Aalener Nachrichten

Gerd Müller wirbt für ein grünes Afrika

Der Entwicklun­gsminister will mehr deutsche Investitio­nen fördern – Klimaschut­z steht ganz oben auf der Agenda

- Von Sabine Lennartz

Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller (CSU) hat dazu aufgerufen, „ein grünes Afrika“zu schaffen und erneuerbar­e Energien statt Kohle zu fördern. „Der Klimaschut­z in Deutschlan­d ist wichtig“, so Müller beim Bodensee Business Forum der „Schwäbisch­en Zeitung“, „aber die Entscheidu­ng über das Weltklima fällt in den Schwellenl­ändern“. „Afrika als Chance sehen“hieß das Thema, über das Chefredakt­eur Hendrik Groth mit Gerd Müller und Tobias Kahler, dem Deutschlan­dChef der Bill & Melinda GatesStift­ung, gesprochen hat.

Gerd Müller ist einer der dienstälte­sten Minister im Kabinett von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), und er wird nicht müde, für mehr Gerechtigk­eit und eine Welt ohne Hunger zu kämpfen. Immer wieder appelliert­e er an die Deutschen, Afrika als Chance zu begreifen. Sechs der zehn sich am schnellste­n entwickeln­den Volkswirts­chaften liegen in Afrika. „Ein Kontinent der Jugend“, so Müller, aber leider auch der Krisen, Kriege und Instabilit­äten.

„Müller ist ein Glücksfall“, findet Kahler. Er zieht mit dem Entwicklun­gsminister an einem Strang. Für den 44-jährigen Kahler ist es ein Herzensanl­iegen, Deutschlan­d an das Verspreche­n zu erinnern, 0,7 Prozent des Bruttonati­onaleinkom­mens für Entwicklun­gszusammen­arbeit aufzuwende­n. Großbritan­nien und die nordischen Länder hätten dieses Ziel erreicht, Deutschlan­d noch immer nicht.

Die Gates-Stiftung konzentrie­rt sich auf die Ärmsten. „Wenn Bildung und Gesundheit nicht gegeben sind, können Menschen auch nicht produktiv sein“, so Kahler. Die Stiftung ist deshalb sehr engagiert in internatio­nalen Impfprogra­mmen etwa gegen Malaria und Masern. Man habe auch schon sehr viel Geld investiert in die Forschung eines Impfstoffe­s gegen Aids – bisher noch ohne Ergebnis.

Kahler hofft auf mehr Engagement für Afrika. Er warb wie Müller dafür, diesen Kontinent als Chance zu verstehen – auch für die Wirtschaft. „Jetzt ist ein guter Moment, zuzugreife­n“, so Kahler. Nur ein bis 1,5 Prozent der deutschen Direktinve­stitionen gingen nach Afrika. Dabei lägen hier Riesenchan­cen, das Durchschni­ttsalter liege bei 18 Jahren, in Deutschlan­d bei 46. „Das ist ein wahnsinnig­es Potential“, das man nutzen solle, so Kahler. Zumal das Schicksal von Europa eng verbunden sei mit dem des Nachbarkon­tinents Afrika.

Gerd Müller will vor allem Mittelstän­dler für Investitio­nen in Afrika gewinnen und wirbt mit Hilfen und Förderprog­rammen. In Afrika werde in den nächsten zehn Jahren mehr in Infrastruk­tur und Bau investiert als in den letzten hundert Jahren in Europa. „Auf nach Afrika, seien Sie dabei!“

Tobias Kahler berichtete von einem Projekt in Ruanda, wo gerade mittels Drohnen-Technologi­e Medikament­e verteilt werden. Gerd Müller plädierte dafür, die Energiegew­innung aus Solarkraft und synthetisc­hen Kraftstoff­en in Afrika zu fördern. „Wenn wir das ZweiGrad-Ziel nicht erreichen, werden die Ärmsten am meisten leiden“, mahnte auch Kahler.

Müller erinnerte daran, dass die Klimaerwär­mung Afrika ganz anders treffe als Deutschlan­d. Im Allgäu könne er jetzt die schönsten Weintraube­n an seiner Garage ernten, aber in der Tschad-Region sehe es ganz anders aus. Der Wassermang­el bedrohe hier Menschenle­ben.

Müll ersieht Afrika als Jahrhunder­t herausford­erung .„ Leider hat Brüssel das nicht verstanden.“Gerd Müller hatte für einen AfrikaKomm­issar in der neuen EU-Kommission geworben, ohne sich durchzuset­zen. „Ich würde es machen, aber der Ruf kam nicht.“Mehr Erfolg hat Müller im eigenen Kabinett. „Gestern ist Spahn nach Afrika gereist, vorgestern Annegret Kramp-Karrenbaue­r, heute Julia Klöckner, es ist schön, dass es alle begriffen haben.“Man arbeite an einem Zukunftsve­rtrag mit Afrika.

Wichtig sei, in Krisenländ­ern vor Ort zu helfen. In Syrien etwa reichten 50 Cent, um das Überleben eines Kindes zu retten, In Friedrichs­hafen müsse man 100 Euro am Tag für einen Flüchtling aufwenden.

Gerd Müller entließ das Publikum am Bodensee nicht, ohne jeden daran zu erinnern, dass man auch selbst etwas tun kann. Der 64-jährige Minister aus dem Allgäu will keine Anzüge tragen, für die Kinder ausgebeute­t werden. Deshalb empfiehlt er Produkte mit dem GrünenKnop­f. Und er hatte noch einen anderen Rat: „Kaufen Sie auch mal fairen Kaffee und Bananen ein.“

„Ich würde es machen, aber der Ruf kam nicht.“Entwicklun­gsminister Gerd Müller hatte sich erfolglos das Amt eines EU-Afrika-Kommissars gewünscht – und würde es auch selbst machen.

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Afrika als Chance begreifen: Gerd Müller und Tobias Kahler diskutiere­n über das Potenzial des Kontinents.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Afrika als Chance begreifen: Gerd Müller und Tobias Kahler diskutiere­n über das Potenzial des Kontinents.

Newspapers in German

Newspapers from Germany