Eine einzigartige Stimme erfüllt die Stadtkirche
Sopranist Robert Crowe singt Werke von Barbara Strozzi
ELLWANGEN (R.) - Rund 45 Zuhörer haben in der Stadtkirche einer Stimme gelauscht, die ihresgleichen sucht. Zu Gast war Robert Crowe, einer der wenigen männlichen Soprane. Crowe hat Werke der Venezianerin Barbara Strozzi wiederentdeckt, die im 17. Jahrhundert als Sängerin und Komponistin Karriere machte. An der Orgel begleitete ihn Julia Gillich-Naroschnaja und beeindruckte auch als Solistin mit Musik des Barock.
Die „New York Times“beschrieb Crowe als „männlichen Sopran mit einer atemberaubenden Gabe.“Und atemberaubend ist diese Stimme. Als erster Sopranist gewann der gebürtige Kalifornier 1985 den Metropolitan-Opera-Wettbewerb und hat seitdem mehr als 80 Rollen in Opern und Oratorien sowie Hunderte Kantaten und Solomotetten rund um den Globus gesungen. Seit Mai 2018 ist er künstlerischer Leiter des Festivals für Alte Musik Aalen.
Wüsste man es nicht besser, wäre man überzeugt, eine Frau zu hören. Auf der Orgelempore irdischer Mühsal gleichsam entrückt, erfüllte Crowes lyrischer Sopran die Kirche und eroberte mühelos vier Oktaven und mehr. Wunderbar entfaltete er die Melancholie von Barbara Strozzis Motette „Oleum effusum est“, Ausgegossen ist das Öl. Die Orgel blieb demütig im Hintergrund und ließ dieser Stimme, kristallklar wie kunstvoll geschliffenes Glas, den ihr gebührenden Raum.
Crowe stellt Barbara Strozzi vor, deren Geburtstag sich zum 400. Mal jährt: 1619 in Venedig geboren, erhielt sie von Francesco Cavalli Unterricht im Komponieren, ungewöhnlich für eine Frau dieser Zeit. Mit 25 brachte sie eine erste Madrigalsammlung heraus und behauptete sich fortan in einer reinen Männerdomäne. Leben aber konnte sie als Mutter von vier unehelichen Kindern von mindestens zwei Vätern vom Singen und Komponieren nicht und verdingte sich als Kurtisane. Sie starb 1677 in Padua.
Größter Feind ist die Erkältung
Crowe selbst bezeichnet sich nicht als Countertenor. Diese haben nach seiner Überzeugung eine tiefere Stimme als Sopranistinnen. Seine Stimme ist deutlich heller. Der Übergang von hohen und tieferen Tönen vollzieht sich so unmerklich. Er übe nach wie vor täglich, sagte Crowe im Gespräch mit der „Ipf- und Jagst-Zeitung.“Größter Feind wie bei allen Sängern seien Erkältungen, fröstelte er, schon im Mantel. Die Zugabe, Frescobaldis Arie „Se l’aura spira“, vollendete ein exquisites Konzert, das in Erinnerung bleiben wird.