Europa wählen!
Die Europäische Union macht es den Bürgern nicht leicht, sie einfach nur gut zu finden. In Sachen Bürokratie ist die EU einmalig kompliziert. In der Wahrnehmung vieler Menschen kümmert sie sich zudem allzu häufig um Lächerlichkeiten wie die krumme Gurke, anstatt sich drängenden Fragen wie dem Grenzschutz oder der Klimapolitik zu widmen. Auch demokratisch gibt es offenkundige Defizite. Schließlich ist das Europaparlament kein echter Souverän. Das Parlament kann nicht über die Köpfe der Staatsund Regierungschefs der Mitgliedsländer – also des Europäischen Rates – hinweg Gesetze erlassen.
Und dennoch sollte man am Sonntag an die Urne gehen und sein Kreuz bei den Europabefürwortern machen – egal welcher Couleur. Denn in Zeiten, in denen populistische Radikalpositionen wieder salonfähig sind, in denen Kollektivierung von links und Nationalismus von rechts als Alternativen angeboten werden, ist es unerlässlich, die europäische Idee zu stärken – und somit die Demokratie.
Das wichtigste Recht in einer Demokratie ist jenes der Wahl. Und nur wenn die Mehrheit der Bürger bekundet, dass sie das Projekt Europa befürwortet, hat die EU eine Zukunft. Dann wird das Europaparlament die Kraft haben, jene Reformen, die Europa unbedingt benötigt, voranzutreiben. Der Brexit und die europaweiten Erfolge der Populisten sollten Mahnung genug sein, den Fokus in Brüssel nicht auf Maßnahmen wie eine weitere Zentralisierung oder die Vergemeinschaftung von Schulden oder Sozialpolitik zu legen, sondern auf Vorteile und Errungenschaften der EU: die den Wohlstand mehrende gemeinsame Wirtschaftspolitik, den Binnenmarkt, die Freizügigkeit und den seit Jahrzehnten andauernden Frieden. Selbstverständlich ist das alles in Zeiten von Donald Trump, Wladimir Putin und chinesischem Großmachtstreben nicht.
Die EU, egal ob am Ende Staatenbund oder Vereinigte Staaten von Europa, ist die Antwort. In welcher Form die Bürger diesen Verbund haben wollen? Es gibt genug Möglichkeiten auf den Stimmzetteln. Nur gegen Europa zu stimmen, das ist mit Sicherheit keine gute Entscheidung.