Bienen-Volksbegehren erhitzt die Gemüter
Landwirte ärgern sich über unrealistische Ziele – Trotzdem soll es einen Dialog geben
TETTNANG - Das Volksbegehren „Rettet die Bienen“erhitzt die Gemüter. Besonders die der Landwirte, die fürchten, dass ihre Interessen im Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt werden. Der Kreisbauernverband (KBV) Tettnang will das ändern und hat einen umstrittenen Brief an seine Mitglieder geschickt. In dem werden Kontaktdaten der Unterstützer des Volksbegehrens preisgegeben. Einzelne Landwirte vergriffen sich daraufhin im Ton – trotzdem setzen die Beteiligten auf gemeinsamen Dialog.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat am Dienstag das Volksbegehren „Rettet die Bienen“scharf angegriffen. Die Ziele seien zwar die richtigen, die Umsetzung müsse aber überarbeitet werden. Landwirt Dieter Mainberger, Vorsitzender des KBV Tettnang, will das im Dialog lösen: „Ich halte viel davon, in solchen Konflikten den persönlichen Kontakt zu suchen.“
Der Brief an die Mitglieder habe zwei Ziele gehabt: Zum einen sollen sich die Landwirte mit den Folgen des Volksbegehrens auseinandersetzen. Die seien für jeden Betrieb anders, so Mainberger. Zum anderen sollen Bauern die Möglichkeit bekommen, auf Unternehmen zuzugehen, die das Volksbegehren unterstützen. In einem persönlichen Gespräch käme das Thema und die Betroffenheit ganz anders an. Die Unternehmen sollen so auf die Situation der Bauern aufmerksam werden. „Viele von ihnen fürchten um ihre Existenz“, sagt der KBV-Chef. Er habe nicht zu Streit oder Beschimpfungen aufgerufen. Auch daran, dass es datenschutzrechtlich nicht erlaubt ist, diese Adressen zu verschicken, habe er nicht gedacht.
Recht offensiv hatten sich vor einiger Zeit Tettnangs Hopfenpflanzer auf Facebook gegenüber Vaude geäußert, nachdem das Unternehmen mitgeteilt hatte, dass es sein Logo von der Volksbegehren-Seite hatte entfernen lassen. Es sei wohl die Erkenntnis gereift, dass „die eigene Profilierung durch Ökopopulismus zum Schaden der heimischen Landwirtschaft der falsche Weg“sei. Kritik gab es erneut am Montag bei der Hauptversammlung des Hopfenpflanzerverbands.
Verärgerung unter Hopfenbauern
Auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“äußert Geschäftsführer Jürgen Weishaupt, dass diese Äußerung die Stimmung unter den Pflanzern widerspiegle. Der Vorsitzende Wolfgang Ruther sagt, man müsse die Bevölkerung mitnehmen, aber eben auch in die Verantwortung nehmen. Es könne für die Pflanzer aber auch nicht darum gehen, den Status quo beizubehalten. Diese müssten sich ebenfalls bewegen und seien zu Veränderungen bereit. Das gehe aber nicht von heute auf morgen.
Vaude-Chefin Antje von Dewitz kann die Sorgen der Landwirte nachvollziehen: „Es muss die Zielsetzung sein, dass die Existenzen gesichert sind.“Allerdings hatte Vaude schon beim Rückzug aus dem Volksbegehren betont, dass Veränderungen in der Landwirtschaft wichtig seien. Es müsse Sorge getragen werden, dass die Artenschutzziele erreicht würden. „Hier muss die Regierung moderierend einwirken“, sagt von Dewitz. Diese müsse Rahmenbedingungen schaffen.
Eine Polarisierung in Diskussionen sei generell nicht gut: „Fronten verhindern Dialog.“Dabei gebe es in der Sache viele Landwirte, die offen für Veränderungen seien. Vor diesem Hintergrund hatte Vaude schon vor einigen Wochen das Firmenlogo von der Plattform des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“entfernen lassen. Grenzüberschreitungen wie zwei grüne Kreuze vor ihrem Privathaus sieht sie als Ausreißer, auch wenn das ihre Familie durchaus belastet habe. So etwas dürfe den Dialog nicht behindern. Hier habe es seitens einzelner Landwirte und von Verbandsseite auch die Rückmeldung gegeben, dass sie diese Aktion verurteilen.
Textilbranche und Landwirtschaft seien nicht eins zu eins vergleichbar, dennoch gebe es gerade mit Blick auf Veränderungsprozesse Ähnlichkeiten. Diese habe Vaude in der Vergangenheit ebenfalls durchgemacht. Der öffentliche Druck durch die Greenpeace-Kampagne „Detox“etwa habe zu einer breiteren Bereitschaft in der Branche geführt, PFC-freie Kleidung zu produzieren. Auf der anderen Seite habe Polarisierung in anderen Feldern dazu geführt, dass Prozesse erschwert worden seien.
Sie habe erlebt, dass Veränderungen eine Chance beinhalten, wenn man diese proaktiv nutzt. In Bezug auf die Landwirtschaft etwa spricht sie davon, dass Umstellungen in Richtung von mehr Artenschutz auch für Agrarchemie-Konzerne Geschäftsfelder interessant machen könnten, die bisher vielleicht noch nicht rentabel genug seien. Sie sieht hier auch eine große Verantwortung bei den Kunden: „Diese müssen das im Konsum widerspiegeln.“
BUND zu Dialog bereit
Ulfried Miller, Geschäftsführer des BUND Ravensburg, sieht aber auch die Bauern in der Pflicht, einen Teil zur Lösung beizutragen. „Wir warten auf einen Lösungsvorschlag der Landwirte“, sagt er. Dem BUND sei bewusst, dass Bauern durch das Volksbegehren Existenzängste haben. „Die Forderungen gelten auch nicht von heute auf morgen“, versucht er zu beschwichtigen. Viele der Ziele richteten sich außerdem nicht an einzelne Landwirte, sondern an die Politik. Die müsse beispielsweise Mittel zur Umstellung auf einen Biobetrieb oder zum Unterhalt von Streuobstwiesen bereitstellen. Bauern, die ihre Flächen in Schutzgebieten haben, sollen in einer Ausnahmeregelung berücksichtigt werden.
Fälle wie der, in dem Antje von Dewitz grüne Kreuze in ihrem Vorgarten fand, kritisiert Miller scharf. „Das geht gar nicht.“Mit der Liste, die der KBV Tettnang an seine Mitglieder geschickt habe, sei eine bestimmte Absicht transportiert worden. Auch ihm seien schon grüne Kreuze gestellt worden. Bisher sind das nur Einzelfälle – Miller fürchtet aber, dass solche Fälle zunehmen. Jetzt sei es wichtig, fair zu bleiben. „Wir stellen uns der Diskussion und wollen den Konflikt lösen – aber wir setzen dabei auf einen Dialog.“ Alle Hintergründe zum Volksbegehren „Rettet die Bienen“im Netz auf www.schwäbische.de/ volksbegehren