Klimabilanz eines Neubaus wäre katastrophal
Architekt Werner Sobek stellt Aalener Rathaus und Klimaschutz in Beziehung
AALEN - Was die Diskussion um die Zukunft des Aalener Rathauses mit der weltweiten Klimadebatte zu tun hat, hat der gebürtige Aalener Architekt Werner Sobek in seinem Vortrag deutlich gemacht. Denn auch in Aalen geht es um viele Tonnen Kohlendioxid (CO2), die in die Atmosphäre geblasen werden – oder auch nicht.
Wollte man die Emissionen, die ein Neubau verursachen würde, ausgleichen, müsste man nach den Berechnungen des Architekten Sobek 27 Millionen Bäume pflanzen. Denn nur sie könnten das dadurch erzeugte CO2 aus der Atmosphäre nehmen. Da dies nicht möglich sei, bleibe nur eins: Komplett neu denken. Oder mit Sobeks Worten: „Wir müssen für mehr Menschen mit weniger Material bauen!“Sein Vortrag im voll besetzten Foyer des Rathauses stand unter der Überschrift „Ein anderer Blick auf den Umgang mit alter Bausubstanz“.
Das Bauwesen, sagte Sobek weiter, stehe für 60 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs und für 50 bis 60 Prozent des Aufkommens an Hausmüll. Die Produktion von Zement verursache sieben Prozent der Emissionen und damit ein Prozent mehr als der Flugverkehr. Dies alles macht Sobek zufolge deutlich, welcher Hebel das Bauen beim Kampf gegen Klimawandel und Erderwärmung sein kann.
Als Rezept empfahl er, neue Häuser aus Müll zu bauen. Beim Bauen werde faktisch Sondermüll produziert, weil alle Stoffe miteinander verklebt seien und nie wieder getrennt werden könnten. Man müsse Häuser bauen, deren Stoffe möglichst vollständig wieder verwendet werden könnten. Dass dies möglich sei, habe er bei seinem eigenen Hausbau bewiesen, ließ Sobek einfließen.
Die Hälfte der Emissionen, die ein Bau verursache, entstünden bereits bei der Herstellung der Baustoffe, sagte der Professor, schädigten sofort die Umwelt und wirkten über die gesamte Zeitspanne. Die zweite Hälfte der Emissionen baue sich nach und nach auf. Wollte man also das Aalener Rathaus platt machen und neu aufbauen, würde man den Effekt verdoppeln. Abgesehen davon, dass man zu den Kosten eines Neubaus auch die dazurechnen müsste, die durch einen zeitweiligen Auszug der Bediensteten und ihre anderweitige Unterbringung entstehen würden.
Sobek erinnerte daran, dass das Aalener Gebäude von Anfang an umstritten war, dass es seiner Meinung nach aber nach wie vor gut funktioniere. Er ließ keinen Zweifel daran, dass er einen Abriss ablehnt. Man könnte es durch Reparaturen ertüchtigen, etwa durch das Erneuern der Toiletten, den Austausch von Fenstern, eine Wärmedämmung auf dem Dach und eine Begrünung. Sobek: „Mediziner würden von einem minimalinvasiven Eingriff sprechen.“.
Zu Beginn hatte Oberbürgermeister Thilo Rentschler betont, dass sein Herz für eine Modernisierung schlage. Er gehöre nicht zur Sprengstoffabteilung, sagte der OB. Er betonte, dass das Rathaus nicht nur Sitz von Gemeinderat und Verwaltung sei mit Arbeitsplätzen für über 300 Bedienstete, sondern in seiner wichtigsten Funktion ein Haus der Bürgergesellschaft.