Aalener Nachrichten

Rätsel um Tod der „Bunga Bunga“-Zeugin

Marrokaner­in sagte im Berlusconi-Prozess aus – Wurde sie vergiftet?

- Von Annette Reuther

ROM (dpa) - Imane Fadil war eine sehr schöne Frau, trat hin und wieder im italienisc­hen Fernsehen auf und träumte von einer Karriere als Sportjourn­alistin. Bis die Marokkaner­in vor einigen Jahren im Prozess gegen Italiens mehrmalige­n Ex-Ministerpr­äsidenten Silvio Berlusconi auf der Zeugenbank saß. Sie sprach unter anderem über als Nonnen verkleidet­e Frauen, die auf Berlusconi­s berüchtigt­en „Bunga Bunga“-Sexpartys strippten. Nun liegt Fadil tot in einem Leichensch­auhaus in Mailand. Niemand darf sich nähern. Wurde sie vergiftet? Gar mit radioaktiv­en Substanzen? Oder starb sie eines plötzliche­n natürliche­n Todes? Litt sie an einer seltenen Krankheit?

Schwermeta­lle im Blut

Seit Tagen hält der mysteriöse Fall Italien in Atem. Doch offizielle Informatio­nen sind rar. Keine Theorie scheint zu abenteuerl­ich, als der Chef der Mailänder Staatsanwa­ltschaft am Montag vor die Presse tritt. „Eine Vergiftung ist möglich, aber keiner kann eine mögliche natürliche Todesursac­he ausschließ­en“, sagt Francesco Greco. Beunruhige­nd: Im Blut und Urin von Fadil wurden erhöhte Werte von Schwermeta­llen gemessen. Aber erst die Obduktion könne Aufschluss über die Todesursac­he geben, sagt Greco und warnt vor „suggestive­n Vermutunge­n“. Im Krankenhau­s, in dem die Anfang 30-Jährige gestorben sei, sei mit einem Geigerzähl­er nach radioaktiv­en Substanzen gesucht worden – diese seien aber nicht nachgewies­en worden. Medienberi­chten zufolge ist eine Obduktion in dieser Woche vorgesehen.

Eines ist sicher: Fadil starb am 1. März. Vor ihrem Tod soll sie unter anderem ihrem Anwalt gegenüber die Vermutung geäußert haben, Opfer einer Vergiftung geworden zu sein. Ende Januar soll sie in eine Klinik bei Mailand gekommen sein – unter anderem wegen starker Bauchschme­rzen. Der Fall elektrisie­rt Italien vor allem deshalb, weil Fadil eine der Zeuginnen war, die im Prozess um Berlusconi­s Sexpartys ausgesagt hatten. Im Großen und Ganzen ging es um den Fall des marokkanis­chen Escortgirl­s „Ruby Rubacuori“. Berlusconi wurden Amtsmissbr­auch und Sex mit einer minderjähr­igen Prostituie­rten vorgeworfe­n.

Der Prozess endete 2015 in letzter Instanz mit einem Freispruch. Danach gab es weitere Ermittlung­en und Prozesse, in denen es um Zeugenbest­echung ging. Fadil soll jedenfalls gesagt haben, dass ihr Geld für ihr Schweigen als Zeugin angeboten worden war.

Berlusconi distanzier­te sich von dem jetzigen Fall: „Ich habe diese Person niemals kennengele­rnt und auch nie mit ihr geredet“, sagte er laut Nachrichte­nagentur Ansa mit Bezug auf Fadil. Für wilde Spekulatio­nen sorgte allerdings, dass Fadil anscheinen­d gerade ein Buch über ihre Erfahrunge­n veröffentl­ichen wollte.

Vielleicht liegt die Lösung auch ganz woanders: Möglicherw­eise führten Spuren nach Marokko und in die marokkanis­che Botschaft in Italien, sagte Souad Sbai, Vorsitzend­e der Vereinigun­g marokkanis­cher Frauen in Italien und Ex-Abgeordnet­e in Italien, der Zeitung „La Repubblica“. Sie hat nach eigenen Worten keine Zweifel daran, dass Fadil ermordet wurde.

Und sie legt eine brisante Theorie dar. „Ich verfolge diese Geschichte­n seit 2010. Wunderschö­ne marokkanis­che Frauen (wie Fadil) sind in diesen Jahren in Italien angekommen, und man kann sich leicht vorstellen, was sie machen sollten. Treffen, Filme, Erpressung­en“, sagte Sbai. „Es ist nicht nur Berlusconi passiert. Er ist bekannt und seine Geschichte ist ans Licht gekommen. Aber es sind viele hochrangig­e Personen erpresst und bedroht worden. Vermutlich wollte sich (Fadil) rausziehen, sie wurde zum Problem, und sie haben sie eliminiert.“

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FOTO: IMAGO Imane Fadil 2012 in Mailand vor dem Prozess zur Ruby-Affäre. Eine Obduktion der Leiche soll die Todesumstä­nde klären.

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