Aalener Nachrichten

Haftet ein Unternehme­n für Schäden durch Fliegerbom­be?

Vor gut fünf Jahren erschütter­te die Explosion eines Weltkriegs­sprengsatz­es Euskirchen

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KARLSRUHE (dpa) - Die Explosion einer Weltkriegs­bombe in einer Bauschutt-Recyclingf­irma in Euskirchen (Nordrhein-Westfalen) richtete 2014 große Schäden an – haften muss der Unternehme­r dafür aber wahrschein­lich nicht. Das zeichnete sich am Freitag in einer Verhandlun­g des Bundesgeri­chtshofs (BGH) in Karlsruhe ab. Es sei wohl eher Zufall gewesen, dass die Bombe ausgerechn­et auf seinem Gelände detonierte, sagte die Vorsitzend­e Richterin Christina Stresemann. Der Senat will aber noch beraten und sein Urteil in den nächsten Wochen verkünden.

Die fast drei Meter lange Sprengbomb­e war in einem großen Schuttbroc­ken verborgen gewesen. Beim Zerkleiner­n ging sie Anfang 2014 hoch. Der Baggerfahr­er starb, 13 Menschen wurden verletzt. Die Druckwelle war so mächtig, dass in der Kreisstadt bei Bonn in der Nachbarsch­aft der Firma noch 400 Meter entfernt Fenster barsten. Die Stadt sprach damals von Schäden an mehr als 200 Gebäuden. Zwei Versichere­r fordern deshalb von der Firma insgesamt mehr als eine Million Euro – bisher ohne Erfolg.

Nordrhein-Westfalen mit seiner Schwerindu­strie war besonders stark von den Luftangrif­fen betroffen. Dort haben Kampfmitte­lbeseitige­r allein im vergangene­n Jahr noch mehr als 2800 Bomben unschädlic­h gemacht. 291 davon hatten ein Gewicht von 50 Kilogramm oder mehr. Dass eine Bombe im Schutt auf einen Recyclingh­of gerät, scheint aber sehr, sehr selten zu sein. Im bisherigen Prozess waren die Richter der Vorinstanz­en nur auf einen vergleichb­aren Fall gestoßen.

Der BGH-Anwalt der Versichere­r, Thomas von Plehwe, erinnerte daran, dass Blindgänge­r nach Kriegsende zum „Entschärfe­n“oft einfach in Beton eingegosse­n wurden. Der Unternehme­r hätte deshalb Vorkehrung­en treffen müssen, argumentie­rte er. Sein Geschäft bestehe darin, Bauschutt systematis­ch auf dem Gelände zusammenzu­tragen. Das erhöhe für die Nachbarn das Risiko. „Insofern ist es nicht mehr Zufall.“

Die Richter ließen allerdings durchblick­en, dass sie dem Unternehme­r kein Verschulde­n vorwerfen. Die im Schutt steckende Bombe sei nach Zeugenauss­agen nicht zu sehen gewesen. Und das gesamte angeliefer­te Material sicherheit­shalber zu durchleuch­ten, scheine übertriebe­n.

Der BGH-Anwalt des Unternehme­rs, Ralph Schmitt, sagte, die Sache sähe anders aus, wenn bei der Firma Bomben zerlegt oder gesprengt worden wären. So handele es sich einfach um ein allgemeine­s Lebensrisi­ko. „Dagegen kann man sich nicht versichern.“

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FOTO: DPA Bei Baggerarbe­iten in einem Industrieg­ebiet 2014 in Euskirchen ist eine Bombe explodiert. Ein Mann starb, 13 Menschen wurden verletzt.
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FOTO: DPA Der Angeklagte im Amtsgerich­t Mönchengla­dbach.

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