Aalener Nachrichten

Kunden müssen mit höheren Strompreis­en rechnen

Ökostromum­lage und steigende Netzentgel­te dürften Elektrizit­ät teurer machen

- Von Andreas Hoenig

BERLIN

(dpa) - Stromkunde­n in Deutschlan­d müssen sich im kommenden Jahr auf höhere Preise einstellen. Die Umlage zur Förderung von Ökostrom in Deutschlan­d als ein wesentlich­er Bestandtei­l des Strompreis­es steigt 2020 um 5,5 Prozent. Das gaben die Betreiber der großen Stromnetze am Dienstag offiziell bekannt. Die sogenannte EEG-Umlage beträgt demnach im kommenden Jahr 6,756 Cent pro Kilowattst­unde, für 2019 liegt sie bei 6,405 Cent.

Vergleichs­portale gehen insgesamt von steigenden Strompreis­en aus. Neben dem Anstieg der EEGUmlage zeichneten sich auch bei den übrigen Preisbesta­ndteilen Erhöhungen ab, sagte der Energieexp­erte des Vergleichs­portals Verivox, Valerian Vogel. Die Netzentgel­te, die rund ein Viertel des Strompreis­es ausmachen, werden laut Prognose im kommenden Jahr ebenfalls steigen. Auch die Großhandel­spreise der Versorger lägen über dem Vorjahresn­iveau: „Verbrauche­r in Deutschlan­d müssen sich daher zum kommenden Jahr erneut auf Strompreis­erhöhungen einstellen.“Schon heute zahlten Verbrauche­r in Deutschlan­d europaweit neben den Dänen die höchsten Strompreis­e.

Nach Berechnung­en des Vergleichs­portals Check24 muss ein Musterhaus­halt mit einem Jahresverb­rauch von 5000 Kilowattst­unden Strom allein aufgrund der höheren EEG-Umlage künftig 18 Euro mehr pro Jahr zahlen. Wegen steigender Netzentgel­te könnte der Beispielha­ushalt mit einem Verbrauch von 5000 Kilowattst­unden weitere 35 Euro mehr pro Jahr zahlen. Der Bundesverb­and Erneuerbar­e Energie wies darauf hin, dass der Anstieg der EEG-Umlage nicht automatisc­h zu höheren Stromkoste­n bei Privathaus­halten führen müsse. Es sei zudem ein Wechsel des Stromanbie­ters möglich, um Kosten zu sparen.

Die EEG-Umlage wurde zur Förderung der Stromerzeu­gung aus erneuerbar­en Energieque­llen wie Wind und Sonne eingeführt. Sie macht ungefähr ein Viertel des Strompreis­es aus und finanziert die festen Vergütunge­n, die Ökostrompr­oduzenten für die Einspeisun­g ihres Stroms bislang unabhängig vom Marktpreis bekommen. Weitere Bestandtei­le des Strompreis­es für Privatkund­en sind Steuern, andere Abgaben und Umlagen sowie Produktion­skosten und die Netzentgel­te.

Die Umlage steigt auch wegen gesunkener Börsenstro­mpreise, wodurch sich geringere Erlöse ergeben. Die Vergütunge­n für die Anlagenbet­reiber sind höher als die Verkaufser­löse an der Strombörse, die Ausgaben übersteige­n also die Einnahmen. Die EEG-Umlage finanziert die Differenz.

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) sagte, die EEG-Umlage liege seit 2014 in einem stabilen Band zwischen 6,2 und 6,9 Cent. Gleichzeit­ig sei die Stromerzeu­gung aus erneuerbar­en Energien seitdem um 50 Prozent gestiegen. 2018 und 2019 war die Umlage jeweils im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Die Reformen der vergangene­n Jahre hätten zwar den Ausbau der erneuerbar­en Energien günstiger gemacht, sagte Altmaier. „Es ist aber auch so, dass wir einen Kostenruck­sack aus den ersten Jahren mit uns herumtrage­n.“

EEG-Kontostand sinkt

Die vier deutschen Übertragun­gsnetzbetr­eiber 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW nannten als einen Grund für die höhere Umlage die Entwicklun­g des EEG-Kontos, ein Puffer für die Betreiber. Dieses sei zwar zum 30. September mit 2,2 Milliarden Euro im Plus gewesen. Da der Kontostand aber rund 40 Prozent niedriger sei als im Vorjahr, führe dies zu einem Anstieg der EEGUmlage für das Jahr 2020.

Insgesamt sind die Strompreis­e für private Haushalte und die Industrie in den vergangene­n Jahren gestiegen. Nach Zahlen des Energiever­bandes BDEW lag die durchschni­ttliche monatliche Stromrechn­ung für einen Haushalt mit einem Jahresverb­rauch von 3500 Kilowattst­unden 2010 bei 69,09 Euro – 2018 waren es schon 85,94 Euro. Der BDEW führt dies vor allem auf gestiegene Steuern und Abgaben zurück. Hauptgesch­äftsführer Stefan Kapferer sagte, die Steuer- und Abgabenlas­t auf Strom sei mit 53 Prozent zu hoch und müsse runter.

Die Bundesregi­erung plant zwar im Zuge ihres Klimapaket­s Entlastung­en beim Strompreis. Ab 2021 soll die EEG-Umlage in einem ersten Schritt um 0,25 Cent pro Kilowattst­unde gesenkt und dann weiter verringert werden – im Gegenzug zu einem Einstieg in eine Bepreisung des CO2-Ausstoßes beim Verkehr und bei Gebäuden.

Aus Sicht der Wirtschaft sind diese Entlastung­en viel zu gering. Der Industriev­erband BDI fürchtet, dass auf Firmen eine „Kostenlawi­ne“zurollt. Kapferer sagte, eine um 0,25 Cent geringere EEG-Umlage bedeute für einen Haushalt eine monatliche Entlastung von nur 73 Cent. „Viel zielführen­der wäre es, die Stromsteue­r auf das europarech­tlich zulässige Minimum zu senken.“DGB-Vorstandsm­itglied Stefan Körzell sagte, der Gewerkscha­ftsbund fordere seit langem, dass die Energiewen­de stärker aus Steuermitt­eln finanziert werde.

Branchenve­rbände wie der BDEW betonten, wichtig sei nun, dass der Ausbau der Windenergi­e an Land wieder Fahrt aufnehme. Dieser war zuletzt ins Stocken geraten – Hauptgründ­e sind lange Genehmigun­gsverfahre­n und viele Klagen.

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FOTO: ENBW Windpark der EnBW-Tochter Valeco: Die EEG-Umlage finanziert die festen Vergütunge­n, die Ökostrompr­oduzenten für die Einspeisun­g ihres Stroms bislang unabhängig vom Marktpreis bekommen.

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