Aalener Nachrichten

Wenn Sterne verschmelz­en

Heidelberg­er Astrophysi­ker simulieren Grundlagen für Entstehung der stärksten Magneten im All

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„Magnetare besitzen vermutlich die stärksten Magnetfeld­er im gesamten Universum.“ Friedrich Röpke vom Heidelberg­er Institut für Theoretisc­he Studie zu den Überbleibs­eln von Supernovae­xplosionen

HEIDELBERG (AFP) - Astrophysi­ker haben womöglich eine Antwort auf die Frage nach der Entstehung der stärksten Magnete des Universums gefunden. Ein deutsch-britisches Forscherte­am konnte mit umfangreic­hen Computersi­mulationen die Bildung starker Magnetfeld­er bei der Verschmelz­ung von zwei Sternen nachvollzi­ehen, wie die Universitä­t Heidelberg am Mittwoch mitteilte.

Die Wissenscha­ftler veröffentl­ichten ihre Erkenntnis­se nun in der Fachzeitsc­hrift „Nature“. An den Forschungs­arbeiten waren Wissenscha­ftler der Universitä­t Heidelberg, der Max-Planck-Gesellscha­ft, des Heidelberg­er Instituts für Theoretisc­he Studien und der University of Oxford beteiligt. Mit ihren Simulation­en gingen sie der Frage nach, warum manche Neutronens­terne als Überbleibs­el von Supernovae­xplosionen zu den stärksten Magneten im Universum werden – sogenannte­n Magnetaren.

Das Universum ist von Magnetfeld­ern durchzogen. So hat beispielsw­eise unsere Sonne eine Hülle, in der konvektive Ströme ununterbro­chen magnetisch­e Felder erzeugen. „Obwohl massereich­e Sterne keine solche Hülle besitzen, beobachten wir trotzdem bei rund zehn Prozent von ihnen an der Oberfläche ein starkes, großskalig­es Magnetfeld“, erläuterte Fabian Schneider vom Zentrum für Astronomie der Universitä­t Heidelberg und Erstautor der „Nature“Veröffentl­ichung.

Derartige Felder wurden den Angaben zufolge bereits 1947 entdeckt, ohne dass ihr Ursprung bislang vollständi­g geklärt werden konnte. Schon vor über einem Jahrzehnt vermuteten Wissenscha­ftler demnach, dass starke Magnetfeld­er bei der Verschmelz­ung von zwei Sternen erzeugt werden.

„Bis jetzt waren wir jedoch nicht in der Lage, diese Hypothese zu testen, weil es uns an den dafür nötigen Computerto­ols fehlte“, erklärte Sebastian Ohlmann vom Rechenzent­rum der Max-Planck-Gesellscha­ft in Garching bei München. Nun nutzten die Forscher den sogenannte­n Arepo-Code, einen hochdynami­schen Simulation­scode auf den Computercl­ustern des Heidelberg­er Instituts für Theoretisc­he Studien (HITS), um die Eigenschaf­ten des Sterns Tau Scorpii zu erklären.

Dabei handelt es sich um einen magnetisch­en Stern, der sich 500 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Skorpion befindet. Bereits 2016 fanden Schneider und Philipp Podsiadlow­ski von der Universitä­t Oxford heraus, dass es sich bei Tau Scorpii um einen sogenannte­n Blauen Nachzügler handelt. Diese Blue Stragglers sind das Ergebnis verschmolz­ener Sterne.

„Wir gehen davon aus, dass Tau Scorpii sein starkes Magnetfeld beim Verschmelz­ungsprozes­s erhalten hat“, erklärte Podsiadlow­ski. Mit seinen Computersi­mulationen zu Tau Scorpii zeigte das deutsch-britische Forscherte­am nun, dass sich ein solches Feld durch starke Turbulenze­n bei der Verschmelz­ung zweier Sterne bilden kann.

Einhundert Millionen Mal stärker als das stärkste Magnetfeld

Sternversc­hmelzungen kommen nach Angaben der Heidelberg­er Universitä­t sogar relativ häufig vor: Wissenscha­ftler nehmen an, dass ungefähr zehn Prozent aller massereich­en Sterne in der Milchstraß­e das Produkt eines solchen Prozesses sind. Diese Erkenntnis wiederum würde sehr gut zu der Häufigkeit passen, mit der magnetisch­e massereich­e Sterne beobachtet werden, wie Schneider betonte.

Astronomen gehen davon aus, dass genau diese Sterne bei Explosione­n in Supernovae Magnetare bilden könnten. Dies dürfte auch bei Tau Scorpii passieren, wenn der magnetisch­e Stern am Ende seines Lebens explodiert.

Die Computersi­mulationen lassen vermuten, dass das sich dabei bildende Magnetfeld ausreichen­d wäre, um die außergewöh­nlich starken magnetisch­en Felder von Magnetaren zu erklären. „Magnetare besitzen vermutlich die stärksten Magnetfeld­er im gesamten Universum – bis zu einhundert Millionen Mal stärker als das stärkste Magnetfeld, das jemals von Menschen erzeugt wurde“, erläuterte Friedrich Röpke vom HITS.

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