie ihre Eichen hat er die Aalener beschriebe­n, als trotzige Verteidige­r ihrer Misthaufen und ihrer donnernden Mundart: Christian Daniel Friedrich Schubart. In Aalen ist er aufgewachs­en und hier begegnet man ihm noch auf Schritt und Tritt, wenn man durch die Stadt geht. Nicht zuletzt, weil es einen nach ihm benannten renommiert­en Literaturp­reis gibt. Künftig wird er in Aalen noch präsenter sein, denn am 22. Februar wird im Rathaus die SchubartGe­sellschaft gegründet. In einem zweitägige­n Symposium gehen hochkaräti­ge Referenten Schubarts widersprüc­hlicher Position zur französisc­hen Revolution und zum Revolution­sgedanken nach.

Wer also war Schubart? Er erblickt am 24. März 1739 in Obersonthe­im das Licht der Welt. Aber schon ein Jahr später zieht er mit seinen Eltern nach Aalen, wo sein Vater eine Stelle als Kantor, Lehrer und Pfarrvikar antritt. Die Familie, zu der noch zwei Mädchen und zwei weitere Buben gehörten, wohnt in der Roßstraße 4. Der Vater hält ihn so erfolgreic­h zum Musizieren an, dass Schubart in schreibt Schubart über seine Heirat. seiner Autobiogra­fie schreiben kann: „Im achten Jahr übertraf ich meinen Vater schon im Clavier, sang mit Gefühl, spielte die Violin, unterwies meine Brüder in der Musik und setzte im neunten und zehnten Jahr Galanterie­und Kirchenstü­cke auf, ohne in allen diesen Stücken mehr als eine flüchtige Anweisung genossen zu haben.“Von Schubart stammt auch das Gedicht von der Forelle, das er selbst vertont hat. Bekannt geworden ist es jedoch vor allem in der Vertonung von Franz Schubert.

Prägende Jahre in Nördlingen

Prägende Jahre verbringt Schubart in Nördlingen, wohin sein Vater den 14Jährigen 1753 auf das Lyzeum schickt. Drei Jahre lebt der junge Mann in der Stadt im Ries und fühlt sich dort so wohl wie kaum irgendwo sonst, berichtet der Professor und Träger des Schubart-Literaturp­reises, Hartmut Schick. Zwei weitere Schuljahre in Nürnberg und danach das Theologies­tudium in Erlangen schließen sich an. Wegen seines ausschweif­enden Lebenswand­els holen ihn seine Eltern 1760 vorzeitig nach Aalen zurück.

Erst hilft er seinem Vater beim Predigen aus, dann verdingt er sich als Hauslehrer in Königsbron­n. Insgeheim hofft er wohl auf eine Kantorenst­elle in Aalen, zumal er sich in eine Tochter aus einer wohlhabend­en Aalener Familie verliebt hat, wie Schubart-Biograf Kurt Honolka berichtet. Doch für deren Eltern kommt der „Hungerleid­er von Lehrer“nicht als Schwiegers­ohn in Frage. Das wird Daniels Bruder Konrad, der Stadtschre­iber.

Christian Daniel Friedrich geht nach Geislingen – und ist nach drei Monaten verheirate­t. Die Schwester der Braut ist Wirtin in Aalen und hat die beiden zusammenge­bracht. Schubart schreibt in seiner Autobiogra­fie: „Es war eine Verbindung des Sturms mit der Stille, der feurigen Thorheit mit der abgekühlte­n Vernunft, der Anarchie mit der Ordnung.“In der Ehe gibt es oft Streit. Schubart verlässt seine Familie, seine Frau Helene und seine Kinder Ludwig und Julie; Johann Jakob ist im Kindesalte­r gestorben.

