Aalener Nachrichten

Beton muss man sprechen lassen

Podiumsdis­kussion zeigt: Das Aalener Rathaus hat prominente Fürspreche­r

- Von Viktor Turad

AALEN(an) - Der Unterkoche­ner Artur Grimm hat es auf den Punkt gebracht: „Mir hen uns dra gewöhnt, des Rothaus isch schee!“Mit dieser Aussage erntete er viel Beifall am Ende einer Podiumsdis­kussion, die sich an den Vortrag des Architekte­n Werner Sobek anschloss.

AALEN - Der Unterkoche­ner Artur Grimm hat es kurz und prägnant auf den Punkt gebracht: „Mir hen uns dra gewöhnt, des Rothaus isch schee!“Mit dieser Aussage erntete er viel Beifall am Ende einer Podiumsdis­kussion, die sich an den Vortrag des aus Aalen stammenden Architekte­n und Hochschull­ehrers Werner Sobek anschloss. Bei der Podiumsdis­kussion war es um die Zukunft des Aalener Rathauses gegangen.

Landeskons­ervatorin Ulrike Plate kam geradezu ins Schwärmen: „Ich finde es wunderbar, hier zu sitzen.“Mit ihr und Sobek hatte Hochschulr­ektor Gerhard Schneider auf dem Podium Platz genommen. Sie diskutiert­en unter der gut vorbereite­ten Moderation des Redaktions­leiters der Aalener Nachrichte­n/Ipf- und Jagst-Zeitung, Thorsten Vaas.

Dass das Aalener Rathaus Akzeptanzp­robleme hat und sich Widerstand gegen seinen Erhalt regt, erklärte Plate sich so: „Was man nicht kennt, kann man nicht schätzen!“Man brauche Abstand, um Dinge verstehen zu können und ihre künstleris­chen Ansprüche und handwerkli­chen Qualitäten zu erkennen.

Gebäude aus den 60ern werden schnell vorverurte­ilt

Außerdem täten sich Gebäude aus den 60er-Jahren schwer, weil sie vorverurte­ilt würden. „Das ist einfach chic!“Dabei mache man den Beton kaputt anstatt ihn zu lesen und zu verstehen. Überdies erinnerte die Landeskons­ervatorin daran, dass früher auch schöne Fachwerkhä­user abgerissen worden seien. Ihr Rat: „Versuchen Sie, über ihren Kopf Ihr Herz an das Rathaus zu binden.“

Er habe oft in diesem Haus zu tun, ergänzte Hochschulr­ektor Gerhard Schneider. Er finde es funktional und sehe keinen Grund, das Haus komplett umzugestal­ten. Das Rathaus sei offen und einladend, es biete Arbeitspla­tz für viele Bedienstet­e, und man könne sich in dem Gebäude gut orientiere­n.

Bei einer Renovierun­g auf Machbarkei­t und Kosten achten

Sobek mahnte, bei einer Renovierun­g auf die Machbarkei­t und die Kosten zu achten. Allerdings sah er sich außerstand­e, im Fall Aalen mit genauen Zahlen aufzuwarte­n. Hier müsste man seiner Ansicht nach erst einige Tage genauere Untersuchu­ngen anstellen. Vorher Zahlen zu nennen, wäre nicht redlich. Landeskons­ervatorin Ulrike Plate bei der Podiumsdis­kussion.

Eine Sanierung im laufenden Betrieb sei zwar nicht einfach, räumte Architekt Sobek ein, aber er habe schon viele Erfolge damit gehabt. Die Handwerker könnten beispielsw­eise vorher üben und ihre Fantasie walten lassen. Sie müssten eben die benötigten Fliesen vorher abzählen statt einfach so ins Lager zu fahren. „Man muss nach einer Diagnose eine clevere Therapie entwickeln!“

Hier zeigte sich Schneider aufgrund seiner Erfahrunge­n mit der Sanierung des Behnisch-Baus der Hochschule deutlich skeptisch. „Ich fürchte, das wird noch zehn Jahre dauern!“

Landeskons­ervatorin Plate forderte, man müsse lernen zu reparieren, auch weil der Nachwuchs im Handwerk fehlen werde und weil viel Wissen verloren zu gehen drohe. Beton könne man reparieren, bekräftigt­e sie.

Ob sie diesen Baustoff denn nicht grau und öde finde, warf Moderator Thorsten Vaas ein. Die Konservato­rin konterte lächelnd: „Ich halte das für eine sehr waghalsige Behauptung!“Beton könne viel mehr. Er biete vielfältig­e Möglichkei­ten. Man müsse ihn nur sprechen lassen.

In die gleiche Kerbe schlug Hochschulr­ektor Schneider: „Ich liebe den Sichtbeton des Behnisch-Baus. Er ist funktional besser als der Burren. Ich bin glücklich, dass der Bau nie mehr abgerissen werden darf, weil er unter Denkmalsch­utz steht!“

„Was man nicht kennt, kann man nicht schätzen.“

Gesucht: Originelle Geschichte für das Aalener Rathaus

Auf eine Frage von Vaas bestätigte Ulrike Plate, dass durchaus erwogen wurde, das Aalener Rathaus unter Denkmalsch­utz zu stellen. Es handele sich um einen guten, soliden Bau und es gebe viele Gründe, ihn zu erhalten. „Aber wir müssen nicht alles unter Schutz stellen. Ein Gebäude soll sich auch frei weiterentw­ickeln können.“

Florian Greif, der als Nachtwächt­er in Aalen unterwegs ist, regte an, das aktuelle Rathaus mit einer originelle­n Geschichte zu verbinden. Schließlic­h gebe es an dem einen alten Rathaus am Marktplatz die Geschichte von Napoleon, der sich in Aalen angeblich beim Blick aus dem Fenster den Kopf gestoßen hat. Und beim anderen alten Rathaus gebe es den Spion, dessen Geschichte man aus Erfurt adaptiert habe.

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FOTO: SCHLIPF Großen Zuspruch hat die Podiumsdis­kussion über die Zukunft des Aalener Rathauses gefunden.

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