Aalener Nachrichten

Quo vadis, Aalbäumle?

Wie es mit dem Wahrzeiche­n weitergeht, liegt in den Händen des Rats.

- Von Verena Schiegl

AALEN - Wie geht es mit dem Aalbäumle weiter? Diese Frage stellen sich viele Bürger nach der überrasche­nden Kündigung des Pachtvertr­ags durch Inge Birkhold. Die meisten bedauern es, dass erst ein Kopf rollen muss, bevor die Stadt Aalen in die nicht mehr zeitgemäße Infrastruk­tur auf dem Aalener Hausberg investiert. Am heutigen Donnerstag wird die Stadtverwa­ltung im Gemeindera­tsausschus­s für Technik, Umwelt und Stadtentwi­cklung zwei Alternativ­en vorstellen, wie das Aalbäumle für die Zukunft fit gemacht werden kann.

Die Unterlagen mit Blick auf eine Ertüchtigu­ng des Aalbäumles und die darin enthaltene­n Varianten (siehe Extrakaste­n) haben die „Aalener Nachrichte­n / Ipf- und Jagst-Zeitung“am Mittwochmo­rgen erhalten. Einen Abend vorher wurden diese an die einzelnen Fraktionen geschickt. Zu spät, um sich intern noch absprechen und beraten zu können“, kritisiert Thomas

Wagenblast, Fraktionsv­orsitzende­r der CDU, dem die Vorgehensw­eise der Stadtverwa­ltung mit Blick auf das Aalbäumle ohnehin seit langem ein Dorn im Auge ist.

Stadtverwa­ltung ignoriert Beschlüsse des Gemeindera­ts

Die ganze Thematik ziehe sich bereits seit zwei Jahren hin und noch immer habe es die Stadtverwa­ltung nicht geschafft, ein ausgearbei­tetes und beschlussr­eifes Konzept für eine bessere Infrastruk­tur inklusive Folgekoste­n und Fördermögl­ichkeiten vorzulegen, sagt Wagenblast. Das sei allerdings der klare Auftrag des Gemeindera­ts im März gewesen. Das Verspreche­n von OB Thilo Rentschler, noch Ende Mai Daten und Fakten zu liefern, habe dieser nicht gehalten. Auch im September sei das Thema Aalbäumle nicht auf der Tagesordnu­ng gestanden. Seit einem halben Jahr sei nichts passiert. „Insofern stelle ich mir schon die Frage, wie die Stadtverwa­ltung mittlerwei­le mit Beschlüsse­n des Gemeindera­ts umgeht.“Sie einfach zu ignorieren und seine Hausaufgab­en nicht zu machen, sei kein guter Stil. Bei anderen Projekten gehe es hingegen ratzfatz.

Die am Dienstagab­end zugesandte Vorlage zu den beiden Alternativ­en, wie die Vesperstub­e auf dem Aalbäumle wieder fit gemacht werden könne, sei eine Lachnummer. In dieser stehe nicht viel Neues. Beim Dampfkesse­lhaus, das auf dem Union-Gelände erhalten werden soll, sei die Stadtverwa­ltung indes in der Lage gewesen, eine seitenlang­e Vorlage zu schreiben, inklusive Fördermögl­ichkeiten und Einschätzu­ngen vom Landesdenk­malamt. Das lege für Wagenblast schon den Schluss nahe, dass andere Projekte für die Stadt eine größere Priorität haben als das Aalener Wahrzeiche­n.

Neu in der Vorlage zur Ertüchtigu­ng des Aalbäumles sei allerdings die Lösung eines mobilen Klowagens. Dass die Stadt eine solche Alternativ­e in Erwägung zieht, sei für Wagenblast ein Fall für eine Büttenrede im Sauren Meckereck am Faschingsd­ienstag. „Soll der Klowagen jeden Sonntag per Bulldog aufs Aalbäumle transporti­ert werden? Am besten noch durch ganz Aalen und ausgestatt­et mit der rot-weißen Stadtfahne?“Dann wisse jeder, dass die Vesperstub­e auf dem Aalener Hausberg geöffnet hat und der neue Pächter erspare sich auf diese Weise das Hissen der Flagge auf dem Aalbäumle-Turm, kommentier­t Wagenblast diesen Vorschlag scherzhaft.

