„Theater muss persönliche Relevanz haben“
Gespräch mit Autor Lorenz Hippe: Wie der Text für „BAM! Ich bin glücklich!“entstand
AALEN - Nach Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern aus Aalen und Umgebung hat Lorenz Hippe den Text für „BAM! Ich bin glücklich!“geschrieben. Unser Redakteur Ansgar König hat bei dem Berliner Autor nachgefragt, wie und warum der Text entstanden ist.
Herr Hippe, wie, wann und wo liefen die Gespräche ab?
Wir, also Regisseur Winfried Tobias, Dramaturgin Anne Klöcker und ich, haben von Oktober bis März Schüler aus fünf Klassen der verschiedensten Schulen befragt, zunächst in großer Runde, später in kleineren. Grundfrage war: Wann habt oder hattet ihr glückliche Momente? Die Antworten waren je nach Altersstufe sehr unterschiedlich. Es zeigte sich aber, dass die meisten Schüler glücklich sind, wenn Krisen überwunden wurden. Es ging auch um Krisen und Glücksgefühle am Computer, etwa bei Spielen wie „Fortnite“oder „Minecraft“.
Nun verbindet ja ein normal arbeitender Erwachsener einen Computer nicht unbedingt mit Glück.
Ja, aber bei manchen Kindern ist das aber so: heimkommen von der Schule, Rechner an, spielen, ein Battle gewinnen, besser werden, Freunde treffen, Levels überwinden. Aber es geht im Stück nicht nur um Computersiege, es geht auch um Glückserlebnisse im normalen Leben.
Sie haben im Pressegespräch erklärt, dass Sie mit dem Stück nicht problematisieren wollen. Heißt das nicht auch, Sie verharmlosen?
Wir wollen erst mal nur wertfrei erzählen, von den Gefühlen, die Kinder damit verbinden, auch von den emotionalen Zwischentönen. Das ist meiner Meinung nach eine der Aufgaben des Theaters: Dialoge zu ermöglichen, indem man nicht wertet, sondern erzählt.
Ist das ein Schritt auf dem Weg zum Theater der Zukunft?
Bei meiner Arbeit am Grips-Theater in Berlin haben wir eine Umfrage gemacht: 70 Prozent der Schüler waren – sehr zum Entsetzen der Macher – der Meinung, dass es in Zukunft kein Theater mehr geben wird. Vor allem ab Klasse vier – auch in Aalen – wünschen sie sich weniger Bühnensituation, mehr Technik und Komfort, fast wie im Kino mit Essen und Trinken. Ob das Theater das tatsächlich in Zukunft so sein muss, ist eine andere Frage. Die Aalener Kinder und Jugendlichen unterscheiden sich nicht wesentlich von Kindern in größeren Städten, auch wenn ich das Gefühl gewonnen habe, dass es in Aalen noch ein großes Freizeitangebot gibt: Natur, Sport oder auch Tanz. Die Erfahrungswelten der Jugend ändern sich, Theater muss auch weiterhin persönliche Relevanz haben.
Sie kommen im Moment aus der Schulpremiere des Stücks. War diese Relevanz spürbar?
Ja, ich hatte schon das Gefühl einer unmittelbaren Resonanz. Ich glaube, wir hatten heute ein sehr glückliches Publikum, das bereit war mitzumachen. Der belebende Moment, wenn aus einem abwartenden Zuschauer ein Mitspieler im Wortsinn wird, der war heute sehr gut zu erleben.
13. Oktober, 15 Uhr, Wi.Z. 3. November, 1. und 29. März 2020, jeweils 15 Uhr, Wi.Z. www.theateraalen.de.
07361 / 522 600.