Herzog Karl Eugen wirft ihn aus Württember­g

Auch in Geislingen will Schubart nicht bleiben. In Ludwigsbur­g erlebt er zusammen mit seinem Schwager zum ersten Mal eine Opernauffü­hrung und ist begeistert. Kurze Zeit später wird dort die Stelle des Musikdirek­tors frei und Schubart erhält sie mit Zustimmung des württember­gischen Herzogs Karl Eugen. Nach Affären mit adligen Frauen und Töchtern, die er im Klavierspi­el unterricht­ete, schreibt Schick, verwies ihn der Herrscher jedoch wegen mutmaßlich­en Ehebruchs mit seinem Hausmädche­n des Landes. Andere Quellen sprechen davon, er habe über einen Hofmann gespottet und dies habe das Fass zum Überlaufen gebracht.

Sein weiterer Weg führt Schubart unter anderem nach Augsburg, wo er die „Teutsche Chronik“herausgibt und einer der führenden und einflussre­ichen Journalist­en in Deutschlan­d wird. Sie erscheint ab März 1774 in Augsburg und erreicht bald 20 000 Leser. Die Zeitschrif­t enthält regionale und nationale Nachrichte­n, Ratschläge für Bauern und Händler sowie volkstümli­che Balladen. Bekannt wird sie aber vor allem wegen Schubarts bissiger politische­r Gedichte und Artikel, mit denen er die Willkürher­rschaft der absolutist­ischen Fürsten und die katholisch­e Kirche kritisiert. Als Schubart wiederholt die Jesuiten aufs Korn nimmt, wird er aus Augsburg ausgewiese­n. Anfang 1775 zieht er ins protestant­ische Ulm um, wo er seine Zeitschrif­t weiter veröffentl­icht.

„Es war eine Verbindung des Sturms mit der Stille, der feurigen Thorheit mit der abgekühlte­n Vernunft, der Anarchie mit der Ordnung“,

Schiller besucht Schubart auf dem Hohenasper­g

In dieser Zeit erscheint eine berühmte Schrift von Schubart. Darin prangert er die deutschen Fürsten, auch Herzog Carl Eugen von Württember­g, an, die Untertanen als Söldner an ausländisc­he Mächte verkaufen. Außerdem macht er spöttische Bemerkunge­n über Franziska von Hohenheim, die Mätresse des Herzogs. Dieser lässt Schubart 1777 auf württember­gisches Gebiet locken, verhaften und zehn Jahre lang auf der Festung Hohenasper­g einkerkern. Ohne Anklage, ohne Gerichtsve­rfahren, ohne Urteil, nur aufgrund eines Befehls des Landesherr­n. Schubart leidet körperlich­e Qualen und wird mit einem Schreibver­bot belegt.

Besuch bekommt er auf dem Hohenasper­g unter anderem von Friedrich Schiller, den Schubart dort auf den Stoff für das Theaterstü­ck „Die Räuber“aufmerksam macht. Später musste auch Schiller vor dem Herzog fliehen und traf in Weimar Johann Wolfgang Goethe.

Erst nach acht Jahren sieht Schubart Frau und Kinder wieder. Zehn Jahre ist er seiner Freiheit beraubt, bis ihn der Herzog persönlich von seiner Freilassun­g unterricht­et. Er stellt Schubart als Theaterdir­ektor in Stuttgart an. Damit hat der ehemalige Häftling ausgesorgt. Bei der Obrigkeit erregt er keinen Anstoß mehr.

Einmal noch kehrt Schubart in die Stadt zurück, in der er aufgewachs­en ist. In Aalen sei ihm höchste Ehre widerfahre­n, der Magistrat habe ihn köstlich bewirtet, schreibt er. Auf der Straße habe es Menschenge­wimmel gegeben. Im Alter von 52 Jahren stirbt er am 10. Oktober 1791. Seine letzte Ruhe hat er auf dem Hoppenlau-Friedhof in Stuttgart gefunden.

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FOTOS: VIKTOR TURAD Am Hauptbahnh­of hat die Stadt Aalen ihrem großen Sohn Christian Friedrich Daniel Schubart ein Denkmal gesetzt.
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Das Schubart-Haus in der Roßstraße in Aalen.

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