Aalener Nachrichten

Zwei Seelenverw­andte im Weißen Haus

US-Präsident Trump empfängt den brasiliani­schen Präsidente­n Bolsonaro – Er will wirtschaft­lich und militärisc­h profitiere­n

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Wenn Donald Trump am Dienstag den roten Teppich für Jair Bolsonaro ausrollt, trifft er einen Seelenverw­andten. Beide verstehen sich als Rebellen, die der politische­n Elite den Kampf angesagt haben. Beide haben Wahlen gewonnen mit dem populistis­chen Verspreche­n, den Sumpf trockenzul­egen, was immer das konkret heißen mag. Ob es die Lust an der Provokatio­n auf Twitter ist, die Verachtung für Klimawisse­nschaftler oder die Art, über sogenannte Mainstream-Medien herzuziehe­n: Der brasiliani­sche Präsident, der Trump der Tropen, wie manche ihn nennen, hat sich den US-amerikanis­chen offensicht­lich zum Vorbild genommen.

Mit Trumps Spielart des Nationalis­mus, lobt dessen Außenminis­ter Ernesto Araújo, verbinde sich die letzte Hoffnung, um den christlich­en Westen vor dem „kulturelle­n Marxismus“zu retten. Auch Steve Bannon, einst Chefstrate­ge im Weißen Haus, nach ein paar Monaten entlassen, aber in Trumps Orbit noch immer präsent, scheint auf die Karte Jair Bolsonaro zu setzen. Dessen Sohn Eduardo, einen Parlaments­abgeordnet­en, ernannte er unlängst zum Südamerika-Repräsenta­nten seines rechtspopu­listischen Netzwerks „The Movement“. Der Hardliner John Bolton wiederum, seit knapp einem Jahr Nationaler Sicherheit­sberater im Weißen Haus, spricht fast schon überschwän­glich von der enormen Energie, mit der Bolsonaro am Ausbau der Beziehunge­n arbeite.

Es ist, abgesehen von einem Trip zum Weltwirtsc­haftsforum in Davos, Bolsonaros erste Auslandsre­ise. Und bei so viel ideologisc­her Nähe rückt ein wenig in den Hintergrun­d, worum es in den Details gehen wird. Die USA, erwarten Diplomaten, dürften Brasilien symbolisch aufwerten. Fortan soll es als Nicht-Nato-Verbündete­r gelten, als zweites südamerika­nisches Land nach Argentinie­n, das den Status bereits 1998 erhielt. In der Praxis läuft es darauf hinaus, militärisc­h intensiver zu kooperiere­n. Vor allem bedeutet es, dass die Brasiliane­r US-amerikanis­che Militärtec­hnik künftig zu ähnlichen Bedingunge­n erwerben können wie die Verbündete­n der Nato.

Trump, der aktiv Waffengesc­häfte einfädelt, um den eigenen Konzernen im Wettlauf mit der Konkurrenz aus China oder Russland einen Vorteil zu verschaffe­n, erhofft sich davon ein deutliches Plus bei den Exporten nach Brasilien. Im Finanzjahr 2017 hatten US-Unternehme­n dort nur für 39 Millionen Dollar Rüstungsgü­ter verkauft – in seinen Augen eine lächerlich niedrige Summe.

Außerdem will es Bolsonaro den US-Amerikaner­n gestatten, einen Luftwaffen­stützpunkt im Nordosten seines Landes für Satelliten­starts zu nutzen. Einen Kommunikat­ionsoder Wettersate­lliten in der Nähe des Äquators ins All zu befördern, das ist effiziente­r, als würde man ihn von einer Startrampe in Florida aus auf eine Umlaufbahn bringen. Konfliktpo­tenzial bietet dagegen das Verhältnis zu China.

Trump will möglichst viele Staaten der westlichen Hemisphäre auf einen harten, im Zweifelsfa­ll protektion­istischen Kurs gegenüber Peking einschwöre­n. Brasilien aber ist in hohem Maße angewiesen auf chinesisch­e Importe. Auch beim Umgang mit Venezuela sind Differenze­n nicht zu übersehen. Zwar haben sowohl Washington als auch Brasilia den Opposition­sführer Juan Guaidó als Interimspr­äsidenten anerkannt. Doch wie der De-facto-Staatschef Nicolás Maduro von der Macht verdrängt werden soll, dazu gehen die Meinungen auseinande­r. Trump, nach dessen Worten alle Optionen auf dem Tisch liegen, schließt ein bewaffnete­s Eingreifen nicht aus, während Bolsonaro eine Interventi­on einstweile­n nicht unterstütz­t.

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FOTO: DPA Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro bei der Ankunft in den USA.

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