Beton muss man sprechen lassen
Podiumsdiskussion zeigt: Das Aalener Rathaus hat prominente Fürsprecher
AALEN(an) - Der Unterkochener Artur Grimm hat es auf den Punkt gebracht: „Mir hen uns dra gewöhnt, des Rothaus isch schee!“Mit dieser Aussage erntete er viel Beifall am Ende einer Podiumsdiskussion, die sich an den Vortrag des Architekten Werner Sobek anschloss.
AALEN - Der Unterkochener Artur Grimm hat es kurz und prägnant auf den Punkt gebracht: „Mir hen uns dra gewöhnt, des Rothaus isch schee!“Mit dieser Aussage erntete er viel Beifall am Ende einer Podiumsdiskussion, die sich an den Vortrag des aus Aalen stammenden Architekten und Hochschullehrers Werner Sobek anschloss. Bei der Podiumsdiskussion war es um die Zukunft des Aalener Rathauses gegangen.
Landeskonservatorin Ulrike Plate kam geradezu ins Schwärmen: „Ich finde es wunderbar, hier zu sitzen.“Mit ihr und Sobek hatte Hochschulrektor Gerhard Schneider auf dem Podium Platz genommen. Sie diskutierten unter der gut vorbereiteten Moderation des Redaktionsleiters der Aalener Nachrichten/Ipf- und Jagst-Zeitung, Thorsten Vaas.
Dass das Aalener Rathaus Akzeptanzprobleme hat und sich Widerstand gegen seinen Erhalt regt, erklärte Plate sich so: „Was man nicht kennt, kann man nicht schätzen!“Man brauche Abstand, um Dinge verstehen zu können und ihre künstlerischen Ansprüche und handwerklichen Qualitäten zu erkennen.
Gebäude aus den 60ern werden schnell vorverurteilt
Außerdem täten sich Gebäude aus den 60er-Jahren schwer, weil sie vorverurteilt würden. „Das ist einfach chic!“Dabei mache man den Beton kaputt anstatt ihn zu lesen und zu verstehen. Überdies erinnerte die Landeskonservatorin daran, dass früher auch schöne Fachwerkhäuser abgerissen worden seien. Ihr Rat: „Versuchen Sie, über ihren Kopf Ihr Herz an das Rathaus zu binden.“
Er habe oft in diesem Haus zu tun, ergänzte Hochschulrektor Gerhard Schneider. Er finde es funktional und sehe keinen Grund, das Haus komplett umzugestalten. Das Rathaus sei offen und einladend, es biete Arbeitsplatz für viele Bedienstete, und man könne sich in dem Gebäude gut orientieren.
Bei einer Renovierung auf Machbarkeit und Kosten achten
Sobek mahnte, bei einer Renovierung auf die Machbarkeit und die Kosten zu achten. Allerdings sah er sich außerstande, im Fall Aalen mit genauen Zahlen aufzuwarten. Hier müsste man seiner Ansicht nach erst einige Tage genauere Untersuchungen anstellen. Vorher Zahlen zu nennen, wäre nicht redlich. Landeskonservatorin Ulrike Plate bei der Podiumsdiskussion.
Eine Sanierung im laufenden Betrieb sei zwar nicht einfach, räumte Architekt Sobek ein, aber er habe schon viele Erfolge damit gehabt. Die Handwerker könnten beispielsweise vorher üben und ihre Fantasie walten lassen. Sie müssten eben die benötigten Fliesen vorher abzählen statt einfach so ins Lager zu fahren. „Man muss nach einer Diagnose eine clevere Therapie entwickeln!“
Hier zeigte sich Schneider aufgrund seiner Erfahrungen mit der Sanierung des Behnisch-Baus der Hochschule deutlich skeptisch. „Ich fürchte, das wird noch zehn Jahre dauern!“
Landeskonservatorin Plate forderte, man müsse lernen zu reparieren, auch weil der Nachwuchs im Handwerk fehlen werde und weil viel Wissen verloren zu gehen drohe. Beton könne man reparieren, bekräftigte sie.
Ob sie diesen Baustoff denn nicht grau und öde finde, warf Moderator Thorsten Vaas ein. Die Konservatorin konterte lächelnd: „Ich halte das für eine sehr waghalsige Behauptung!“Beton könne viel mehr. Er biete vielfältige Möglichkeiten. Man müsse ihn nur sprechen lassen.
In die gleiche Kerbe schlug Hochschulrektor Schneider: „Ich liebe den Sichtbeton des Behnisch-Baus. Er ist funktional besser als der Burren. Ich bin glücklich, dass der Bau nie mehr abgerissen werden darf, weil er unter Denkmalschutz steht!“
„Was man nicht kennt, kann man nicht schätzen.“
Gesucht: Originelle Geschichte für das Aalener Rathaus
Auf eine Frage von Vaas bestätigte Ulrike Plate, dass durchaus erwogen wurde, das Aalener Rathaus unter Denkmalschutz zu stellen. Es handele sich um einen guten, soliden Bau und es gebe viele Gründe, ihn zu erhalten. „Aber wir müssen nicht alles unter Schutz stellen. Ein Gebäude soll sich auch frei weiterentwickeln können.“
Florian Greif, der als Nachtwächter in Aalen unterwegs ist, regte an, das aktuelle Rathaus mit einer originellen Geschichte zu verbinden. Schließlich gebe es an dem einen alten Rathaus am Marktplatz die Geschichte von Napoleon, der sich in Aalen angeblich beim Blick aus dem Fenster den Kopf gestoßen hat. Und beim anderen alten Rathaus gebe es den Spion, dessen Geschichte man aus Erfurt adaptiert habe.