Erzieherin zur Empfindsamkeit
„Das Leben der Sophie von La Roche“: Eine profunde wie launige Biografie
Die berühmtesten Dichter ihrer Zeit umschwärmten Sophie von La Roche wie die Fliegen. Jakob Michael Reinhold Lenz nannte sie „Mutter“und „Muse“und holte sich von ihr prompt einen Korb. Christoph Martin Wieland war mit ihr verlobt und schrieb ihr ein Leben lang schmachtende Briefe. Und sogar der gute Goethe, bekanntermaßen ein Kenner des schönen Geschlechts, lobte Sophie von La Roche in „Dichtung und Wahrheit“als „die wunderbarste Frau“, der er keine andere zu vergleichen wisse. Dass auch Goethe später dann ihrer Tochter Maximiliane Avancen machte, steht auf einem anderen Blatt. So sind die Männer halt.
Eine außergewöhnliche Frau
Sophie von La Roche war eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen ihrer Zeit. Mit Büchern wie ihrer „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“(1771) leistete sie einen wichtigen Beitrag zur bürgerlich weiblichen Emanzipation und galt als „Erzieherin Deutschlands“, wie Armin Strohmeyr in seiner ebenso profunden wie launigen Biografie über „Das Leben der Sophie von La Roche“schreibt. Lebendig und anschaulich versteht es der 1966 in Augsburg geborene und mittlerweile in Berlin lebende Doktor der Philologie das Leben dieser außergewöhnlichen Dame auf dem Papier wiederauferstehen zu lassen. Was bei Personen des 18. Jahrhunderts gar nicht mal einfach ist. Strohmeyrs Buch sei darum Profis und Einsteigern in gleicherweise empfohlen.
Geboren am 6. Dezember 1730 in Kaufbeuren als ältestes von 13 Kindern wächst Maria Sophie Gutermann, so ihr Geburtsname, als Tochter eines Arztes auf, der sie mit zwei Jahren schon in die Hausbibliothek trägt und sie mit den „Verzierungen der Einbände zu belustigen sucht“. In Lindau und Augsburg verbringt sie die Jugend. Ihr schwäbischer Dialekt wird ihren Büchern später die singende Melodie verleihen. In der Liebe hat sie lange kein Glück. Nach mehreren gescheiterten Verlobungen nimmt Sophie den Heiratsantrag von Georg Michael Frank an, genannt „La Roche“, der als Sekretär des Grafen Stadion Karriere macht. Mit ihm zieht sie 1754 nach Mainz, später nach Warthausen, Koblenz und Speyer. Neun Kinder kriegt sie, von denen vier sterben. Sophie lebt an der Seite ihres Gatten und hilft ihm bei Korrespondenzen. Immerhin duldet La Roche ihr Schreiben. Mit ihren „papiernen Mädchen“tröstet sie sich über ihre Einsamkeit weg. Gleich mit ihrem Debüt, ihrer „Fräulein von Sternheim“, landet sie einen Erfolg. Ihr Name steht zwar nicht auf dem Buch. Doch es spricht sich rum, wer die Autorin ist, die nach ihrer Romanfigur bald nur noch „die Sternheim“genannt wird.
In ihren Büchern geht es um die Erziehung des Menschengeschlechts zur Empfindsamkeit und die Selbstfindung der Frau. Einem aufklärerischen Wissensdrang steht immer eine fromme Ehrfurcht gegenüber. Ihre Einnahmen spendet Sophie von La Roche wohltätigen Zwecken, bis ihr Gatte aus dem Staatsdienst entlassen wird. Jetzt muss sie für den Lebensunterhalt der Familie aufkommen. Sie gibt die Zeitschrift „Pomona für Teutschlands Töchter“heraus. Eine Marktlücke, wie sich herausstellt. Sogar Zarin Katharina zählt zu den Abonnenten.
Im fortgeschrittenen Alter zieht es Sophie hinaus in die Welt. Sie reist in die Schweiz, nach Holland, England und Italien und schreibt erfolgreiche Reisebücher. 1807 stirbt sie im Alter von 76 Jahren.