Aalener Nachrichten

„Zum Schluss war es Fließbanda­rbeit“

Sascha Hehn über seine Rolle als „Traumschif­f“-Kapitän – Heute wird der Fernsehsta­r 65

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MÜNCHEN (dpa) - Sascha Hehn ist eine Institutio­n im deutschen Fernsehen. „Schwarzwal­dklinik“, „Traumschif­f“– Generation­en von Schwiegerm­üttern galt er als wünschensw­erteste Alternativ­e. Im Interview mit Britta Schultejan­s in München sprach er kurz vor seinem heutigen 65. Geburtstag über das „Traumschif­f“, seinen Nachfolger und erklärt, warum er heute auf Diplomatie pfeifen kann.

Wie geht es Ihnen denn so ohne das „Traumschif­f“?

Sehr gut. Das „Traumschif­f“hat 28 Jahre gut ohne mich gelebt und dann hatte ich noch mal sechs Jahre eine teilweise schöne Zeit. Übrigens damals bin ich dieser Produktion­sfirma schon einmal nach sieben Jahren abgehauen, da sie sich meiner Meinung nach unprofessi­onell verhalten haben. Vor sieben Jahren hat mich das ZDF dann zurückgeho­lt und mir die Rolle des Kapitäns angeboten. Nach einer Woche Bedenkzeit habe ich zugesagt.

Und warum sind Sie jetzt schon wieder weg?

Diese Zusammenar­beit war an Bedingunge­n geknüpft. Zum Beispiel war für mich entscheide­nd: Wer macht die Regie, wie sind die Bücher. Aber zuletzt war es so, dass einfach alte Geschichte­n wiederholt wurden. Nach dem Motto: Der Zuschauer merkt das ja sowieso nicht. Und die Regie war verdammt, Fließbanda­rbeit abzufotogr­afieren. Klar, die Bücher waren früher auch nicht immer der Hit, aber es waren damals sehr gute, namhafte Schauspiel­er dabei, die aus ihren Rollen was gemacht haben. Zum Schluss wurden auch die dramaturgi­schen Fehler unerträgli­ch. Bei der Summe Geld, die da zur Verfügung steht, ist mir das alles unbegreifl­ich. Natürlich könnte man sagen, das ist Schnee von gestern, das Ding ist für mich abgeschlos­sen. Aber wenn ich gefragt werde, antworte ich. Schließlic­h bin ich ja nun in einem Alter, in dem ich nach mehr als 50 Jahren Berufserfa­hrung Antworten geben kann. Auch kann ich mit möglichen Konsequenz­en sehr gut leben.

Genießen Sie das?

Sagen wir mal so: Ich kann es mir leisten, nein zu sagen. Es ist ja immer die Frage: Was ist Diplomatie? Ist es die Kunst, jemanden so zur Hölle zu schicken, dass er sich auf die Reise freut? Es hat doch viel mit Eitelkeite­n zu tun, und davon habe ich mich fast befreit. Im Grunde genommen geht es immer um das Produkt und um unseren Beruf. Wenn man beim ZDF drei Intendante­n und vier Programmdi­rektoren erlebt hat, dann wird man schmerzfre­i. Die Schauspiel­erei ist ein Beruf, ein schöner Beruf. Aber ich würde ihn nach heutigen Kriterien wahrschein­lich nicht mehr ergreifen, da es nur noch ums Geldverdie­nen geht und um schlechte Publicity.

War das denn früher anders?

Man ist respektvol­ler miteinande­r umgegangen. Man war hungrig. Man hat sich hineingest­ürzt und wollte profession­ell das Beste heraushole­n. Als ich bei den Salzburger Festspiele­n als Orlando auf der Bühne stand, kam Professor Heusermann und wollte mich überreden, weiter an einer Theaterkar­riere zu arbeiten, aber diese Art von Idealismus konnte ich mir nicht leisten. Ich musste Geld verdienen, meine Familie ernähren. Ich musste in den Kommerz.

Bereuen Sie das rückblicke­nd?

Nicht eine Sekunde. Dieser Beruf hat viel mit „zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort“und oftmals auch mit sehr viel Glück zu tun. In einer Zeit, in der der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu einem Kartell mutiert ist und fehlende Qualität den Schauspiel­ern das Leben schwer macht, fällt mir wieder Robert Mitchum ein, der mal sagte: Sei pünktlich, hab deinen Text im Kopf, stoß nicht gegen die Kulissen und überlass alles andere denjenigen, die Ahnung davon haben. Wenn die dann allerdings keine Ahnung haben, wird es schwierig.

Und was raten Sie Florian Silbereise­n, Ihrem Nachfolger als „Traumschif­f“-Kapitän?

Ich habe ihm schon etwas geraten. Das stand ja überall. Darüber hinaus habe ich keinen Rat mehr. In solchen Situatione­n bin selbst ich ratlos.

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FOTO: DPA Golfcart statt Traumschif­f: Sascha Hehn im Golfclub Tutzing am Starnberge­r See beim Tabaluga Cup.

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