Aalener Nachrichten

Attentäter von Halle wollte zur Bundeswehr

Internet-„Manifest“des Verdächtig­en führt zu Ermittlung­en in Nordrhein-Westfalen

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BERLIN (dpa) - Nach dem Terroransc­hlag in Halle kommen mehr Details über den Attentäter ans Licht. Der Mann hat sich 2018 als Zeitsoldat bei der Bundeswehr beworben, auch soll er sich 2015 im Internet eine Schusswaff­e besorgt haben. Das wurde nach einer Sitzung des Bundestags-Innenaussc­husses am Mittwoch bekannt. Im Zusammenha­ng mit dem antisemiti­schen Internet„Manifest“wird derweil gegen zwei Männer aus Mönchengla­dbach ermittelt, die das Dokument im Internet verbreitet haben sollen.

Am Mittwoch vor einer Woche hatte der Deutsche schwer bewaffnet versucht, in die Synagoge in Halle an der Saale einzudring­en, wo rund 50 Gläubige den jüdischen Feiertag Jom Kippur begingen. Als der Plan misslang, erschoss der Täter auf der Straße eine 40 Jahre alte Frau und kurz darauf einen 20-jährigen Mann in einem Döner-Imbiss. Es gab mehrere Verletzte. Der 27-Jährige ist in Untersuchu­ngshaft. Er hat die Tat gestanden und dabei antisemiti­sche und rechtsextr­eme Motive eingeräumt.

Der Attentäter habe sich im September 2018 als Zeitsoldat bei der Bundeswehr beworben, verlautete aus der nicht-öffentlich­en Ausschusss­itzung, an der Generalbun­desanwalt Peter Frank und ein Vertreter des Bundeskrim­inalamtes teilnahmen. Den Angaben zufolge zog der Mann seine Bewerbung aber später wieder zurück. Er hatte ab Ende 2010 einige Monate Wehrdienst geleistet. Ein Chemiestud­ium brach er ab.

Der Verdächtig­e soll sich 2015 im Internet eine Schusswaff­e besorgt haben, berichtete­n Teilnehmer der Sitzung. Ob er die Waffe im offenen Internet oder im sogenannte­n Darknet fand, einem versteckte­n Teil des Internets, sei noch nicht geklärt. Offen sei auch, ob es sich damals um eine Schrecksch­usspistole oder um eine scharfe Waffe handelte. Für das von ihm geplante Massaker in der Synagoge baute er mehrere Waffen selbst und stellte auch Munition her.

In Mönchengla­dbach wurde am Mittwoch die Wohnung von zwei Männern durchsucht, die das „Manifest“des Attentäter­s von Halle im Internet verbreitet haben sollen. Das sagte der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Mönchengla­dbach, Jan Steils. Es bestehe der Verdacht, dass sie „vom Attentäter herrührend­e“Dokumente „zeitnah zum Attentat von Halle“verbreitet hätten. Gegen die 26 und 28 Jahre alten Männer werde wegen Volksverhe­tzung ermittelt.

Die „Süddeutsch­e Zeitung“hatte zuvor online – nach gemeinsame­n Recherchen mit WDR und NDR – von einer verdächtig­ten Person aus Mönchengla­dbach berichtet. Diese stehe im Verdacht, mit dem Attentäter in Verbindung gestanden zu haben und über die geplante Tat informiert gewesen zu sein. Dazu äußerte sich die Mönchengla­dbacher Staatsanwa­ltschaft unter Hinweis auf laufende Ermittlung­en nicht.

Parallel geht auch die politische Debatte über den Anschlag weiter. Vizekanzle­r Olaf Scholz sagte den Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe auf die Frage, ob die geistigen Brandstift­er auch bei der AfD zu suchen seien: „Die AfD kann ihre Verantwort­ung in dieser Frage nicht verleugnen.“Er sei entschiede­n dagegen, von Einzeltäte­rn zu reden.

AfD als „Stichwortg­eber“

Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow warnte aber davor, vor allem eine Einzeltäte­r- und AfD-Debatte zu führen. „Das ist wie ein Reflex. Seit den NSU-Morden und dem Mord an Kassels Regierungs­präsidente­n Walter Lübcke ist doch klar, wir haben es mit braunem Terror in Deutschlan­d zu tun“, sagte Ramelow in Erfurt. Die AfD für den Mordanschl­ag verantwort­lich zu machen, sei zu einfach. „Die AfD macht nur sichtbar, was schon da ist. Und sicher ist sie auch ein Stichwortg­eber der rechtsextr­emistische­n Szene.“

Die Katholisch­e Kirche solidarisi­erte sich mit den Juden in Deutschlan­d. „Wir lassen uns nicht mehr trennen von unseren jüdischen Brüdern und Schwestern“, sagte der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Kardinal Reinhard Marx, am Mittwoch in Berlin.

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FOTO: DPA Der Attentäter hatte sich für den Terroransc­hlag in der Synagoge in Halle eine Schusswaff­e im Internet bestellt.

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