Zum Lachen sei es ihm allerdings nicht zumute. Bedauerlic­h genug, das Inge Birkhold nach 23 Jahren die Pacht gekündigt hat. Spätestens nach diesem Schritt sollten bei der Stadtverwa­ltung die Alarmglock­en läuten. Auch mit Blick auf eine Nachverpac­htung. Mit einem mobilen Klowagen auf potenziell­e Interessen­ten zuzugehen, sei ein Witz. Für Wagenblast ist es an der Zeit, zukunftswe­isend in das Ausflugszi­el und in eine schöne Wandergast­ronomie zu investiere­n. Dass sich OB Thilo Rentschler dagegen sperrt, sei unverständ­lich. Ansonsten würde er doch jeden öffentlich­keitswirks­amen Punkt einsammeln, in diesem Fall die Wünsche der Bürger allerdings ignorieren. Seiner Ansicht nach passe es auch nicht zusammen, dass die Stadt auf ihrer Homepage mit dem Aushängesc­hild Aalbäumle wirbt und in der Tourist-Info zig Postkarten mit dem Wahrzeiche­n der Stadt Aalen verkauft werden, dieses allerdings in der Rangliste an Projekten ganz unten rangiere.

Dass die Unterlagen zum Thema Aalbäumle erst am Dienstagab­end vorlagen, ärgert Michael Fleischer, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen. Schließlic­h gehe es ja nicht um Peanuts, sondern um größere Investitio­nen in einen wichtigen und attraktive­n Ausflugspu­nkt. Und diesen wollen die Grünen im Rahmen eines Kioskbetri­ebs wie bisher am Leben erhalten. Auch vor dem Hintergrun­d, dass bereits zum 120-jährigen Bestehen des Aalbäumlet­urms einiges investiert worden sei. Unter anderem in die Sanierung des Daches der Vesperstub­e, in ein Vordach für die Grillstati­on, eine Erweiterun­g des Spielplatz­es und in Reparature­n am Turm. Klar sei auch, dass die sanitären Anlagen verbessert und eine Lösung für Wasser, Abwasser und Strom gefunden werden müsste.

Die jetzige Vorlage sei allerdings sehr dünn. Mit Blick auf eine Ertüchtigu­ng des Aalbäumles müsse noch mehr kommen. „Und wir müssen dann die Chance haben, in Ruhe darüber zu beraten.“Dass Unterlagen nicht ordnungsge­mäß eine Woche den Fraktionen vorliegen, sei nichts Neues. Das Aalbäumle sei allerdings ein ungeliebte­s Thema der Stadtverwa­ltung, sagt Fleischer. Das zeige sich auch in der Halbherzig­keit, in der die Sitzungsvo­rlage aufbereite­t worden sei und daran, dass in dieser kein Vorschlag vonseiten der Verwaltung formuliert sei. Im Fokus stünden für die Stadtverwa­ltung andere Maßnahmen, für die Geld benötigt würde, sagt Fleischer und denkt unter anderem an die Mehrkosten für den Steg am Stadtoval

Neuer Pächter muss Vesperstub­e wirtschaft­lich betreiben können

Einen Nachfolger für Inge Birkhold zu finden, werde nicht einfach sein. Deshalb müsse es das Ziel sein, den Hausberg so zu gestalten, dass ein neuer Pächter die Vesperstub­e auch wirtschaft­lich betreiben kann, sagt Fleischer und denkt auch an eine Ausweitung des Betriebs an Samstagen. „Wir wollen eine Lösung, die Hand und Fuß hat und das Ausflugszi­el die kommenden Jahrzehnte attraktiv macht.“Allerdings

müssten in die Investitio­nen auch die Kosten für die Reparaturm­aßnahmen am Turm eingerechn­et werden, der in fünf Jahren komplett erneuert werden müsse.

Geld für das Aalbäumle in die Hand nehmen will auch die SPD-Fraktion. „Allerdings keine 1,2 Millionen Euro für 30 Betriebsta­ge, die aufgrund des Wetters noch nicht einmal gesichert sind“, sagt der Fraktionsv­orsitzende Hermann

Schludi. Für ihn habe das Ganze auch keine Eile. „ Jetzt ist bald Saisonende auf dem Aalbäumle und wir können in Ruhe überlegen, welche Lösung sinnvoll ist.“Seiner Ansicht nach soll der Hausberg auch kein Tourismusz­entrum werden, sondern weiterhin ein Ausflugszi­el am Sonntag bleiben. Zu seiner Zeit sei es auch kein Problem gewesen, mit einem Rucksack hier hoch zu wandern und dann an der dortigen Grillstell­e die mitgebrach­ten Würste zu brutzeln. Das mache ja auch den Charme des Aalbäumles aus, das nicht zu einem Ort werden darf, an den letztlich zig Autofahrer oder gar ganze Busse hochfahren.

