Rieser schickt Pornobilder an Kinder
Als Gegenleistung Nacktfotos gefordert – Vor dem Amtsgericht gibt er sich einsichtig
NÖRDLINGEN - Der junge Mann ist kleinlaut und einsichtig vor dem Nördlinger Amtsgericht: Es tue ihm unendlich Leid, was er vor ziemlich genau einem Jahr getan habe, es werde „1000-prozentig“nie mehr vorkommen. Dass das jedoch kaum etwas nützt, erklärt der Vorsitzende Richter Andreas Krug in der Verhandlung mit epochalen Worten: „Das Internet vergisst nichts. Das Bild, das man wegschickt, kommt nicht zurück.“
Vor ziemlich genau einem Jahr hatte ein Bekannter dem damals 20Jährigen gesagt, er sei in einer Gruppe, die sich gegenseitig Bilder pornographischer Inhalte zusende. Das hatte den jungen Mann auf die Idee gebracht, Pornobilder von sich selbst an die ersten zwei Mädchen auf seiner Telefonliste zu senden. Sie waren beide unter 14 Jahre alt. Beide forderte er auf, nun auch von sich selbst Nacktbilder zu schicken, „von vorne und von der Seite“. Ein Mädchen weigerte sich. Der Angeklagte bedrängte sie noch vier Mal per Telefon. Das andere Mädchen schickte ein Foto von sich mit unbekleidetem Oberkörper.
Tat war keinesfalls ein Bagatelldelikt
Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen in Verbindung mit der Verbreitung pornographischer Schriften. Staatsanwalt Marius Lindig stufte die Tat „am unteren Rahmen des Strafrechts ein“, jedoch keinesfalls als Bagatelldelikt. Da es sich um eine jugendtypische Tat handelte, hielt er trotz Volljährigkeit des Angeklagten das Jugendstrafrecht für angemessen. Er forderte eine relativ milde Strafe in Form einer Verwarnung mit der Auflage von gemeinnütziger Arbeit und der Zahlung von 500 Euro. Dem schloss sich Verteidiger Alexander Knief an und regte dazu noch Beratungsgespräche seines Mandanten in einer entsprechenden Einrichtung an.
Richter Krug folgte den Vorschlägen, sprach als Urteil eine Verwarnung aus sowie die Auflage der Zahlung von 500 Euro an die Kinder- und Jugendfürsorge des Landkreises und 56 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Bei der Kinder- und Jugendhilfe der Diözese Augsburg muss er Gespräche zu zwischenmenschlichen Beziehungen und der Gefahr elektronischer Geräte führen. Zusätzlich erlegte Krug dem Angeklagten auf, eine Collage zum Thema Amanda Todd anzufertigen – die 15-jährige Kanadierin hatte sich aus Scham über Nacktfotos von ihr, die im Netz kursierten, umgebracht. „Solche Taten entstehen aus der Dummheit aller Beteiligten“, sagte der Richter in der Urteilsbegründung, „aber Kinder müssen dabei geschützt werden, weil sie nicht in der Lage sind, die Auswirkungen abzusehen.“Dem Angeklagten machte er klar, er könne froh sein, dass in seinem Beruf als Handwerker niemand ein erweitertes Führungszeugnis anfordern dürfe.
In einem regulären Führungszeugnis sind normalerweise keine Strafeinträge aus dem Bundeszentralregister enthalten, um die Resozialisierung des Angeklagten nicht zu gefährden. Hätte dieser aber beruflich oder ehrenamtlich mit Betreuung, Beaufsichtigung, Erziehung oder Ausbildung von Kindern zu tun, könnte man ein erweitertes Führungszeugnis anfordern, in dem bestimmte Sexualdelikte oder andere Straftaten, die den Schutz von Kindern betreffen, aufgeführt sind.