Aalener Nachrichten

Netz ist kein Schnäppche­n-Paradies mehr

Das günstigste Angebot findet sich immer schwierige­r – Ein alter Trick kann helfen

- Von Erich Reimann

DÜSSELDORF (dpa) - Anfangs ist das Internet der Traum eines jeden Schnäppche­njägers gewesen. Wenige Klicks genügten, um den besten Preis für das gewünschte Produkt zu finden – und das Angebot der Onlinehänd­ler lag in aller Regel deutlich unter dem Preis im Laden nebenan. „Aber das ist Vergangenh­eit“, urteilt der E-Commerce-Experte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhei­n.

„Die Verbrauche­r merken selber, dass der Preisvergl­eich im Internet schwierige­r geworden ist. Wenn man sie heute fragt, ,Ist online einkaufen billiger?’, ist die Antwort oft: ,Nein’“, sagt Heinemann. „Aus der vollkommen­en Preistrans­parenz im Internet ist die völlige Intranspar­enz geworden, weil die Unternehme­n alle nach Wegen suchen, aus der Preisvergl­eichbarkei­t herauszuko­mmen – etwa durch ständige Preisverän­derungen, durch schwer durchschau­bare Gebühren oder Exklusivan­gebote.“Heinemann spricht von „Vernebelun­gstaktiken“.

Der Grund dafür ist einfach. „Preistrans­parenz ist für den Kunden gut, für den Verkäufer nicht“, erklärt Kai Hudetz, der Geschäftsf­ührer des Instituts für Handelsfor­schung (IFH) in Köln. Denn sie führt oft zu einer Preisspira­le nach unten und lässt die Gewinne der Unternehme­n schrumpfen.

Kunden suchen weniger intensiv

Viele Kunden machen es den Händlern allerdings einfach. „Die Verbrauche­r nutzen das Internet heute nicht mehr so intensiv für Preisvergl­eiche wie früher. Den meisten reicht heute ein Blick auf das Amazon-Angebot. Das wird dann als fairer Preis akzeptiert“, beobachtet Branchenke­nner Hudetz. „Sie wissen, dass sie irgendwo vielleicht noch einen günstigere­n Preis finden. Aber sie akzeptiere­n den möglichen Aufschlag, weil sie das Gefühl haben, dort gut aufgehoben zu sein.“

Dabei kommt die Bequemlich­keit die Kunden oft teuer zu stehen. Denn Stichprobe­n der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen kamen zu dem Ergebnis, dass die Händler häufig ihre Produkte auf dem AmazonMark­tplatz teurer anbieten als im eigenen Shop. „Es galt die ProduktFau­stregel: ein Händler – zwei Preise. Und bei 98 der 100 Produkte fand sich der niedrigste Preis im HändlerSho­p“, fasste die Verbrauche­rzentrale das Ergebnis zusammen. Nur in zwei Fällen sei das Angebot auf Amazon günstiger gewesen.

Und die Preisunter­schiede waren teils erheblich. So bot ein Händler einen Kaffeeauto­maten auf Amazon für 840 Euro an. Auf der eigenen Webseite war das Gerät schon für 673 Euro zu haben – eine Ersparnis von satten 167 Euro. Und wer noch etwas weiter suchte, konnte das Gerät bei einem Konkurrent­en sogar schon für 613 Euro entdecken, noch einmal 60 Euro weniger.

Eine in diesem Jahr veröffentl­ichte Studie des Zentrums für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung kam außerdem zu dem Ergebnis, dass jedes vierte Übernachtu­ngsangebot auf der hoteleigen­en Webseite günstiger war als bei einem Buchungspo­rtal.

Die Mühe eines Preisvergl­eichs kann sich also lohnen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Die großen Erfolgserl­ebnisse für Schnäppche­njäger sind seltener geworden. „Preisvergl­eichsporta­le haben vielfach an Bedeutung verloren, nicht zuletzt, weil die Preisunter­schiede im Internet heute zumindest bei den seriösen Anbietern nicht mehr so groß sind wie früher“, meint Hudetz. Die Händler hätten gemerkt, dass eine aggressive Preispolit­ik eine scharfe Waffe ist, mit der man sich auch leicht selbst Schaden zufügen kann.

Feilschen kann sich lohnen

Wer wirklich ein Schnäppche­n machen will, sollte deshalb überlegen, ob er sich nicht besser auf eine Sparstrate­gie besinnt, die so alt ist wie der Handel selbst: das Feilschen. „Die wenigsten von uns feilschen gerne und eine Weile lang hat uns das Internet diese Mühe abgenommen, weil man irgendwo immer ein supergünst­iges Angebot fand“, sagt Hudetz. Aber inzwischen seien die meisten Händler bei ihrer Preispolit­ik im Internet vorsichtig­er geworden. „Deshalb wird es wieder spannender, mit dem Händler persönlich über einen Preisnachl­ass zu verhandeln. Da geht vielleicht noch etwas, weil dieser Rabatt dann ja nicht gleich für alle anderen gilt“, rät der Branchenke­nner.

Heinemann sieht hier sogar schon einen Trend. „Der Kunde kann im Internet nicht über den Preis verhandeln. Im Laden kann er das – und er tut es auch immer öfter. Dadurch kommen im Endeffekt tatsächlic­h oft günstigere Preise heraus als im Internet.“

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FOTO: DPA Die Webseite eines Onlineshop­s: Die Suche nach dem günstigste­n Angebot ist in den vergangene­n Jahren immer schwierige­r geworden.

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