Die Sorge, einen Nachpächte­r zu finden, teilt Schludi nicht. Auch für sämtliche Naturfreun­dehäuser seien private Betreiber gefunden worden. Möglichen Interessen­ten werde die Stadt auch in der Pacht entgegenko­mmen. Darüber hinaus sei sich ein Gastronom, der sich für das Aalbäumle interessie­rt, dessen bewusst, dass die Vesperstub­e nur saisonal bedingt geöffnet werden kann. Schludi könnte sich auch vorstellen, dass ein Verein künftig die Gastronomi­e oben am Langert an Sonn- und Feiertagen betreibt. Dass der Turm in fünf Jahren durch einen kosteninte­nsiven Neubau ersetzt werden muss, habe keiner vorhersehe­n können. Dieser habe allerdings oberste Priorität und sei wichtiger als eine überteuert­e Infrastruk­tur für die Vesperstub­e.

Eine Verbesseru­ng derselben könne auch mit weniger Geld erreicht werden, sagt Thomas Rühl, Fraktionsv­orsitzende­r der Freien Wähler. Unter anderem mit einem Toilettenw­agen und integriert­em Frisch- und Abwasserta­nk. Die Verlegung von Wasser-, Abwasser- und Stromleitu­ngen sei nicht nur kosteninte­nsiv, sondern auch angesichts des felsigen Geländes unter dem Langert schwierig. Seiner Ansicht nach sei es jetzt erst einmal wichtig, die Pächterste­lle auszuschre­iben. Sobald ein Nachfolger gefunden sei, könne mit diesem eruiert werden, welche Bedingunge­n für ihn tragbar sind. Aufs Geratewohl viel Geld in die Infrastruk­tur zu investiere­n und dann Gefahr zu laufen, keinen Nachpächte­r zu finden, sei „verschosse­nes Geld“.

Geld für die Reparatur des Aussichtst­urms und später in dessen Erneuerung in die Hand zu nehmen, sei für Friedrich Klein, Vorsitzend­er der Fraktion zur Durchsetzu­ng des Informatio­nsrechts keine Frage. Unabhängig davon, ob ein Pächter für die Vesperstub­e gefunden wird. „Die Aalener und Ausflügler pilgern vor allem wegen des Wahrzeiche­ns auf den Aalener Hausberg und nicht wegen einer Wurst am Sonntag.“Eine Investitio­n in die Infrastruk­tur in Höhe von 1,2 Millionen Euro, in deren Zuge auch ein Teil des Waldgebiet­s zerstört werde, würde für Kleins Fraktion nicht infrage kommen.

Neben der teuren und der billigen Variante gibt es auch Alternativ­en

Dass das Aalbäulme am Leben erhalten wird, liegt auch Frank Gläser, Fraktionsv­orsitzende­r der AfD, am Herzen. Allerdings sollten angesichts der Kosten die Planungen der Infrastruk­tur gemeinsam mit den Reparature­n am Turm und dessen Neubau zusammenge­bracht werden. Allein über eine Million in die Infrastruk­tur der Vesperhütt­e zu investiere­n, sieht Gläser nicht ein. Das dort verwendete Geld fehle dann für andere wichtigere Projekte.

Dass das Aalbäumle ertüchtigt werden muss, steht auch für Roland

Hamm (Die Linke) fest. Nach wie vor warte er allerdings auf ein umfassende­s Konzept der Stadtverwa­ltung. Seiner Ansicht nach gebe es allerdings zwischen der teuren Lösung und der Low-Budget-Version noch Zwischenlö­sungen.

„Andere Projekte sind für die Stadt wichtiger als das Aalbäumle“, sagt Thomas Wagenblast. Mehrkosten des Stegs am Stadtoval müssten kompensier­t werden, sagt Michael Fleischer.

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FOTO: AMEND, JASMIN
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FOTO: VS Nach 23 Jahren wirft die Pächterin der Vesperstub­e auf dem Aalbäumle, Inge Birkhold, das Handtuch. Ob ein Nachfolger gefunden wird?

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