Fazil Say – zärtlich und wild
Seit 3000 Jahren regt der alte Mythos vom Kampf um Troja Dichter, Maler und Musiker zu künstlerischer Gestaltung an. Die altgriechischen Epen „Ilias“und „Odyssee“des legendenumwobenen „Sängers“Homer haben solche Werke immer wieder inspiriert. Der türkische Komponist und Pianist Fazil Say schuf nun eine monumentale Klaviersonate zu diesem Sagenkreis. Im Sommer 2018 hob er sie genau dort aus der Taufe, wo sich einst die Stadt Troja befunden haben soll.
Beim Aufbau des zehnteiligen Werks hat nicht die klassische Sonatenform, sondern die orientalische Erzählertradition Pate gestanden. In fast 40 Minuten kündet da eine nonverbale Ballade stilistisch vielseitig von ägäischen Winden, Helden, Sparta, der schönen Helena, Achill, Krieg oder dem Trojanischen Pferd. Says neues Album enthält neben dieser
fulminant gespielten Sonate auch zwei Etüden aus seinem Zyklus „Art of Piano“und das vierteilige Stück „Moving Mansion“. Als Hommage an Kemal Atatürk schildert es den aufklärerischen Kampf des Gründers der modernen Türkei „gegen kulturelle Dunkelheit“.
Says virtuoser Klaviersatz integriert modale Melodik seiner Heimat und neue Spieltechniken in tonalem, von Leitmotiven durchzogenem Kontext. Romantische und moderne Klangwelten, improvisatorischer Charakter und komplexe Strukturen verschränken sich in zärtlichsten Träumereien ebenso wie in vulkanhaften Eruptionen. (wmg)
„Troy Sonata“, „Moving Mansion“, „Art of Piano“; Warner Classics 0190295504656