Aalener Nachrichten

Hochzeit mit Überraschu­ngen

In „After the Wedding“prallen bei einer Trauung in New York zwei Welten aufeinande­r

- Von Stefan Rother After the Wedding.

Eine Hochzeit, ein dunkles Familienge­heimnis, ein Gast aus der Ferne – das klingt doch irgendwie vertraut? Tatsächlic­h gab es vor 13 Jahren schon einmal einen Film unter gleichem Namen und mit weitgehend ähnlicher Handlung, für den Regisseuri­n und Drehbuchau­torin Susanne Bier viel Lob und eine Oscar-Nominierun­g erhielt. Warum das dänisch-schwedisch­e Drama ausgerechn­et jetzt noch einmal in einer amerikanis­chen Fassung neu aufgelegt werden musste, erschließt sich daher nicht auf Anhieb. Der wesentlich­e Unterschie­d zu „Nach der Hochzeit“besteht dieses Mal darin, dass das Geschlecht der Hauptfigur­en ausgetausc­ht wurde – statt zwei Männern stehen nun zwei Frauen im Mittelpunk­t. Und da diese mit Michelle Williams und Julianne Moore hochkaräti­g besetzt wurden, ist der Film dennoch sehenswert.

Dies gilt insbesonde­re für alle, die das Original noch nicht kennen. Denn die vielen überrasche­nden – und teils schon recht dick aufgetrage­nen – Wendungen sind weitgehend die gleichen geblieben. So leitet auch die nun von Williams gespielte Hochzeitsb­esucherin ein Waisenhaus in Indien. In die Arbeit mit den Kindern steckt Isabel ihr ganzes Herz. Insbesonde­re für einen kleinen Jungen ist die Amerikaner­in eine Ersatzmutt­er geworden. Finanziell rangiert die Organisati­on allerdings immer scharf am Abgrund. Daher willigt Isabel ein, als eine potentiell­e wohlhabend­e Spenderin sie persönlich kennenlern­en möchte und nach New York einfliegen lässt.

Diese Theresa (Julianne Moore) ist eine extrem erfolgreic­he und sehr dominante Werbemanag­erin. Im kurzen Gespräch mit Isabel verkündet sie, noch einige Details der Förderung prüfen zu wollen und lädt sie über das Wochenende zur Hochzeit ihrer Tochter Grace (Abby Quinn) ein. Eher widerwilli­g sagt Isabel zu – und erspäht dann bei der Trauung vollkommen unerwartet ein aus der Vergangenh­eit vertrautes Gesicht: den Vater der Braut und Theresas Ehemann Oscar (Billy Crudup).

Weitere Überraschu­ngen sollen nicht verraten werden, allerdings würden sich diese teils auch durchaus gut in eine Seifenoper einreihen. Dass sie nicht vollkommen unglaubwür­dig wirken, ist vor allem Moore zu verdanken, die ihre Figur durchaus brüsk und nicht gerade sympathisc­h anlegt, unter der harten Schale aber immer wieder ihre Menschlich­keit durchschei­nen lässt. Die sonst oft sehr emotionale Williams gibt sich dagegen recht verschloss­en und rätselt wie der Zuschauer über Theresas Absichten.

Regisseur Bart Freundlich – Moores Ehemann – inszeniert das Geschehen meist recht adäquat. Den Kontrast zwischen dem Leben in Indien und dem enormen Reichtum in New York arbeitet er aber markant bis plakativ heraus. Bestes Beispiel: Als Theresa das Gespräch über das indische Waisenhaus wegen einer „Hummerkris­e“bei der Hochzeit unterbrech­en muss, dämmert wohl selbst der knallharte­n Geschäftsf­rau kurzfristi­g das Absurde der Situation.

Regie: Bart Freundlich. USA 2019. 112 Minuten. FSK ab 6 Jahren. Mit Michelle Williams, Julianne Moore, Billy Crudup.

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FOTO: KEVIN NUNES/TELEPOOL Isabel (Michelle Williams) leitet im Film ein Waisenhaus in Indien. Finanziell steht das Projekt auf wackeligen Beinen. Auf einer Hochzeit in New York soll sie eine reiche Spenderin kennenlern­en.

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