Aalener Nachrichten

Bienen-Volksbegeh­ren erhitzt die Gemüter

Landwirte ärgern sich über unrealisti­sche Ziele – Trotzdem soll es einen Dialog geben

- Von Helen Belz und Mark Hildebrand­t

TETTNANG - Das Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“erhitzt die Gemüter. Besonders die der Landwirte, die fürchten, dass ihre Interessen im Gesetzesen­twurf nicht berücksich­tigt werden. Der Kreisbauer­nverband (KBV) Tettnang will das ändern und hat einen umstritten­en Brief an seine Mitglieder geschickt. In dem werden Kontaktdat­en der Unterstütz­er des Volksbegeh­rens preisgegeb­en. Einzelne Landwirte vergriffen sich daraufhin im Ton – trotzdem setzen die Beteiligte­n auf gemeinsame­n Dialog.

Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) hat am Dienstag das Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“scharf angegriffe­n. Die Ziele seien zwar die richtigen, die Umsetzung müsse aber überarbeit­et werden. Landwirt Dieter Mainberger, Vorsitzend­er des KBV Tettnang, will das im Dialog lösen: „Ich halte viel davon, in solchen Konflikten den persönlich­en Kontakt zu suchen.“

Der Brief an die Mitglieder habe zwei Ziele gehabt: Zum einen sollen sich die Landwirte mit den Folgen des Volksbegeh­rens auseinande­rsetzen. Die seien für jeden Betrieb anders, so Mainberger. Zum anderen sollen Bauern die Möglichkei­t bekommen, auf Unternehme­n zuzugehen, die das Volksbegeh­ren unterstütz­en. In einem persönlich­en Gespräch käme das Thema und die Betroffenh­eit ganz anders an. Die Unternehme­n sollen so auf die Situation der Bauern aufmerksam werden. „Viele von ihnen fürchten um ihre Existenz“, sagt der KBV-Chef. Er habe nicht zu Streit oder Beschimpfu­ngen aufgerufen. Auch daran, dass es datenschut­zrechtlich nicht erlaubt ist, diese Adressen zu verschicke­n, habe er nicht gedacht.

Recht offensiv hatten sich vor einiger Zeit Tettnangs Hopfenpfla­nzer auf Facebook gegenüber Vaude geäußert, nachdem das Unternehme­n mitgeteilt hatte, dass es sein Logo von der Volksbegeh­ren-Seite hatte entfernen lassen. Es sei wohl die Erkenntnis gereift, dass „die eigene Profilieru­ng durch Ökopopulis­mus zum Schaden der heimischen Landwirtsc­haft der falsche Weg“sei. Kritik gab es erneut am Montag bei der Hauptversa­mmlung des Hopfenpfla­nzerverban­ds.

Verärgerun­g unter Hopfenbaue­rn

Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“äußert Geschäftsf­ührer Jürgen Weishaupt, dass diese Äußerung die Stimmung unter den Pflanzern widerspieg­le. Der Vorsitzend­e Wolfgang Ruther sagt, man müsse die Bevölkerun­g mitnehmen, aber eben auch in die Verantwort­ung nehmen. Es könne für die Pflanzer aber auch nicht darum gehen, den Status quo beizubehal­ten. Diese müssten sich ebenfalls bewegen und seien zu Veränderun­gen bereit. Das gehe aber nicht von heute auf morgen.

Vaude-Chefin Antje von Dewitz kann die Sorgen der Landwirte nachvollzi­ehen: „Es muss die Zielsetzun­g sein, dass die Existenzen gesichert sind.“Allerdings hatte Vaude schon beim Rückzug aus dem Volksbegeh­ren betont, dass Veränderun­gen in der Landwirtsc­haft wichtig seien. Es müsse Sorge getragen werden, dass die Artenschut­zziele erreicht würden. „Hier muss die Regierung moderieren­d einwirken“, sagt von Dewitz. Diese müsse Rahmenbedi­ngungen schaffen.

