Aalener Nachrichten

Erzieherin zur Empfindsam­keit

„Das Leben der Sophie von La Roche“: Eine profunde wie launige Biografie

- Von Welf Grombacher Armin Strohmeyr: Das Leben der Sophie von La Roche, Südverlag, 304 Seiten, 24 Euro.

Die berühmtest­en Dichter ihrer Zeit umschwärmt­en Sophie von La Roche wie die Fliegen. Jakob Michael Reinhold Lenz nannte sie „Mutter“und „Muse“und holte sich von ihr prompt einen Korb. Christoph Martin Wieland war mit ihr verlobt und schrieb ihr ein Leben lang schmachten­de Briefe. Und sogar der gute Goethe, bekannterm­aßen ein Kenner des schönen Geschlecht­s, lobte Sophie von La Roche in „Dichtung und Wahrheit“als „die wunderbars­te Frau“, der er keine andere zu vergleiche­n wisse. Dass auch Goethe später dann ihrer Tochter Maximilian­e Avancen machte, steht auf einem anderen Blatt. So sind die Männer halt.

Eine außergewöh­nliche Frau

Sophie von La Roche war eine der erfolgreic­hsten Schriftste­llerinnen ihrer Zeit. Mit Büchern wie ihrer „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“(1771) leistete sie einen wichtigen Beitrag zur bürgerlich weiblichen Emanzipati­on und galt als „Erzieherin Deutschlan­ds“, wie Armin Strohmeyr in seiner ebenso profunden wie launigen Biografie über „Das Leben der Sophie von La Roche“schreibt. Lebendig und anschaulic­h versteht es der 1966 in Augsburg geborene und mittlerwei­le in Berlin lebende Doktor der Philologie das Leben dieser außergewöh­nlichen Dame auf dem Papier wiederaufe­rstehen zu lassen. Was bei Personen des 18. Jahrhunder­ts gar nicht mal einfach ist. Strohmeyrs Buch sei darum Profis und Einsteiger­n in gleicherwe­ise empfohlen.

Geboren am 6. Dezember 1730 in Kaufbeuren als ältestes von 13 Kindern wächst Maria Sophie Gutermann, so ihr Geburtsnam­e, als Tochter eines Arztes auf, der sie mit zwei Jahren schon in die Hausbiblio­thek trägt und sie mit den „Verzierung­en der Einbände zu belustigen sucht“. In Lindau und Augsburg verbringt sie die Jugend. Ihr schwäbisch­er Dialekt wird ihren Büchern später die singende Melodie verleihen. In der Liebe hat sie lange kein Glück. Nach mehreren gescheiter­ten Verlobunge­n nimmt Sophie den Heiratsant­rag von Georg Michael Frank an, genannt „La Roche“, der als Sekretär des Grafen Stadion Karriere macht. Mit ihm zieht sie 1754 nach Mainz, später nach Warthausen, Koblenz und Speyer. Neun Kinder kriegt sie, von denen vier sterben. Sophie lebt an der Seite ihres Gatten und hilft ihm bei Korrespond­enzen. Immerhin duldet La Roche ihr Schreiben. Mit ihren „papiernen Mädchen“tröstet sie sich über ihre Einsamkeit weg. Gleich mit ihrem Debüt, ihrer „Fräulein von Sternheim“, landet sie einen Erfolg. Ihr Name steht zwar nicht auf dem Buch. Doch es spricht sich rum, wer die Autorin ist, die nach ihrer Romanfigur bald nur noch „die Sternheim“genannt wird.

In ihren Büchern geht es um die Erziehung des Menschenge­schlechts zur Empfindsam­keit und die Selbstfind­ung der Frau. Einem aufkläreri­schen Wissensdra­ng steht immer eine fromme Ehrfurcht gegenüber. Ihre Einnahmen spendet Sophie von La Roche wohltätige­n Zwecken, bis ihr Gatte aus dem Staatsdien­st entlassen wird. Jetzt muss sie für den Lebensunte­rhalt der Familie aufkommen. Sie gibt die Zeitschrif­t „Pomona für Teutschlan­ds Töchter“heraus. Eine Marktlücke, wie sich herausstel­lt. Sogar Zarin Katharina zählt zu den Abonnenten.

Im fortgeschr­ittenen Alter zieht es Sophie hinaus in die Welt. Sie reist in die Schweiz, nach Holland, England und Italien und schreibt erfolgreic­he Reisebüche­r. 1807 stirbt sie im Alter von 76 Jahren.

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FOTO: FREIES DEUTSCHES HOCHSTIFT Schriftste­llerin Sophie von La Roche .

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