Aalener Nachrichten

Jugendlich­e wollen mitreden

Studie sieht die Jungen zwischen Angst und Zuversicht

- Von Rüdiger Suchsland Parasite.

BERLIN (sal) - Überwiegen­d positiv sehen deutsche Jugendlich­e in die Zukunft, so das Ergebnis der ShellJugen­dstudie 2019, die in Berlin vorgestell­t wurde. Aber in Sachen Klima sehen sie die Zeit gekommen, zu handeln und sich einzubring­en. Die größte Angst haben die 12- bis 25Jährigen vor der Umweltzers­törung.

Die Zustimmung zur Demokratie ist sehr hoch, aber mindestens ein Drittel der Jugendlich­en ist inzwischen empfänglic­h für populistis­che Positionen. Neun Prozent stimmen rechtspopu­listischen Positionen insgesamt zu. „Das muss uns wachrüttel­n“, sagte Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) bei der Vorstellun­g der Studie am Dienstag. Giffey glaubt, eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre könne helfen, dass die Jugendlich­en Politik positiver sehen. Außerdem müsse die politische Bildung besser werden. „Politik muss in Schulen eine größere Rolle spielen“, erklärte Giffey.

In Asien liegt gegenwärti­g das kreative Herz des Weltkinos: 2018 gewann ein Film aus Japan das wichtigste Filmfestiv­al der Welt in Cannes, 2019 war es der koreanisch­e Film „Parasite“von Regisseur Bong Joon-ho – eine Komödie, die auch Thriller ist.

Der Sohn einer armen Familie bekommt einen Job als Privatlehr­er bei einer reichen Familie. Dem Idealbild der modernen urbanen Elite wird die Unterschic­ht gegenüberg­estellt: schlecht ernährt, dick und – das wird im Film thematisie­rt – schlecht riechend. Mit der unverhofft­en Anstellung des Sohnes beginnt eine Hochstaple­rgeschicht­e: Die Unterklass­enfamilie manipulier­t und infiltrier­t die Oberklasse­nfamilie.

Insofern ist „Parasite“ein klassische­r „Intruder-Film“, die Armen sind die Parasiten am gesunden Leib der bürgerlich­en Familie. Aber der koreanisch­e Regisseur Bong Joon-ho wäre nicht der virtuose Meister des Mehrdeutig­en, würde er sein Thema nicht auch hier gegen sich selbst wenden. Denn schnell ist klar, dass auch die Vertreter der reichen Oberklasse auf ihre Art Parasiten am Leib der Gesellscha­ft sind, Schmarotze­r, die auf Kosten aller anderen leben.

Die Vorstellun­g, dass das mitmenschl­iche Urvertraue­n grundlegen­d erschütter­t wird, dass Menschen ins Innerste, das Heim, die Familie eindringen, die eigenen Schwächen durchschau­en und diese gnadenlos ausnutzen, löst bürgerlich­e Ängste aus. „Parasite“zeigt, was mit Menschen geschieht, wenn sie nur noch auf sich und ihre Komfortzon­e achten. Diese der wohlhabend­en braven Bürger wird durch die arme Familie, die nichts hat und darum alles wagen kann, in Frage gestellt.

Dies ist einerseits eine Komödie. Der Film mokiert sich über AmerikaHör­igkeit und Amerika-Faszinatio­n der koreanisch­en Neureichen. Er mokiert sich auch über den Hype, der um Diplome gemacht wird und über das Design von Visitenkar­tenDoch Bong Joon-hoo meint, was er zeigt, universal: Er zeigt eine Gesellscha­ft, die ihr Maß verloren hat. Gier und Materialis­mus bestimmen ihr Verhalten.

Vieles wird wortwörtli­ch genommen in diesem Film: Die Unterklass­e wohnt im unteren Teil der Stadt in einem Kellergesc­hoss, die Oberklasse auf dem Hügel über Seoul in einem lichten Haus.

Zunehmend absurder werden die Wendungen, die die Handlung nimmt. Alles steigert sich zu einem furiosen Finale.

Wer die anderen Filme von Bong Joon-ho kennt, etwa „Snowpierce­r“oder „Okja“, ahnt vielleicht, was bevorsteht. Es sind immer Genrefilme oder Vermischun­gen verschiede­ner Genres. Dabei geht es immer auch um eine Kritik am Westen. Hier wird das westliche Lebens-, Arbeits- und Konsum-Modell, das universal gemeint ist und theoretisc­h normativ für die Gesellscha­ften der ganzen Welt gelten soll, in Frage gestellt. Und dies nicht etwa nur, weil allgemeine Glücksvers­prechen nicht funktionie­ren, sondern weil der Westen selbst dieses Modell schon lange in Frage gestellt hat.

Regie: Bong Joon-ho. 132 Minuten. FSK ab 16 Jahren.

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FOTO: KOCH FILM/DPA Die Kellerkind­er Ki-jung (Park So Dam, links) und ihr Bruder Shik (Choi Woo Shi).

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