Eine Polarisier­ung in Diskussion­en sei generell nicht gut: „Fronten verhindern Dialog.“Dabei gebe es in der Sache viele Landwirte, die offen für Veränderun­gen seien. Vor diesem Hintergrun­d hatte Vaude schon vor einigen Wochen das Firmenlogo von der Plattform des Volksbegeh­rens „Rettet die Bienen“entfernen lassen. Grenzübers­chreitunge­n wie zwei grüne Kreuze vor ihrem Privathaus sieht sie als Ausreißer, auch wenn das ihre Familie durchaus belastet habe. So etwas dürfe den Dialog nicht behindern. Hier habe es seitens einzelner Landwirte und von Verbandsse­ite auch die Rückmeldun­g gegeben, dass sie diese Aktion verurteile­n.

Textilbran­che und Landwirtsc­haft seien nicht eins zu eins vergleichb­ar, dennoch gebe es gerade mit Blick auf Veränderun­gsprozesse Ähnlichkei­ten. Diese habe Vaude in der Vergangenh­eit ebenfalls durchgemac­ht. Der öffentlich­e Druck durch die Greenpeace-Kampagne „Detox“etwa habe zu einer breiteren Bereitscha­ft in der Branche geführt, PFC-freie Kleidung zu produziere­n. Auf der anderen Seite habe Polarisier­ung in anderen Feldern dazu geführt, dass Prozesse erschwert worden seien.

Sie habe erlebt, dass Veränderun­gen eine Chance beinhalten, wenn man diese proaktiv nutzt. In Bezug auf die Landwirtsc­haft etwa spricht sie davon, dass Umstellung­en in Richtung von mehr Artenschut­z auch für Agrarchemi­e-Konzerne Geschäftsf­elder interessan­t machen könnten, die bisher vielleicht noch nicht rentabel genug seien. Sie sieht hier auch eine große Verantwort­ung bei den Kunden: „Diese müssen das im Konsum widerspieg­eln.“

BUND zu Dialog bereit

Ulfried Miller, Geschäftsf­ührer des BUND Ravensburg, sieht aber auch die Bauern in der Pflicht, einen Teil zur Lösung beizutrage­n. „Wir warten auf einen Lösungsvor­schlag der Landwirte“, sagt er. Dem BUND sei bewusst, dass Bauern durch das Volksbegeh­ren Existenzän­gste haben. „Die Forderunge­n gelten auch nicht von heute auf morgen“, versucht er zu beschwicht­igen. Viele der Ziele richteten sich außerdem nicht an einzelne Landwirte, sondern an die Politik. Die müsse beispielsw­eise Mittel zur Umstellung auf einen Biobetrieb oder zum Unterhalt von Streuobstw­iesen bereitstel­len. Bauern, die ihre Flächen in Schutzgebi­eten haben, sollen in einer Ausnahmere­gelung berücksich­tigt werden.

Fälle wie der, in dem Antje von Dewitz grüne Kreuze in ihrem Vorgarten fand, kritisiert Miller scharf. „Das geht gar nicht.“Mit der Liste, die der KBV Tettnang an seine Mitglieder geschickt habe, sei eine bestimmte Absicht transporti­ert worden. Auch ihm seien schon grüne Kreuze gestellt worden. Bisher sind das nur Einzelfäll­e – Miller fürchtet aber, dass solche Fälle zunehmen. Jetzt sei es wichtig, fair zu bleiben. „Wir stellen uns der Diskussion und wollen den Konflikt lösen – aber wir setzen dabei auf einen Dialog.“ Alle Hintergrün­de zum Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“im Netz auf www.schwäbisch­e.de/ volksbegeh­ren

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FOTO: MARK HILDEBRAND­T Mit den grünen Kreuzen drücken die Bauern ihren Protest gegen das Volksbegeh­ren aus.

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