In der Waschküche abgekocht
Das Familienleben ist bisweilen wie eine Seifenoper – tägliches Drama, kleine Tragödien und große Emotionen geben sich dabei die verwandtschaftliche Klinke in die Hand. Jeder hat seine Rolle zu akzeptieren und auszufüllen. Dumm nur, dass die Verkörperung der jeweils eigenen Aufgabe ganz unterschiedliche Resonanz hervorruft. Jene Person, die zum Beispiel täglich mehrmals in die von feuchter Wäschetrocknerluft geschwängerte Waschküche hinabsteigt, tut ihr wichtiges Werk im Verborgenen. Lob dafür kommt in der Praxis nicht vor. Kritik aber immer dann, wenn gerade der Lieblingspulli oder die violetten Socken mit den kleinen Krokodilen nicht frisch gewaschen sind.
Die Person indes, die für die Bereitung der Mahlzeiten zuständig ist, erntet viel Zuspruch für ihre Kochkunst, sofern sie nicht nur den Magen füllt, sondern auch den Gaumen erfreut. Das gelingt bei Schnitzeln oder Spaghetti natürlich besser, bei Gemüsevariationen und Innereien tendenziell schlechter. Die oder der Waschküchenbeauftragte hat im Gegensatz dazu keinerlei Spielräume. An der Ignoranz gegenüber seinem Wirken ändert auch der Wechsel der Waschmittelmarke wenig oder die Frage, ob Pulli oder Socken nun bei 45 oder 60 Grad gewaschen wurden. Aber wehe ihm, wenn Lieblingsstücke aus Versehen in die Kochwäsche gelangen und auf diese Weise auf Puppenkleidungsformat geschrumpft werden! Der Küchenchef, respektive die Küchenchefin, kann darüber nur milde lächeln. Rasch wird ein Schnitzel paniert – und alle Sünden sind vergeben. (nyf)