Versöhnlicher Ton
Brite Johnson und Ire Varadkar verhandeln über Brexit
LIVERPOOL/BRÜSSEL (dpa) - Im verfahrenen Brexit-Streit sind der britische Regierungschef Boris Johnson und sein irischer Kollege Leo Varadkar einer Lösung nähergekommen. „Sie waren sich einig, dass sie einen Weg zu einem möglichen Deal sehen könnten“, heißt es vorsichtig in einer gemeinsamen Erklärung nach einem Gespräch über die irische Grenzfrage. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel pochte am Donnerstag erneut auf eine Einigung der EU mit London. Allerdings zerrinnt die Zeit vor dem vorgesehenen EU-Austritt am 31. Oktober.
Johnson und Varadkar trafen sich am Donnerstag zu ihrem Gespräch über die Brexit-Scheidungsmodalitäten in einem historischen Gebäude in einem Dorf bei Liverpool, das vor allem für Hochzeiten beliebt ist. Dort tagten sie über zwei Stunden. Ihre Diskussion sei „ausführlich und konstruktiv“gewesen, hieß es in ihrer kurzen gemeinsamen Erklärung. Sie hätten sich geeinigt, weiter über ihre Diskussionen nachzudenken. Ihre Beamten würden intensiv beraten.
Ursprünglich hatte unter anderen der französische Präsident Emmanuel Macron zumindest Ansätze für eine Lösung der seit Jahren umstrittenen Irland-Frage bis Freitag dieser Woche gefordert. Das sei Voraussetzung für eine Lösung beim EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober. Trotz dieses Quasi-Ultimatums erwartet Großbritannien den Showdown aber erst beim Gipfeltreffen selbst.
Bis 19. Oktober muss Johnson laut einem britischen Gesetz ein Abkommen durch das Parlament bringen, sonst ist er dazu verpflichtet, eine Verlängerung der Brexit-Frist zu beantragen. Nach britischen Medienberichten könnte es an dem Tag eine Sondersitzung des Unterhauses geben.
Johnson signalisierte bislang, sich an das Gesetz halten zu wollen. Einen Aufschub lehnt er jedoch kategorisch ab und droht weiter damit, sein Land notfalls auch ohne Vertrag in drei Wochen aus der EU zu führen. Wie beides zusammenpassen soll, ist unklar. In Brüssel erwartet man, dass die Bitte um Fristverlängerung letztlich doch gestellt wird und die Staatengemeinschaft dem auch zustimmt.
Vorerst halten beide Seiten aber noch die Hoffnung auf einen LastMinute-Deal aufrecht – auch wenn sie weit auseinander liegen. Merkel sagte in Nürnberg, alle 27 bleibenden EU-Staaten würden bis zum letzten Tag dafür kämpfen, einen ungeregelten Austritt zu verhindern.